Private Pöstler mit Post liiert
Vertriebsorganisation Die Zustellfirmen für unadressierte Werbung haben sich neu formiert. Vieles bleibt unklar.
Vertriebsorganisation Die Zustellfirmen für unadressierte Werbung haben sich neu formiert. Vieles bleibt unklar.Seit Mitte der 90er-Jahre tritt ein gutes Dutzend private Verteilfirmen für unadressierte Werbung als Swiss Mail – die private Post auf. In Konkurrenz zur Post, aber auch zu deren Töchtern Direct Mail Company (DMC) und Epsilon bedienen sie schweizweit etwa 85 Prozent aller Haushalte. Doch Swiss Mail (SM) ist im Umbruch – und mit ihr der ganze Markt für Direktwerbung. Die Homepage www.swiss-mail.ch verdeutlicht dies: Sie ist seit zwei Jahren inaktiv.Es wäre nun falsch, daraus zu schliessen, dass die SM-Partner ebenfalls inaktiv sind. Sie sind nur daran, in neuer Gestalt zu auferstehen – nämlich unter dem Label Swiss Direct Mail (SDM). SDM ist mehr als eine Namensänderung,
es ist ein Gütesiegel für Verteilorganisationen. «Zustellqualität nach Norm», so der Untertitel.
Neu ist, dass unter diesem Label nicht nur die SM-Partner, sondern auch deren Konkurrenten DMC und Epsilon segeln. Diese lose, aber vertraglich geregelte Kooperation unter den insgesamt 16 Verteilfirmen besteht bereits seit 2002. Eine SDM-Geschäftsstelle existert nicht, lediglich ein Kooperationsausschuss, der über das Label und gemeinsame Interessen wacht. Als Folge davon verschwand Swiss Mail von der Bildfläche, jede einzelne Verteilfirma tritt für sich allein auf und bietet auch die schweizweite Distribution unter eigenem Namen an. Auch die SDM-Homepage, die im Januar aufgeschaltet wird, wird keine Tarife, sondern primär Links zu den einzelnen Firmen enthalten.
Der Hintergrund für diese Kooperation: Als sich die Post Mitte der 90er-Jahre bei DMC beteiligte und so in die Distribution unadressierter Werbung einstieg, gab es Gebiete, in denen die Briefkästen sowohl von der Post als auch von deren Töchtern DMC (Post-Anteil: 50 Prozent) oder Epsilon (66 Prozent) sowie von den SM-Partnern angegangen wurden.
Doch weil der Direktmarketing-Markt (2,3 Milliarden Franken pro Jahr) für drei Player zu eng ist, nahm man allseits Kooperationsgespräche auf. In Übereinstimmung mit der Wettbewerbskommission (Weko) einigte man sich auf die Kooperation im Rahmen des SDM, was aber Gebietsabsprachen voraussetzte. In einem gut zweijährigen Prozess wurde deshalb die Deutschschweiz so aufgeteilt, dass die sprachregional operierende Firma DMC den lokalen SM-Partnern nicht mehr ins Gehege kam – und umgekehrt.
Aufträge wurden gesplittetDasselbe geschah in der Romandie zwischen SM und Epsilon. Die Folgen: weniger Haushalte pro Firma sowie geteilte Aufträge. Die Distriba zum Beispiel, eine Tochter der Basler Zeitung Medien (BZM), verteilte früher die ganze Auflage des BZM-Gratisblattes Baslerstab, heute bedient sie nur noch Basel und eine Hand voll umliegende Gemeinden. Der Rest des WG 31 und damit auch des Baslerstab-Auftrags ist ganz in der Hand der DMC.
Trotz Gebietsabsprachen unter den SDM-Partnern weist man den Begriff Gebietskartell weit von sich. «Im lokalen und sogar im nationalen Bereich blieben wir Konkurrenten», sagt etwa Markus F. Hof, CEO von DMC. Jede Firma offeriere nach
eigenen Tarifen, und diese seien
zumindest bei den der Distribution vorgelagerten Dienstleistungen (An-lieferung, Depot) weiterhin sehr unterschiedlich. Und René Bill, Direktor der AWZ Bern und Präsident des SDM-Kooperationsausschusses, betont, dass auch die Weko keine Einwände gegen diese Zusammenarbeit gemacht habe.
Gebietsabsprachen, aber kein Kartell: Die Zustellfirmen für unadressierte Werbung haben sich auf eine punktuelle Kooperation geeinigt.
SDM löst Swiss Mail ab und integriert auch DMC und Epsilon.
Knackpunkt AZOKaum sind die schmerzlichen Gebietsbereinigungen vorüber und die Konkurrenzwogen unter den SDM-Partnern etwas geglättet, kommt
eine neue Belastungsprobe auf die 16 Firmen zu: Vom Projekt Alternative Zustellorganisation (AZO) wurden sie zur Offertstellung eingeladen.
AZO, ein Projekt von Valora und diversen Grossverlagen (siehe WW 26/04), soll der Post einen Teil der Zeitschriften (die Rede ist von einem ersten Auftragsvolumen von 150 Millionen Franken) aus der Hand
nehmen und spätestens ab 2008 günstiger vertreiben. Am 21. Dezember wird entschieden, ob AZO definitiv gestartet wird.
Die AZO-Anfrage stellt die SDM-Partner vor eine grosse Zerreissprobe. Erstens hält sich AZO die Option offen, später einmal auch in die Distribution unadressierter Werbung vorzustossen. Damit ist das Projekt ein potenzieller SDM-Konkurrent. Zweitens richtet sich AZO gegen die Post – was DMC und Epsilon vor
Probleme stellt. Kommt dazu, dass die SDM-Reihen keineswegs geschlossen sind: Ein SDM-Partner, die Valora-Tochter Distriforce, scherte bereits aus und reichte bei AZO eine eigene Offerte ein.
Kein Wunder: Der AZO-Gesamtprojektleiter heisst Wolfgang Schickli – und der ist auch Geschäftsleiter von Distriforce. Es erstaunt deshalb nicht, dass die SDM-Partner der Sache mit gemischten Gefühlen gegenüberstehen. Zu einer Stellungnahme gegenüber AZO konnten sie sich jedenfalls noch nicht durchringen, geschweige denn zu einer Offerte. (mk)
Markus Knöpfli
es ist ein Gütesiegel für Verteilorganisationen. «Zustellqualität nach Norm», so der Untertitel.
Neu ist, dass unter diesem Label nicht nur die SM-Partner, sondern auch deren Konkurrenten DMC und Epsilon segeln. Diese lose, aber vertraglich geregelte Kooperation unter den insgesamt 16 Verteilfirmen besteht bereits seit 2002. Eine SDM-Geschäftsstelle existert nicht, lediglich ein Kooperationsausschuss, der über das Label und gemeinsame Interessen wacht. Als Folge davon verschwand Swiss Mail von der Bildfläche, jede einzelne Verteilfirma tritt für sich allein auf und bietet auch die schweizweite Distribution unter eigenem Namen an. Auch die SDM-Homepage, die im Januar aufgeschaltet wird, wird keine Tarife, sondern primär Links zu den einzelnen Firmen enthalten.
Der Hintergrund für diese Kooperation: Als sich die Post Mitte der 90er-Jahre bei DMC beteiligte und so in die Distribution unadressierter Werbung einstieg, gab es Gebiete, in denen die Briefkästen sowohl von der Post als auch von deren Töchtern DMC (Post-Anteil: 50 Prozent) oder Epsilon (66 Prozent) sowie von den SM-Partnern angegangen wurden.
Doch weil der Direktmarketing-Markt (2,3 Milliarden Franken pro Jahr) für drei Player zu eng ist, nahm man allseits Kooperationsgespräche auf. In Übereinstimmung mit der Wettbewerbskommission (Weko) einigte man sich auf die Kooperation im Rahmen des SDM, was aber Gebietsabsprachen voraussetzte. In einem gut zweijährigen Prozess wurde deshalb die Deutschschweiz so aufgeteilt, dass die sprachregional operierende Firma DMC den lokalen SM-Partnern nicht mehr ins Gehege kam – und umgekehrt.
Aufträge wurden gesplittetDasselbe geschah in der Romandie zwischen SM und Epsilon. Die Folgen: weniger Haushalte pro Firma sowie geteilte Aufträge. Die Distriba zum Beispiel, eine Tochter der Basler Zeitung Medien (BZM), verteilte früher die ganze Auflage des BZM-Gratisblattes Baslerstab, heute bedient sie nur noch Basel und eine Hand voll umliegende Gemeinden. Der Rest des WG 31 und damit auch des Baslerstab-Auftrags ist ganz in der Hand der DMC.
Trotz Gebietsabsprachen unter den SDM-Partnern weist man den Begriff Gebietskartell weit von sich. «Im lokalen und sogar im nationalen Bereich blieben wir Konkurrenten», sagt etwa Markus F. Hof, CEO von DMC. Jede Firma offeriere nach
eigenen Tarifen, und diese seien
zumindest bei den der Distribution vorgelagerten Dienstleistungen (An-lieferung, Depot) weiterhin sehr unterschiedlich. Und René Bill, Direktor der AWZ Bern und Präsident des SDM-Kooperationsausschusses, betont, dass auch die Weko keine Einwände gegen diese Zusammenarbeit gemacht habe.
Gebietsabsprachen, aber kein Kartell: Die Zustellfirmen für unadressierte Werbung haben sich auf eine punktuelle Kooperation geeinigt.
SDM löst Swiss Mail ab und integriert auch DMC und Epsilon.
Knackpunkt AZOKaum sind die schmerzlichen Gebietsbereinigungen vorüber und die Konkurrenzwogen unter den SDM-Partnern etwas geglättet, kommt
eine neue Belastungsprobe auf die 16 Firmen zu: Vom Projekt Alternative Zustellorganisation (AZO) wurden sie zur Offertstellung eingeladen.
AZO, ein Projekt von Valora und diversen Grossverlagen (siehe WW 26/04), soll der Post einen Teil der Zeitschriften (die Rede ist von einem ersten Auftragsvolumen von 150 Millionen Franken) aus der Hand
nehmen und spätestens ab 2008 günstiger vertreiben. Am 21. Dezember wird entschieden, ob AZO definitiv gestartet wird.
Die AZO-Anfrage stellt die SDM-Partner vor eine grosse Zerreissprobe. Erstens hält sich AZO die Option offen, später einmal auch in die Distribution unadressierter Werbung vorzustossen. Damit ist das Projekt ein potenzieller SDM-Konkurrent. Zweitens richtet sich AZO gegen die Post – was DMC und Epsilon vor
Probleme stellt. Kommt dazu, dass die SDM-Reihen keineswegs geschlossen sind: Ein SDM-Partner, die Valora-Tochter Distriforce, scherte bereits aus und reichte bei AZO eine eigene Offerte ein.
Kein Wunder: Der AZO-Gesamtprojektleiter heisst Wolfgang Schickli – und der ist auch Geschäftsleiter von Distriforce. Es erstaunt deshalb nicht, dass die SDM-Partner der Sache mit gemischten Gefühlen gegenüberstehen. Zu einer Stellungnahme gegenüber AZO konnten sie sich jedenfalls noch nicht durchringen, geschweige denn zu einer Offerte. (mk)
Markus Knöpfli