Jahrbuch Qualität der Medien: KI in der Newsproduktion wird kritisch betrachtet
Die Schweizer Bevölkerung steht dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) in der Nachrichtenproduktion kritisch gegenüber. Das zeigt eine repräsentative Befragung des Forschungszentrums Öffentlichkeit und Gesellschaft (Fög) der Universität Zürich. Co-Autor Linards Udris hat mit Werbewoche.ch über die Studie gesprochen.
Wie das Fög am Montag bei der Präsentation des neusten Jahrbuchs zur Qualität der Schweizer Medien bekanntgab, würde nur 29 Prozent der Schweizer Bevölkerung Beiträge lesen, die vollständig von KI generiert wurden. Das zeigen die Antworten von 1254 Personen aus der Deutsch- und Westschweiz, die im Juli dieses Jahres an der Fög-Befragung teilnahmen.
Bei Texten, die von Medienschaffenden ohne Einsatz von KI geschrieben werden, liegt die Bereitschaft hingegen bei 84 Prozent. «Für das Publikum ist die Rolle von Journalisten in der Berichterstattung nach wie vor zentral», bilanzierte Fög-Forschungsleiter Daniel Vogler bei der Präsentation der Studie in Zürich.
Akzeptanz hängt vom Thema ab
Die Befragung zeigt auch, dass die Akzeptanz von KI in den Medien vom Thema abhängt: Bei News zu Wetter, Sport und Börsenkursen oder zu bekannten Personen können sich die Befragten eher vorstellen, KI-generierte Beiträge zu lesen. Bei Nachrichten zu Politik, Wirtschaft, Wissenschaft oder Kultur hingegen ist die Akzeptanz deutlich tiefer.
Ein weiterer Befund: Nur rund zehn Prozent der Befragten wären bereit, für Medienbeiträge zu bezahlen, die vollständig mit KI geschrieben wurden. Auch will eine deutliche Mehrheit der Befragten, dass Medienunternehmer von KI-Anbietern entschädigt werden, wenn Textroboter wie etwa ChatGPT auf journalistische Inhalte zurückgreifen.
Das Fög empfiehlt den Schweizer Medien zu deklarieren, wenn sie KI einsetzen. «Nur so kann sich der Journalismus von der wachsenden Anzahl unseriöser Angebote abgrenzen», sagt Direktor Mark Eisenegger laut Mitteilung. Die Befragung zeigte, dass über 80 Prozent der Befragten mit KI generierte Medieninhalte entsprechend deklariert haben wollen.
Co-Studienautor Linards Udris vom Fög erläutert im Gespräch mit Werbewoche.ch Einzelheiten zur Studie.
Immer mehr «News-Deprivierte»
Im alljährlich erscheinenden Jahrbuch schreibt das Fög auch, die Zahl der sogenannten News-Deprivierten sei in der Schweiz weiter gewachsen. Sie erreiche nun 43 Prozent der Bevölkerung. Gemeint sind Personen, die kaum noch News lesen, hören oder schauen. Nach der Art von News gefragt, die Schweizer:innen interessieren, nennen viele den «positiven» oder «konstruktiven» Journalismus, der positive Nachrichten aufgreift beziehungsweise nicht nur Probleme darstellt, sondern mögliche Lösungen diskutiert. Ein Ausbau des konstruktiven Journalismus könnte daher einer zunehmenden News-Deprivation entgegenwirken.
Andererseits stellt das Fög auch fest, die Qualität der Berichterstattung der Schweizer Medien habe einen neuen Höchststand seit 2015 erreicht. Dazu beigetragen hätten die Corona-Pandemie und der Ukrainekrieg, so das Zentrum. Die Spitzenplätze bei der Medienqualität belegen gemäss Fög das öffentliche Radio und Fernsehen vor dem Privatfernsehen, den Online-Abonnementszeitungen und den SRG-Online-Plattformen.
Speziell untersucht haben die Medienforscher im aktuellen Jahrbuch die Qualität von News-Beiträgen auf Sozialen Medien wie TikTok und Instagram. Fazit: Die Schweizer Medien veröffentlichen auf diesen Plattformen mehr einordnende Beiträge als auf ihren News-Plattformen. Auch das sei positiv, sagte Linards Udris vom Fög vor den Medien.
Damit die Zahl der News-Deprivierten nicht zunehme, sei ein Journalismus zu betreiben, der auch positive Nachrichten aufnehme. Es seien nicht nur Probleme zu beschreiben, sondern auch mögliche Lösungen aufzuzeigen, empfiehlt das Forschungszentrum.
Seit der ersten Ausgabe 2010 des «Jahrbuch Qualität der Medien» liefert das Forschungszentrum Öffentlichkeit und Gesellschaft (Fög) der Universität Zürich jährlich aktuelle Kennzahlen zur Medienqualität, Mediennutzung, Medienkonzentration sowie zur Entwicklung des Schweizer Mediensystems. Untersucht werden dabei alle Mediengattungen. Ebenso ordnen die Wissenschaftler:innen Trends und aktuelle Geschehnisse ein. Die Hauptbefunde der aktuellen Ausgabe können hier eingesehen werden. (SDA/pd/swi)