GWA: Ein politischer Jahresauftakt
Bei seinem ersten Neujahrsempfang überhaupt sparte der GWA zwar an Branchen-Orakteltum, nahm die Mitglieder jedoch umso deutlicher politisch in die Pflicht.
Premiere für den führenden deutschen Agenturverband GWA! Das traditionelle Sommerfest in Berlin wurde Ende Januar erstmals durch einen Neujahrsempfang ergänzt – allerdings nicht in der Bundes-, sondern in einer der «Werbe-Hauptstädte» des Landes: 250 Branchenvertreter:innen, Köpfe aus Medien und Unternehmen hatten sich (trotz Bahnstreik und teils sturmartigen Böen) in Hamburg eingefunden, um einen Ausblick auf die kommenden Monate zu wagen, 2023 Revue passieren zu lassen – und beim Lunch zu netzwerken.
Top-Standort mit Top-Playern
Dass Hamburg ein exzellent gewählter Veranstaltungsort war, zeigen schon die einschlägigen Statistiken: Die Hansestadt ist heute einer der Top-Standorte für die Agentur- und Kreativbranche in Deutschland. Erst in den 1980er-Jahren begann diese Entwicklung mit der Ansiedlung und Gründung mehrerer namhafter Agenturen wie Scholz & Friends, Springer & Jacoby und Jung von Matt. Heute haben acht der «Top 10 der inhabergeführten Agenturen» Deutschlands ihren Hauptsitz in Hamburg. Knapp 1000 in Hamburg ansässige Agenturen beschäftigten 2022 13 440 Menschen und erwirtschafteten 2021 um die 2,3 Milliarden Euro. Neben den Agenturen sind zahlreiche Medienhäuser, Filmproduktionen und Techunternehmen Teil der Kreativbranche, generieren insgesamt etwa 12,2 Milliarden Euro Umsatz.
«Hier müssen wir gegensteuern! Da müssen auch wir Agenturen noch aktiver werden!»
Politik «sieht» Werbebranche
Dass dies auch in den oberen Riegen der Politik angekommen ist, unterstrich der Hamburger Kultur- und Mediensenator Dr. Carsten Brosda in einer frei gehaltenen, rhetorisch starken Rede: Für Zitate wie: «Hier entstehen kreative, fortschrittliche und aufmerksamkeitsstarke Kampagnen. Die Kreativwirtschaft ist der Motor für Innovation und Fortschritt. In ihrer Kreativität liegt das Potenzial, neue Ideen zu entfachen, Grenzen zu durchbrechen und die Zukunft zu gestalten», erntete Brosda Applaus. Noch besser aber kam sein Aufruf an, dass sich Auftraggeber wie Agenturen in ihrer gesamten Breite für den Schutz der demokratischen Gesellschaft stark machen müssen. «Medien und Politik schaffen das nicht alleine», so die Überzeugung des Senators, «und deswegen brauchen wir Sie alle; alle, die heute hier anwesend sind, und die Kolleg:innen, mit denen Sie arbeiten.» Da schlug der Applaus partiell in Jubel und Bravorufe um, wohl auch vor dem Hintergrund der beeindruckenden Proteste gegen Rechtsextremismus, die kurz zuvor in Hamburg stattgefunden hatten.
Larissa Pohl: «Massiv gegensteuern»
Auch GWA-Präsidentin Larissa Pohl traf den richtigen Ton, indem sie sich nur marginal mit Vorhersagen und Branchen-Orakeltum beschäftigte (« […] zu einem gewissen Optimismus gibt es […] Anlass: Immerhin prognostizieren einschlägige Studien für Deutschland einen – wenn auch schwach – wachsenden Werbemarkt.»). Viel stärker bewege sie, «was wir allein in diesem Jahr schon an irritierenden, ja besorgniserregenden Nachrichten und Ereignissen verarbeiten mussten», erklärte Pohl. Populistische Meinungsmache, gezielte Desinformation und ein dramatisch sinkendes Nachrichteninteresse – gepaart mit schwindender Medienkompetenz – würden von entsprechenden Akteur:innen ausgenutzt, um gezielt Menschen zu manipulieren. Die GWA-Präsidentin deutlich: «Hier müssen wir massiv gegensteuern! Da müssen auch wir Agenturen noch aktiver werden.» Der Verband unterstütze deswegen die im ganzen DACH-Raum vor der Lancierung stehende Initiative #UseTheNews, die vor allem der jüngeren Zielgruppe verdeutlichen soll, wie wichtig seriös recherchierte und faktenbasierte Nachrichten zur Meinungsbildung sind.
Finale: Die Nachwuchs-Diskussion
Um bei der jüngeren Zielgruppe zu bleiben: Weil auch die Agenturwelt mit dem «talent sourcing» zu kämpfen hat, rundete eine lebhafte Diskussion über «Agenturen als Karrieresprungbretter» das Programm ab. GWA-Regionalvorstand Jan-Philipp Jahn (McCann Germany), Aissu Pentzien (Butter.) und Isabelle Rogat (Thjnk) besprachen, wie «der Nachwuchs» für die Branche begeistert und innerhalb derselben gefördert werden kann.
«Das machen wir wieder»
Am Schluss herrschte Konsens: So einen Event – vielleicht sogar in Hamburg? – muss es 2025 wieder geben. Scholz & Friends-CEO und «Hausherr» der Veranstaltungs-Location FM Schmidt jedenfalls bot seine Räumlichkeiten «mit Vergnügen» dafür an.
Der deutsche Gesamtverband Kommunikationsagenturen (GWA) wurde 1952 als Gesellschaft Werbeagenturen gegründet und führt seit 2002 den heutigen Namen. Der GWA spricht für die Agenturbranche gegenüber Wirtschaft, Politik und Öffentlichkeit. Die circa 150 Mitglieder gehören zu den führenden Kommunikationsagenturen in Deutschland.