Urin stinkt schon lange nicht mehr
Ambientwerbung Eine Firma bietet nicht nur WC-Werbeflächen, sondern gleich ganze Pissoirs an, die ihre Kontakte selbst zählen – und ohne Wasserspülung funktionieren.
Ambientwerbung Eine Firma bietet nicht nur WC-Werbeflächen, sondern gleich ganze Pissoirs an, die ihre Kontakte selbst zählen – und ohne Wasserspülung funktionieren. Was für ein Glück, dass der FC Basel am 8. März beim Meisterschafts-Heimspiel gegen den FC Servette doch kein Geisterspiel austragen, sondern nur einen kleinen Teil seiner Fans aussperren muss. Die Erleichterung ist nicht nur beim Kassenwart des FCB gross. Sie ist auch bei Bluewin mit Freude aufgenommen worden. Denn jeder ausgesperrte Fan ist für den Internetprovider ein Kontakt weniger, und Bluewin hat eben entschieden, just ab März sechs Monate lang, möglichst viele Männer auf 66 der 200 St.-Jakob-Park-Pissoirs anzusprechen: Mittels Display auf dem oberen Pissoirrand. Das Gerangel um die Werbung am stillen Örtchen macht erfinderisch: Während der durchschnittlich 40 Sekunden dauernden Pinkelphase hat Bluewin Gelegenheit, eine Werbebotschaft an den sich erleichternden Mann zu bringen. Damit die Werbung auch wirklich ins Auge springt, leuchtet das Display dank Sensor auf, sobald man(n) sich dem Pissoir nähert. «Die Aufmerksamkeit für Ihre Werbebotschaft ist enorm! Zappen und wegschauen unmöglich!!! Der Werbung auf dem Urimat-Info kann niemand ausweichen», wirbt die Pissoir-Herstellerfirma Urimat Schweiz AG mit Sitz im zürcherischen Tann auf ihrer Homepage.
130 McDonald’s-Filialen
Werbung am stillen Örtchen ist nicht neu, andere Firmen machen dies schon länger (WW 1/03). Doch Urimat bietet nicht bloss leuchtende Werbeflächen an, deren Kontakte dank des Sensors auch gezählt werden können. Nein, die Firma verkauft ganze Pissoirs, die ohne Wasserspülung oder Chemie funktionieren. Das ist nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch interessant: McDonald’s Schweiz zum Beispiel hat ihre 130 Filialen mit Urimat-Pissoirs ausgerüstet und spart jetzt um die 30 Millionen Liter Trinkwasser pro Jahr. Das allein ist schon viel Geld. Dass sich aber mit jedem vermieteten Display auch Einnahmen generieren lassen, ist für die Fastfood-Kette ein willkommenes Trinkgeld – und für die 1998 von Diplomingenieur Hans Keller gegründete Firma Urimat ein zusätzliches Verkaufsargument.
Offenbar ein erfolgreiches: In der Schweiz sind bereits 1700 Anlagen mit Werbedisplays in Flughäfen, Autobahnraststätten, Hotels, Fitnesscentern oder Stadien installiert.
Urimat zielt auf die EM 2008
Neben dem St.-Jakob-Park ist auch die neue Basler Eishalle sowie das Stade de Genève, das am 16. März eröffnet wird, mit solchen Pissoirs bestückt. Damit nicht genug. Mit den Bauherrschaften diverser weiterer neuer Stadien in der Schweiz und Österreich laufen Verhandlungen. Dahinter steckt eine Strategie: «Auf die Fussball-EM 2008 hin will Urimat einen Pissoir-Werbeflächen-Pool in allen schweizerischen und österreichischen EM-Stadien anbieten», sagt Marcel Näpflin, bei Urimat Schweiz zuständig für Marketing und Sales.
Im Vergleich zu anderen Anbietern von WC-Werbung ist eine Belegung der bestehenden Urimat-Werbeflächen auf den ersten Blick nicht billig: Die 250 Displays bei McDonald’s kosten beispielsweise je 200 Franken pro Monat. Mit 1,125 Millionen 40-sekündigen männlichen Kontakten kommt der Kunde dann aber auf einen Tausender-Kontaktpreis von 44.40 Franken. Der Nachteil an der Einrichtung ist der, dass sich nur pinkelnde Männer ansprechen lassen – aber nicht mehr lange. Denn bereits ist Uridam in Entwicklung – ein Modell für Frauen, das ebenfalls ohne Wasserspülung funktioniert.
Urimat ist auch im Ausland aktiv. Abgesehen von Österreich auch in Deutschland, Mexico und Dubai. Zudem laufen derzeit Verhandlungen mit McDonald’s Europa für die Gesamtumrüstung aller Filialen europaweit. Allein in Deutschland und Österreich werden 2500 weitere Pissoirs eingerichtet.
Die Expansion ins nicht-deutschsprachige Ausland bereitet der Firma, die in diesem Jahr mit einem Umsatz von 4 Millionen Franken rechnet und erstmals schwarze Zahlen schreiben will, auch Kopfschmerzen. Zum einen möchte Urimat ihre Anlagen nur in Ländern installieren, in denen sie auch einen einwandfreien Service gewährleisten kann. Damit auf die derzeit acht Mitarbeiter dennoch kein logistischer Kraftakt zukommt, will man trotz des Erfolgs nur langsam expandieren. Der ganze Werbeverkauf muss ja auch noch auf die Beine gestellt werden. «Wir suchen für Deutschland und Österreich – und später für andere Länder – geeignete Akquisiteure», bestätigt Näpflin.
Im Basler St.-Jakob-Park wirbt Bluewin nun sechs Monate lang auf der Klo-Oberfläche.
140 Euro im MonatBei Urimat steht der Werbeverkauf noch am Anfang. «Zuerst verkauften wir Pissoirs mit Werbeflächen, die jeder Besitzer selbst vermieten konnte. Neu verkaufen wir Werbeflächen in Form umweltfreundlicher Pissoirs. Und die wollen wir nun zu einem Netzwerk bündeln. Wenn wir zentral Werbung akquirieren, ist das einfacher, als wenn dies jeder einzelne Besitzer eines Urimat-Pissoirs tut», erklärt Marketingleiter Marcel Näpflin. Seit August wird eine Werbeabteilung aufgebaut. Zudem spannt man im Werbeverkauf exklusiv mit Mediabox zusammen. Wer Urimat die Flächen verpachtet, erhält je nach Standort zwischen 35 und 140 Euro pro Monat. So konnten schon nationale Kampagnen von Swisscom Mobile, Walt Disney, Buena Vista und auch von Bluewin für die Pissoir-Displays gewonnen werden. (mk)
Markus Knöpfli
130 McDonald’s-Filialen
Werbung am stillen Örtchen ist nicht neu, andere Firmen machen dies schon länger (WW 1/03). Doch Urimat bietet nicht bloss leuchtende Werbeflächen an, deren Kontakte dank des Sensors auch gezählt werden können. Nein, die Firma verkauft ganze Pissoirs, die ohne Wasserspülung oder Chemie funktionieren. Das ist nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch interessant: McDonald’s Schweiz zum Beispiel hat ihre 130 Filialen mit Urimat-Pissoirs ausgerüstet und spart jetzt um die 30 Millionen Liter Trinkwasser pro Jahr. Das allein ist schon viel Geld. Dass sich aber mit jedem vermieteten Display auch Einnahmen generieren lassen, ist für die Fastfood-Kette ein willkommenes Trinkgeld – und für die 1998 von Diplomingenieur Hans Keller gegründete Firma Urimat ein zusätzliches Verkaufsargument.
Offenbar ein erfolgreiches: In der Schweiz sind bereits 1700 Anlagen mit Werbedisplays in Flughäfen, Autobahnraststätten, Hotels, Fitnesscentern oder Stadien installiert.
Urimat zielt auf die EM 2008
Neben dem St.-Jakob-Park ist auch die neue Basler Eishalle sowie das Stade de Genève, das am 16. März eröffnet wird, mit solchen Pissoirs bestückt. Damit nicht genug. Mit den Bauherrschaften diverser weiterer neuer Stadien in der Schweiz und Österreich laufen Verhandlungen. Dahinter steckt eine Strategie: «Auf die Fussball-EM 2008 hin will Urimat einen Pissoir-Werbeflächen-Pool in allen schweizerischen und österreichischen EM-Stadien anbieten», sagt Marcel Näpflin, bei Urimat Schweiz zuständig für Marketing und Sales.
Im Vergleich zu anderen Anbietern von WC-Werbung ist eine Belegung der bestehenden Urimat-Werbeflächen auf den ersten Blick nicht billig: Die 250 Displays bei McDonald’s kosten beispielsweise je 200 Franken pro Monat. Mit 1,125 Millionen 40-sekündigen männlichen Kontakten kommt der Kunde dann aber auf einen Tausender-Kontaktpreis von 44.40 Franken. Der Nachteil an der Einrichtung ist der, dass sich nur pinkelnde Männer ansprechen lassen – aber nicht mehr lange. Denn bereits ist Uridam in Entwicklung – ein Modell für Frauen, das ebenfalls ohne Wasserspülung funktioniert.
Urimat ist auch im Ausland aktiv. Abgesehen von Österreich auch in Deutschland, Mexico und Dubai. Zudem laufen derzeit Verhandlungen mit McDonald’s Europa für die Gesamtumrüstung aller Filialen europaweit. Allein in Deutschland und Österreich werden 2500 weitere Pissoirs eingerichtet.
Die Expansion ins nicht-deutschsprachige Ausland bereitet der Firma, die in diesem Jahr mit einem Umsatz von 4 Millionen Franken rechnet und erstmals schwarze Zahlen schreiben will, auch Kopfschmerzen. Zum einen möchte Urimat ihre Anlagen nur in Ländern installieren, in denen sie auch einen einwandfreien Service gewährleisten kann. Damit auf die derzeit acht Mitarbeiter dennoch kein logistischer Kraftakt zukommt, will man trotz des Erfolgs nur langsam expandieren. Der ganze Werbeverkauf muss ja auch noch auf die Beine gestellt werden. «Wir suchen für Deutschland und Österreich – und später für andere Länder – geeignete Akquisiteure», bestätigt Näpflin.
Im Basler St.-Jakob-Park wirbt Bluewin nun sechs Monate lang auf der Klo-Oberfläche.
140 Euro im MonatBei Urimat steht der Werbeverkauf noch am Anfang. «Zuerst verkauften wir Pissoirs mit Werbeflächen, die jeder Besitzer selbst vermieten konnte. Neu verkaufen wir Werbeflächen in Form umweltfreundlicher Pissoirs. Und die wollen wir nun zu einem Netzwerk bündeln. Wenn wir zentral Werbung akquirieren, ist das einfacher, als wenn dies jeder einzelne Besitzer eines Urimat-Pissoirs tut», erklärt Marketingleiter Marcel Näpflin. Seit August wird eine Werbeabteilung aufgebaut. Zudem spannt man im Werbeverkauf exklusiv mit Mediabox zusammen. Wer Urimat die Flächen verpachtet, erhält je nach Standort zwischen 35 und 140 Euro pro Monat. So konnten schon nationale Kampagnen von Swisscom Mobile, Walt Disney, Buena Vista und auch von Bluewin für die Pissoir-Displays gewonnen werden. (mk)
Markus Knöpfli