Werberesistent, aber kauffreudig

Eine Studie von Pro Active vergleicht das Internetverhalten in der Schweiz mit jenem in europäischen Ländern

Eine Studie von Pro Active vergleicht das Internetverhalten in der Schweiz mit jenem in europäischen LändernVon Clemens Hörler Der erste Pan European Internet Monitor von Pro Active International zeigt: In der Schweiz klicken weniger Internetnutzer auf Werbebanner als im europäischen Durchschnitt. Dafür belegen die Schweizerinnen und Schweizer im Bereich Onlineshopping den europäischen Spitzenplatz.
Das Forschungsunternehmen Pro Active International mit Hauptsitz in Amsterdam hat im März und April dieses Jahres qualitative und quantitative Daten über die Internetnutzer in 15 westeruopäischen Ländern erhoben und dafür 15000 Personen per Telefon und 10000 mit Onlineformularen befragt. Schwerpunkte der Studie: die demografische Struktur der Internetnutzer, ihr Verhalten im Netz und die Einstellung gegenüber Werbung.
Die Ergebnisse zeigen, dass Onlinewerbung in ganz Europa höchst zwiespältig beurteilt wird: In der Schweiz bezeichneten 34,4 Prozent der Befragten Internetwerbung als informativ, 29,8 Prozent als nützlich und 26,9 Prozent als unterhaltend. Auf der anderen Seite fühlen sich 27,9 Prozent der User durch Internetwerbung irritiert oder gestört, 21,5 Prozent glauben, Onlinewerbung sei Zeitverschwendung, und 19,3 Prozent brandmarken sie als aufdringlich.
Klicks sind nicht alles, gekauft muss auch werden
Wenn man nicht nur die Haltung, sondern das tatsächliche Verhalten der User betrachtet, stellt man fest, dass die Schweizer ein eher werberesistentes Onlinepublikum sind. Nur 27,6 Prozent der hiesigen Internetnutzer gaben an, in den zwei Wochen vor der Befragung auf Onlinewerbung geklickt zu haben. In Frankreich waren es 53,3 Prozent, im europäischen Schnitt 34,4 Prozent. Nur 32,9 Prozent der Schweizer Internetnutzer haben auf ihrer Webseite ihr Profil hinterlassen. Im europäischen Schnitt sind es 48,9 Prozent.
Ein Lichtblick für die Werbung Treibenden dürfte hier sein, dass die Internetnutzer in der Schweiz ziemlich kauffreudig sind. Immerhin gaben 8,2 Prozent der Befragten an, in den letzten zwei Wochen als Reaktion auf Internetwerbung etwas bestellt zu haben. 3,5 Prozent kauften das beworbene Produkt in einem realen Laden, was in etwa dem europäischen Mittel entspricht. Wer also einen Schweizer User zum Klicken bringt, kann sich überdurchschnittlich hohe Chancen ausrechnen, dass er auch etwas kauft. Dieser Sachverhalt zeigt, dass Internetwerber nicht nur eine möglichst hohe Durchklickrate anstreben sollten, sondern auch an das Verhalten nach dem Klick denken sollten.
Schweizer sind Europameister im Onlineshopping
Ohnehin sind die Schweizerinnen und Schweizer äusserst eifrige Onlineshopper. Bei den Pro-Kopf-Ausgaben liegen sie sogar europaweit an der Spitze. 473 Euro pro Einwohner über 15 Jahren werden in der Schweiz im laufenden Jahr für Onlineeinkäufe ausgegeben. 164 Euro sind es im europäischen Schnitt. Mehr als 300 Euro geben ausser den Schweizern nur die Schweden (438 Euro) und die Dänen (323 Euro) im Internet aus. Die Spanierinnen und Spanier bringen es laut Prognose von Pro Interactive International gerade mal auf 33 Euro.
In absoluten Zahlen steht die Schweiz bei den E-Commerce-Umsätzen immerhin auf Platz drei, hinter Deutschland und Grossbritannien. Diese beiden europäischen Internetgrossmächte sind zusammen für fast zwei Drittel der 49 Milliarden Euro verantwortlich, die im Jahr 2000 in Skandinavien, Deutschland, Grossbritannien, Italien, Frankreich, Spanien, Belgien, den Niederlanden und der Schweiz via Internet ausgegeben werden. Die Schweiz bringt es immerhin auf etwa 6 Prozent. Dass die Schweiz beim E-Commerce eine derart gute Figur macht, hängt auch mit der hohen Anschlussdichte zusammen: 49,2 Prozent der Bevölkerung über 15 Jahren haben Zugang zum Internet. Dieser Wert ist nur in den vier skandinavischen Ländern höher.
Kulturelle Diversität auch
beim Bezahlen
In der Schweiz und den meisten europäischen Ländern machen B2B-Geschäfte den grössten Teil des E-Commerce aus. In der Schweiz sind es 274 Euro gegenüber 199 Euro aus dem B2C-Handel. Als Zahlungsmittel dient nur in 34 Prozent aller Business-Käufe und in 40 Prozent der privaten Bestellungen die Kreditkarte. Im europäischen Schnitt sind es 44 beziehungsweise 50 Prozent. Kreditkartenfreundlichstes Land ist Grossbritannien, wo 90 Prozent aller Onlinekäufe mit der Karte bezahlt werden.
Nicht nur beim Gebrauch von Kreditkarten bestehen beträchtliche kulturelle Unterschiede zwischen den europäischen Ländern. Auch die Akzeptanz des Euro als Zahlungsmittel und das Bedürfnis, im Internet in der eigenen Muttersprache angesprochen zu werden, ist von Land zu Land verschieden. Vor allem in Spanien und Frankreich legen die User Wert auf Websites in ihrer Muttersprache. «Wir haben viele kulturelle Unterschiede festgestellt, die für den kommerziellen Erfolg in Europa von fundamentaler Bedeutung sind», stellt Liesbeth Hop, CEO von Pro Active International, fest. «Hier haben die Europäer sicher eine gute Ausgangsposition, wenn es um den Wettkampf mit amerikanischen Firmen geht.»

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