Markus Ruf

Jurypräsident Aussenwerbung (Serien)

Jurypräsident Aussenwerbung (Serien)Wie beurteilen Sie das Niveau in Ihrer Kategorie? : Im Grossen und Ganzen wars okay. Aber die ADC-Einsendegebühren sind offensichtlich so einladend, dass auch miserable Plakate eingereicht werden. Erfreulich aber ist, dass einige schon jahrelang laufende Kampagnen dank neuen Sujets immer noch taufrisch wirken: beispielsweise die Mobiliar-Schadenskizzen.
Sind Newcomer auszumachen, oder gewannen wieder einmal die ADC-Habitués?
Ruf: Den Löwenanteil dürften schon die bekannten Topagen-turen und -macher gewonnen haben. Es gibt aber auch dieses Jahr schöne Überraschungen. Zum Beispiel das «Freitag»-Buch.
Welchen Arbeiten geben Sie fürs Festival in Cannes Chancen?
Ruf: Allen, die keine Lokalkenntnisse voraussetzen und eine klare Botschaft verblüffend einfach rüberbringen. Da dürfte es beispielsweise die Nico-Jahrbuch-Kampagne mit den Pissflecken leichter haben als die ZVV-Kampagne mit den Züri-Trams im See.
Worauf legten Sie bei der Bewertung besonderes Augenmerk?
Ruf: Darauf, dass die Plakate eine überraschende Idee hatten. Und dass diese Idee so umgesetzt war, dass man sie auch ohne Erklärungsdia verstand.
Was fiel Ihnen beim Bewerten der Arbeiten auf?
Ruf: Dass vermehrt versucht wird, das Plakatumfeld in die Konzeption einzubeziehen. Das kann witzig sein, wie etwa die Graubünden-Warm-up-Skihocke auf den Toiletten. In anderen Fällen wirkte es eher bemüht.
Ist die Werbung mutiger geworden?
Ruf: Nein. Der Mut verhält sich leider oft umgekehrt proportional zur Budgethöhe. Und seit dem 11. September verwechseln einige Auftraggeber Langeweile offensichtlich mit Ernsthaftigkeit.
Welche Bedeutung messen Sie dem Lobbying bei solchen Wettbewerben bei?
Ruf: Praktisch keine. Am sichersten bringt man eine Arbeit ins Buch, wenn Idee und Umsetzung bestechend sind.
Würden Sie ausschliesslich und auf Grund der beim ADC eingereichten Werbung nun eines der preisgekrönten beworbenen Produkte kaufen?
Ruf: Hätte ich Ferien, würde ich tatsächlich eher bei Kuoni als bei Vögele reinschauen. Umgekehrt boykottiere ich Firmen, die doofe Werbung machen. Das ist die wirksamste Art, dagegen zu protestieren.
Hat dieser Wettbewerb bei Ihnen den Berufsstolz als Werber in ein neues Hoch steigen lassen?
Ruf: Nein.
Ist unter den Arbeiten eine dabei gewesen, die für Sie als Art Director Kunststatus erreicht hat?
Ruf: Nein. Aber das ist ja auch kein Zeichen für Qualität. Ich finde beispielsweise einen Werbespot wie den mit dem Hahn, der sich wegen des Weckprogramms von Radio DRS das Leben nehmen will, interessanter als eine Videoinstallation von Pipilotti Rist.

Markus Ruf

Jurypräsident Radio und Verkaufsförderung

Jurypräsident Radio und VerkaufsförderungWas ist an den Radiospots für das Walliseller Unternehmen Sportplausch Wider so wegweisend?: Das ist für mich schwierig zu sagen, da ich wegen Beteiligung an diesem Auftrag draussen bleiben musste. Ich denke aber, die Spots sind deshalb mit Gold ausgezeichnet worden, weil hier ein Kunde nicht innert 20 Sekunden einen Witz, eine Adresse, eine Telefonnummer, einen Jingle und die zwölf wichtigsten Produktvorteile unterbringen will. Sondern einen Antihelden etabliert hat, der skurril, überfordert und auch mal unkorrekt sein darf – und pro Spot immer nur für etwas Werbung macht. Persönlich hätte ich allerdings eher den Partner-Winner-Radiospots Gold gegeben.
Und warum wurde in der Kategorie Verkaufsförderung die Kampagne «VBZ-Kurzgeschichten» mit Gold beehrt?
Ruf: Weil sie die kurzen Wartezeiten der VBZ auf überraschende und herrlich respektlose Art dramatisiert. Indem sie all die Klassiker der Weltliteratur, mit denen Deutschlehrer ihre Schüler quälen, in 60 Sekunden zusammenfasst.
Wie beurteilen Sie das Niveau in Ihren Kategorien? Erkennen Sie neue Trends ?
Ruf: Das Niveau war – einmal ganz vornehm ausgedrückt – nicht so toll. Einige Spots waren zwar gut gedacht, aber nicht so gut gemacht. Neue Trends habe ich bei den Radiospots keine gehört. Leider dominiert noch immer noch das Prinzip «Vorne eine Pointe zünden, hinten irgendwie aufs Produkt hinbiegen».
Wie ist es um die inhaltliche Qualität dieses Werbejahrgangs generell bestellt?
Ruf: Viel Kuchen, wenige Rosinen. Und davon wurden auffallend viele in der gleichen Küche gebacken.
Welche Arbeiten könnten denn an der Werbeweltmeisterschaft in Cannes Chancen haben?
Ruf: Im Print: jene, die auf überraschenden Bildideen basieren, zum Beispiel die Hakle-Einzelanzeige «Waage». Oder die Nico-Jahrbuch-Kampagne. Im Film: der Hakle-Spot «Scheibenwischer», denn er erklärt den Nutzen von trockenem und feuchtem Toilettenpapier wirklich verblüffend. Zudem kennt jeder Juror das Produkt.
Worauf legten Sie bei der Bewertung der eingereichten Radiospots und der Verkaufsförderung besonderes Augenmerk?
Ruf: Darauf, dass die Arbeit eine gute Idee hat. Eine gute Idee ist eine, die man selber gern gehabt hätte. Und die auch noch gut aussieht, beziehungsweise die sich gut anhört.
Der ADC ist 25-jährig: Setzten Sie die Messlatte bei der Bewertung der Arbeiten deshalb noch höher an als sonst?
Ruf: Nein.

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