Zwei neue Zeitungen in Mostindien

Im Thurgau kämpfen ein einheimischer und ein St. Galler Verleger um Leser und Abonnenten

Im Thurgau kämpfen ein einheimischer und ein St. Galler Verleger um Leser und AbonnentenVon Markus KnöpfliAm 3. Januar erschien erstmals die Neue Thurgauer Zeitung, die sechs bisherige Thurgauer Titel ersetzt. Gleichentags reagierte das St. Galler Tagblatt, wie angekündigt, mit der Lancierung seines zweiten Thurgauersplits – dem Mittelthurgauer Tagblatt.
Eigentlich hätte das Mittelthurgauer Tagblatt (MTT) den Namen Neues Thurgauer Tagblatt tragen sollen. Dieser Name stand auch auf den Unterlagen der Publicitas St. Gallen, die sie potenziellen Kunden verschickt hatte. Wegen einer superprovisorischen Verfügung, vom Handelsgericht St. Gallen vor Weihnachten erlassen, musste das St. Galler Tagblatt (SGT) aber umdisponieren und seine neue Splitausgabe umbenennen.
Das Verbot war von der Thurgauer Medien AG, Herausgeberin der Neuen Thurgauer Zeitung (NTZ), angestrengt worden. Sie hatte den urspünglich vorgesehenen Namen als unfreundlichen Akt aus St. Gallen und als «klar irreführend» empfunden, weil einer der sechs durch die NTZ ersetzten Titel Thurgauer Tagblatt geheissen hatte.
Auftakt zu einem
Verdrängungswettbewerb
Den Vorwurf der Irreführung weist man in St. Gallen von sich. «Wir waren weit davon entfernt, jemanden verwirren zu wollen», erklärt SGT-Verlags- und Marketingleiter Daniel Ehrat. Er stellt aber klar, dass das SGT an den
so genannten Ruckstuhl-Titeln Thurgauer Tagblatt, Thurgauer Volkszeitung, Thurgauer Volksfreund und Bischofszeller Nachrichten, die jetzt in der NTZ aufgegangen sind, interessiert gewesen sei. «Wir waren aber auch mit Urs Lüdi von Huber & Co. in Frauenfeld in Kontakt im Blick auf mögliche Kooperationen in diesen Gebieten», sagt Ehrat. Als der Zusammenschluss «einseitig und ohne Rücksprache» erfolgte, war man überrascht. Das MTT habe man aber nicht aus Ärger lanciert, sondern um «nahe liegende Wachstumsziele» in Bezirken zu realisieren, die an das Verbreitungsgebiet des Bodensee Tagblatts (BT) grenzen. Das BT ist der bereits existierende SGT-Split im Oberthurgau (14000 Exemplare).
Nun sind also beide Zeitungen am 3. Januar erschienen, die NTZ mit 42000 Exemplaren und das MTT in den Bezirken Weinfelden und Kreuzlingen mit einer Streuauflage von 10000 Exemplaren.
Dass es nun zu einem Verdrängungswettbewerb kommt, dessen ist man sich auf beiden Seiten bewusst. So will das MTT in einem Markt, in dem bisher 20000 von 25000 Haushalten eine Zeitung abonniert hatten, in den nächsten zwei Jahren 6000 bis 8000 Abonnenten gewinnen, bis in vier Jahren sollen es gar 10000 sein.
Lüdi gibt sich zuversichtlich: «Die NZZ hinter dem SGT ist zwar eine starke Kraft, aber wir haben eine gute Ausgangslage.» So macht die NTZ den Inseratekunden kein Einführungsangebot und verlangt 1.31 Franken pro Millimeter. Zum Vergleich: Die Thurgauer Zeitung (32000 Exemplare) kostete 1.17 Franken. Dagegen verlangt das MTT 0.76 Franken pro Millimeter, kombiniert mit dem Bodensee Tagblatt 1.16 Franken. Bis März gilt die Aktion 2 für 1.
Der Verlegerstreit in der Ostschweiz führt auch zu Publicitas-interner Konkurrenz: Den lokalen und regionalen Markt bearbeitet die NTZ selbst, im nationalen Markt ist hingegen die P Winterthur zuständig (auch für Kombi 1 und Nordostschweiz-Kombi). Den MTT-Verkauf hingegen besorgt die P St. Gallen,
die in Kreuzlingen und Weinfelden je eine Filiale eröffnet hat. Deren Eröffnung wertet Ehrat als ein «gewisses Signal der P zu Gunsten des SGT».
Welche Konsequenzen hat die neue Konkurrenz im Thurgau für die Privat-TV-Projekte der Region? Immerhin ist die Thurgauer Medien AG im Radiobereich mit der Top-Gruppe von Günter Heuberger liiert, gleichzeitig versuchten SGT und NZZ letztes Jahr, Lüdi in ein gemeinsames Ostschweizer TV- sowie Portal-Projekt einzubinden. «Wir haben seit einiger Zeit keine Kontakte mehr», meint Lüdi kühl. Zu Tele Top sagt er hingegen: «Mit Top sind wir immer im Gespräch.»
Das Signal ist deutlich. In
St. Gallen hingegen scheint man sich noch in Schadensbegrenzung zu versuchen. Ehrat betont, dass die Projekte im Portal- oder TV-Bereich trotz neuer Print-Konkurrenz funktionieren könnten. «Darüber kann man weiterhin vernünftig reden.»

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