Dominique von Matt zur gfm Trend-Tagung: «Undenkbares ist zur Normalität geworden»
Rund 220 Gäste fanden im Aura in Zürich zur 33. gfm Trend-Tagung zusammen. Das Branchentreffen bot Inspiration und Wissen zu Themen wie KI und Mindshift. m&k werbewoche liess sich in kurzen Videotalks von Referenten innovative Ideen, Konzepte und Tools näher bringen.
Zum Auftakt der Referate erklärte Prof. Dr. Thomas Rudolf das Modell «High Five» zur Geschäftsmodell-Transformation, das auf fünf zentralen Elementen beruht: Leistungsangebot, Leistungserstellung, Kostenmodell, Ertragsmodell und Leistungsversprechen. Diese Elemente müssen koordiniert werden, um eine erfolgreiche Transformation zu erreichen. Rudolf diskutiert auch die Bedeutung von Disruption und wie Unternehmen sich davor schützen können, indem sie auf disruptive Prozesse in verschiedenen Branchen achten.
Tobias Zehnder von Webrepublic erklärt, dass AI-Marketing viele Chancen bietet, aber auch eine Rückbesinnung auf bewährte Strategien erfordert. Es bedeutet eine Veränderung in der Zusammenarbeit und eröffnet ein grosses Abenteuer. Mit AI werden Prozesse schneller, jedoch bleibt die menschliche Expertise und das Kuratieren von Inhalten entscheidend. Obwohl AI-Tools Agenturen ersetzen könnten, bleibt die Notwendigkeit von menschlicher Bedienung und Strategie bestehen. Agenturen müssen ihren Mehrwert durch Innovation und Beratung beweisen, um rentabel zu bleiben.
Prof. Dr. Marc Gruber stellt den «Market Opportunity Navigator» vor, ein Tool, das Unternehmen dabei unterstützt, neue Marktchancen systematisch zu identifizieren, zu evaluieren und sich auf die besten zu fokussieren. Angesichts des technologischen Fortschritts ist es entscheidend für Unternehmen, über den Tellerrand zu schauen und neue Produkte sowie Marktkategorien zu erschliessen. Das Tool bietet eine strukturierte Anleitung in drei Schritten und ermöglicht es, Ideen systematisch zu erarbeiten, die früher vielleicht nur spontan entstanden wären. Anhand eines Beispiels mit Logitech zeigt Gruber, wie das Tool in einem Workshop angewendet wurde.
Emmanuel Wandji Tchatat, Head of Operations Zeam, spricht im Videotalk über seine Erfahrung als TikTok-Admin für den Amateurfussballverein Delay Sports Berlin in Deutschland. Obwohl es sich um einen Amateurverein handelt, hat der Verein auf TikTok und Instagram mehr Follower als die meisten deutschen Profiteams. Dies zeigt, dass Unterhaltung und die Präsenz bekannter Influencer wichtiger sind als die sportliche Leistung für die junge Generation.
Dominique von Matt, GfM Präsident und Verwaltungsratspräsident der Agentur Jung von Matt/Limmat reflektiert am Ende der gfm Trend-Tagung darüber, dass die Gesellschaft sich in einem Zustand befindet, in dem das Undenkbare zur Normalität wird und die Menschen verstärkt nach Vertrauensankern suchen. Diese Vertrauensanker finden sie zunehmend in vertrauten Marken, weshalb das Konzept des Love-Brand zugunsten des Trust-Brand überholt wird. Er betont die Bedeutung von Vertrauen für die Zukunft der Markenführung. Von Matt kündigt auch an, dass die nächste Ehrung am 25. März 2025 stattfinden wird.
Den Nachmittag der 33. gfm Trend-Tagung eröffnete Tyler Brûlé, Chefredakteur der Premium-Lifestyle-Zeitschrift Monocle. Sein Vortrag trug den Titel «Wie man sich in einer standardisierten Welt hervorhebt». Dabei bezog er sich nicht nur auf das Medienumfeld, sondern auch auf die Werbung, die laut ihm heutzutage sehr austauschbar geworden ist: «Jeder Werbespot sieht gleich aus». Brûlé machte dafür die selbst auferlegten Richtlinien der Werbebranche verantwortlich, die darauf abzielen, den gesellschaftlichen Entwicklungen korrekt zu entsprechen. Er betonte auch die Bedeutung ältere Zielgruppen nicht zu übersehen, da sie nach wie vor zahlreich und kaufkräftig seien, trotz des Hypes um jüngere Generationen.
Später am Nachmittag traten Nathalie Wappler, Direktorin des SRF, und Michael Hermann, Geschäftsführer von Sotomo, auf. Wappler widersprach entschieden der Meinung, dass TV und Radio tot seien, und präsentierte aktuelle Zahlen, die das Gegenteil belegen. Allerdings räumte sie ein, dass das SRF mit seinen Programmen 27 Prozent der Deutschschweizer Bevölkerung nicht erreiche und man daher an neuen Angeboten arbeiten müsse.