Trendtagung: KI und Verständnis werden die Fachmedien prägen

Über 70 Personen aus der Schweizer Fachverlagsbranche kamen am Dienstag zur diesjährigen Trendtagung Fach- & Spezialmedien im Folium Sihlcity in Zürich zusammen.

Der abtretende VSM-Präsident Stefan Wabel (Mitte) im Gespräch mit Matthias Zehnder (links) und Johannes Hapig von m&k. (Bilder: zVg.)

Der per Ende Jahr abtretende VSM-Geschäftsführer Stefan Wabel begrüsste die Anwesenden mit einem Überblick über die aktuellen politischen Diskussionen, welche die Zukunft der gesamten Medienbranche entscheidend beeinflussen werden. Nebst dem dringenden Ausbau der indirekten Presseförderung lag der Fokus dabei auf der Künstlichen Intelligenz. Die Anwendungen halten das Urheberrecht nicht ein und gefährden den demokratierelevanten Journalismus, so Wabel. Es brauche einen besseren und funktionierenden Schutz journalistischer Inhalte im Internet.

Publizist und Verleger Matthias Zehnder knüpfte am Thema KI an und zeigte an sehr bildhaften und intuitiven Beispielen auf, warum es beim Einsatz Künstlicher Intelligenz auch immer den Menschen braucht. So funktioniere KI nach Wahrscheinlichkeit, für die Darstellung der Wahrheit braucht es hingegen den Menschen. Künstliche und menschliche Intelligenz ergänzen sich aber gut: Der Mensch kennt die Bedeutung von Dingen, während die KI Dinge eloquent beschreiben kann. Es bedingt viel Kompetenz, um KI in der Medienwelt verantwortungsbewusst einsetzen zu können. Auch Zehnder gewichtet die Risiken stark: KI kann den Tod der Medien bedeuten. Der Schlüssel dazu, dass dieses Szenario nicht Realität wird, ist Vertrauen. Die Beziehung zu den Nutzer:innen und die Identifikation mit den Medienmarken werden dabei der entscheidende Erfolgsfaktor für die Medien sein.

Markus Will von Rosenqvist Media berät Unternehmen dahingehend, wie sie mit dem Einsatz von KI die Kundenerlebnisse optimieren können. KI-Anwendungen können sehr individuell kundengerecht implementiert werden und geben gerade einem Fachverlag die Möglichkeit, die Lesenden spezialisiert anzusprechen. Will sieht einen klaren strategischen Nutzen. Er zeigte anhand sehr konkreter Beispiele auf, wie etwa in der Gesundheitsbranche mit KI gearbeitet wird.

Entlang des Relaunches und der Expansion von m&k zeigte Co-Chefredaktor Johannes Hapig auf, wie man strategisch vorgegangen ist. Den Ursprung des Prozesses bildete scharfe Kritik aus der Leserschaft am Magazin. Daraufhin wurden ein Art Director engagiert, neue Themen gesetzt («mehr Personalities!») und eine komplett neue Ästhetik aufgebaut. Dabei werden Infotainment- und Fachthemen gemischt und – gemäss Hapig zentral – das Team hat Freude dabei! Das wichtigste Takeaway seiner sehr praxisnahen Präsentation ist aber frei nach Steve Jobs und Henry Ford: Der Kunde weiss nicht, was er will, bevor man es ihm zeigt.

Schliesslich befasste sich auch ein Panel mit der Strategiefrage von Fachverlagen. Edith Hollenstein, Wirtschaftsredaktorin beim Tages-Anzeiger, moderierte das Gespräch mit Reto Vogt, dem Studienleiter Digital am Maz, und Matthias Zehnder, die beide «kein Blatt vor den Mund nehmen». Vogt hat in den letzten drei Jahren das Online-Magazin InsideIT weiterentwickelt und dabei die Userzahlen vervierfacht. Das Verständnis für den Nutzen von Fachmagazinen für Werbekunden habe aber so stark abgenommen, dass dies kaum monetarisiert werden konnte. Gerade Technologiekonzerne setzen auf direkte Leads statt auf ein sauberes Branding. Zehnder sieht das Problem beim mangelnden Verantwortungsbewusstsein digitaler Player: Gerade diese Unternehmen müssten auch einen Beitrag für das mediale Ökosystem leisten und stärker eine soziale «Enabler»-Optik einnehmen.

Zum Abschluss beantwortete Maz-Dozent Sandro Bucher die Frage, warum Fach- und Spezialmedien Social Media einsetzen sollen. Soziale Medien sind zur wichtigsten Newsquelle junger Menschen geworden, mehrheitlich über das Smartphone konsumiert. Facebook werde dabei stets weniger relevant, der Fokus sollte auf Whatsapp, LinkedIn, Instagram und Tiktok gelegt werden. Wie die Plattformen genutzt werden, erläuterte Bucher mit zehn Geboten über die Identifikation einer Nischenzielgruppe bis hin zur Interaktion und laufenden Analyse.

Der abschliessende Apéro bot den Teilnehmenden die Gelegenheit, die Diskussionen des Tages in entspannter Atmosphäre fortzusetzen und neue Kontakte zu knüpfen. Die Trendtagung hat gezeigt: Eine Kombination aus technologischer Innovation – namentlich KI-Anwendungen – und einem tiefen Verständnis für die Bedürfnisse der Zielgruppen werde die Fachverlagsbranche nachhaltig prägen. Wer offen für Veränderung ist und sich gleichzeitig auf die Kernwerte der Branche besinnt, sollte optimistisch in die herausfordernde Zukunft blicken können.

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