Werber zeigen dem Plakat die kalte Schulter

Das Eidgenössische Departement des Innern (EDI) zeichnet die besten Schweizer Plakate des Jahres 1999 aus und will den Wettbewerb neu überdenken

Das Eidgenössische Departement des Innern (EDI) zeichnet die besten Schweizer Plakate des Jahres 1999 aus und will den Wettbewerb neu überdenkenDas Eidgenössische Departement des Innern (EDI) zeichnet die besten Schweizer Plakate des Jahres 1999 aus und will den Wettbewerb neu überdenken Von Luca Aloisi
Auch im Internetzeitalter hat das Plakat mit rund zehn Prozent Anteil am Markt der Werbeträger nichts an Attraktivität eingebüsst. Doch im Gegensatz dazu sinkt das Interesse am Gestalterwettbewerb des EDI merklich. Bereits denken das Bundesamt für Kultur (BAK) und Sponsor APG über eine Neugestaltung der Wettbewerbsbedingungen nach.
Während die vierköpfige Jury bei den kulturellen Plakaten, und dort insbesondere im Weltformat B4, immer wieder neue Lösungsansätze feststellt und das Interesse an der Wettbewerbsbeteiligung steigt, sinkt es bei den Gestaltern von kommerziellen Plakaten.
1999 ging der Anteil der Kommerziellen von etwa der Hälfte auf rund einen Fünftel zurück. «Das Desinteresse am Wettbewerb wird immer grösser», bedauert Othmar Casutt, Direktor der Allgemeinen Plakatgesellschaft (APG) und Jurymitglied beim 59. Wettbewerb Schweizer Plakate des Jahres 1999. Den Grund dafür sieht Casutt bei den Beurteilungskriterien, die die Arbeiten ausschliesslich daran messen, wie sie gestaltet worden sind und welche grafischen Qualitäten sie ausweisen. Mitberücksichtigt werden auch Neuartigkeit und Originalität einer Idee sowie die Fähigkeit, eine Botschaft zu vermitteln. Andere Kriterien bleiben indessen ausgeschlossen, wie etwa der Aufmerksamkeitsgrad, den ein Plakat erreicht hat.
Zudem sind die Leitplanken für Plakatgestalter aus dem Kommerzsektor viel schmäler geworden, da sie immer häufiger Umsetzungen, die meist für elektronische Medien kreiert wurden, auf das Werbemittel Plakat herunterbrechen müssen. In solchen Fällen stellen sich die Erfordernisse anders dar, als wenn das Plakat als Hauptmedium einer Kampagne zum Zug kommt. Deshalb geniesse die EDI-Auszeichnung auch keinen so hohen Stellenwert wie eine ADC-Auszeichnung oder ein Effie-Preis, wo diesen Bedingungen eher Rechnung getragen werde, meint Casutt.
Mehr Prämierungen trotz Teinehmerschwund
Die zweite bittere Pille, die die Jury unter dem Vorsitz von Präsident Pierre Keller, Direktor der Kantonalen Kunstschule, Lausanne, schlucken musste, war der Rückgang der Arbeiten. Im Februar wurden in den Hallen der BEAexpo 711 Plakate (1999: 758) beurteilt, was aber immer noch eine bessere Ausbeute als die 646 Einreichungen aus dem Jahr 1998 darstellt. Spürbar war die Schrumpfung ausgerechnet beim Weltformat, das es nur in der Schweiz gibt. In dieser von den Plakatgestaltern sehr beliebten Kategorie wurden mit 309 fast 50 Arbeiten weniger eingereicht als 1998.
Die stagnierende Resonanz entspricht aber weder der wirtschaftlichen noch der kulturellen Bedeutung des Schweizer Plakats. Dieser Widerspruch schlug sich denn in der Anzahl prämierter Plakate nieder. Mit 27 Arbeiten wurden 1999 trotz Teilnehmerschwund drei Plakate mehr ausgezeichnet als im Vorjahr.
Dem stagnierenden Interesse wollen die Wettbewerbsverantwortlichen – der Organisator und Geldgeber APG sowie der Patronathalter Bundesamt für Kultur – mit einem Massnahmenbündel entgegenwirken. «Im Grundsatz wird man den Wettbewerb, so wie er jetzt formal und inhaltlich ist, überdenken, weil er den Anforderungen der Zeit nicht mehr entspricht», erklärt Casutt. Die 1941 geborene jährliche Veranstaltung mit anschliessender Schweiz-Tournee (Infotelefon: 031 991 37 37) soll neue Impulse erhalten.
Am ehesten knüpfen heute Plakate aus dem Kultursektor an die Visualisierungskunst der grossen Plakatkünstler wie Herbert Leupin, Celestino Piatti oder Donald Brun an. Zu den zeitgenössischen Grafikern, die mit ihren verblüffenden Umsetzungen fast jährlich in die Gruppe der besten Plakate gewählt werden, gehörten auch 1999 Niklaus Troxler sowie Ralph Schraivogel.
Hoffnungsträger hoher Plakatkultur finden sich in den Hochschulen für Gestaltung, wo die Studenten meist für Eigenausstellungen und für ausserschulische Auftraggeber Plakate entwickeln. Mit zwei Auszeichnungen brillierte heuer die Hochschule für Gestaltung und Kunst Luzern.
Neu durfte festgestellt werden, dass im Kulturbereich die Gestaltung ganzer Plakatserien zu einem einzigen Thema Einzug gehalten hat. So gewann Gerhard Blättlers vierteiliger Aushang für die Wiedereröffnung des Kunstmuseum Bern das Interesse der Museumsgänge und die Gunst der Jury. Auch der Aushang für das Luzerner Theater, der aus der Luzerner Agentur Velvet stammt, beruht auf dem Seriegedanken.

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