«Die Sehgewohnheiten sind starr, wir haben das unterschätzt»
Marc Görtz, Geschäftsführer Sat 1 Schweiz, will die Latte für TV-Formate höher setzen
Marc Görtz, Geschäftsführer Sat 1 Schweiz, will die Latte für TV-Formate höher setzenDas Aus von «täglich ran» auf dem Programmfenster von Sat 1 hat einmal mehr gezeigt, wie schwierig es ist, mit Schweizer Formaten Publikum zu holen. Marc Görtz, Geschäftsführer, will deshalb künftig viel strengere Anforderungen an neue Eigenproduktionen stellen (siehe auch Seite 21).Marc Görtz, welches sind die Gründe für das Scheitern von «täglich ran»?
Marc Görtz: Die Sendung hatte zu wenig Zuschauer. An unserer Ungeduld hat es nicht gelegen: Seit dem Start der Sendung vor 14 Monaten wurde «täglich ran» immer wieder optimiert. Wir haben qualitative Verbesserungen gemacht, wir haben den Zeitpunkt verschoben, wir haben die Sendung verlängert. Doch die Zuschauerzahlen haben sich viel zu langsam entwickelt. Irgendwann mussten wir einfach sagen: Die Zuschauer wollen auf Sat 1 keine Schweizer Sportnewssendung sehen.
Wie haben sich die Marktanteile seit dem Start der Sendung Anfang März 2000 entwickelt?
Görtz: Wir hatten am Schluss einen Marktanteil von 2,4 Prozent bei den 14- bis 49-Jährigen, kaum mehr als beim Start der Sendung vor 14 Monaten. Im vergangenen Dezember hatten wir aber das Ziel festgelegt, bis Juni mindestens einen Marktanteil von 5 Prozent in der Zielgruppe zu erreichen.
Klingt aber dramatisch, wenn es keine Spur vorwärts gegangen ist.
Görtz: Einen leichten Aufwärtstrend gab es schon, das belegen die absoluten Zuschauerzahlen: Von März bis Juli 2000 hatten wir in der Zielgruppe 3+ 22000 Zuschauer, von August bis Dezember rund 30000, und von Januar bis April 2001 gings nochmals leicht rauf auf 32000. Das sind zwar Steigerungen, aber natürlich auf einem viel zu tiefen Niveau. Innerhalb eines Jahres hätten mindestens 80000 Zuschauer erreicht werden müssen.
Welche Lehren ziehen Sie aus diesem jüngsten Flop der Schweizer Privat-TV-Geschichte?
Görtz: Die Absetzung als Flop des Privat-TV zu bezeichnen ist falsch. Es ist bei jedem Sender, ob privat oder öffentlich-rechtlich, normal, wenn Sendungen, die ihre Ziele nicht erreichen, abgesetzt werden. Das Beispiel «täglich ran» zeigt einfach, wie enorm schwierig es ist, mit Schweizer Sendungen Publikum von SF DRS wegzuholen. Diese Schwierigkeit hat nichts mit Qualität zu tun. «täglich ran» war diesbezüglich eine Topsendung, besser kann man Sportnews nicht machen. Aber die Sehgewohnheiten sind enorm starr. Das haben wir unterschätzt. Diese bittere Erfahrung haben auch alle anderen privaten TV-Anbieter in der Schweiz machen müssen.
Wie sehen die Zahlen der anderen Schweizer Sat-1-Formate aus?
Görtz: Da sind durchaus Lichtblicke. Von den drei anderen Sendungen sind zwei erfolgreich: «1x tägl.» macht uns viel Freude und entwickelt sich prächtig. Der Marktanteil liegt bereits bei 7 Prozent – angefangen hatten wir damals mit 2 Prozent. «1x tägl.» wird bald regelmässig 100000 Zuschauer erreichen. Allerdings braucht auch das noch etwas Zeit. Aber weil bei dieser Sendung ein klarer Aufwärtstrend zu erkennen ist, erhält sie diese Zeit auch zugestanden. Sehr zufrieden sind wir mit «live ran» am Sonntag. Wir können dort super Zahlen verzeichnen und wachsen stetig, von Spiel zu Spiel. Es zeigt sich: Schweizer Live-Sport funktioniert sogar dann, wenn man ihn auf einem ausländischen Kanal bringt.
Einmal funktionieren Sportsendungen, ein andermal nicht. Können Sie das erklären?
Görtz: Die Sportnews haben
im Unterschied zum Live-Sport einen wahnsinnig schweren Stand. Eine schmerzhafte Erfahrung, die notabene nicht nur wir, sondern auch unsere deutschen Partner machen mussten. Sat1 Deutschland hat jahrelang an ihrem «täglich ran» herumexperimentiert und alles Mögliche ausprobiert. Man hat den Sendeplatz hin- und hergeschoben, die Sendung mal länger, mal kürzer gemacht und schliesslich in die News integriert. Heute ist «täglich ran» keine eigenständige Sendung mehr, sondern sozusagen der sportliche Wurmfortsatz der Nachrichtensendung um 18.30 Uhr. Offensichtlich will das Publikum keine Sportnewssendungen. Das müssen wir akzeptieren.
Aber auch «Sport aktuell» auf SF DRS bringt Sportnews und holt damit trotzdem viel mehr Zuschauer als das abgesetzte «täglich ran».
Görtz: Berauschend sind deren Zahlen auch nicht gerade. «Sport aktuell» profitiert allerdings vom Vorteil, dass die Sendung erst um 22.20 Uhr ausgestrahlt wird und diverse Live-Events mitnehmen kann, die am gleichen Abend stattgefunden haben. Das bringt ihr Publikum.
Die Schliessung des Schweizer Programmfensters zwischen 19.55 und 20.15 Uhr signalisiert auch Resignation. Ziehen Sie sich von diesem Sendeplatz nun definitiv zurück?
Görtz: Für den Moment sicher. Aber noch offen ist, ob wir damit auch gleich auf weitere Sportsendungen verzichten werden. Wir hatten «täglich ran» in erster Linie gemacht, um «live ran» am Sonntag zu stützen. An dieser Strategie hat sich nichts geändert. Sollten wir uns dafür entscheiden, würde das aber sicher keine tägliche, sondern vielleicht eine
wöchentliche Sendung geben.
Aber das Experimentieren hat mit dem Aus für «täglich ran» wohl doch einen Dämpfer erhalten. Darf man trotzdem auch künftig noch neue Eigenproduktionen von Sat1 Schweiz erwarten?
Görtz: Selbstverständlich. Wir haben von vier Sendungen eine eingestellt. Damit ist die Optimierung nicht abgeschlossen. Klar ist aber, dass neue Sendungen nur ins Programm kommen, wenn sie in kurzer Frist refinanzierbar sind.
Wie viel Defizit hat «täglich ran» bisher verursacht?
Görtz: Dazu möchte ich nichts sagen.
Aber die Sendung ist wohl im tiefroten Bereich stecken geblieben.
Görtz: Ja, das ist so. Denn eine solche Sendung zu produzieren ist wahnsinnig teuer. Wir beschäftigten allein für die Redaktion elf Leute. Entsprechend hatten wir massive Verluste zu beklagen, die uns jetzt zum Handeln gezwungen haben.
«Die Quiz Show», eins zu eins von Sat1 übernommen, soll es nun richten. Welche Verbesserungen der Zuschauerzahlen erwarten Sie?
Görtz: «Die Quiz Show» läuft in Deutschland extrem gut. Sie kommt auf einen Marktanteil von rund 18 Prozent. So viel werden wir in der Schweiz sicher nicht holen, aber mit zwischen 4 und
5 Prozent Marktanteil rechne ich auch bei uns. Interview: Daniel Schifferle
Marc Görtz: Die Sendung hatte zu wenig Zuschauer. An unserer Ungeduld hat es nicht gelegen: Seit dem Start der Sendung vor 14 Monaten wurde «täglich ran» immer wieder optimiert. Wir haben qualitative Verbesserungen gemacht, wir haben den Zeitpunkt verschoben, wir haben die Sendung verlängert. Doch die Zuschauerzahlen haben sich viel zu langsam entwickelt. Irgendwann mussten wir einfach sagen: Die Zuschauer wollen auf Sat 1 keine Schweizer Sportnewssendung sehen.
Wie haben sich die Marktanteile seit dem Start der Sendung Anfang März 2000 entwickelt?
Görtz: Wir hatten am Schluss einen Marktanteil von 2,4 Prozent bei den 14- bis 49-Jährigen, kaum mehr als beim Start der Sendung vor 14 Monaten. Im vergangenen Dezember hatten wir aber das Ziel festgelegt, bis Juni mindestens einen Marktanteil von 5 Prozent in der Zielgruppe zu erreichen.
Klingt aber dramatisch, wenn es keine Spur vorwärts gegangen ist.
Görtz: Einen leichten Aufwärtstrend gab es schon, das belegen die absoluten Zuschauerzahlen: Von März bis Juli 2000 hatten wir in der Zielgruppe 3+ 22000 Zuschauer, von August bis Dezember rund 30000, und von Januar bis April 2001 gings nochmals leicht rauf auf 32000. Das sind zwar Steigerungen, aber natürlich auf einem viel zu tiefen Niveau. Innerhalb eines Jahres hätten mindestens 80000 Zuschauer erreicht werden müssen.
Welche Lehren ziehen Sie aus diesem jüngsten Flop der Schweizer Privat-TV-Geschichte?
Görtz: Die Absetzung als Flop des Privat-TV zu bezeichnen ist falsch. Es ist bei jedem Sender, ob privat oder öffentlich-rechtlich, normal, wenn Sendungen, die ihre Ziele nicht erreichen, abgesetzt werden. Das Beispiel «täglich ran» zeigt einfach, wie enorm schwierig es ist, mit Schweizer Sendungen Publikum von SF DRS wegzuholen. Diese Schwierigkeit hat nichts mit Qualität zu tun. «täglich ran» war diesbezüglich eine Topsendung, besser kann man Sportnews nicht machen. Aber die Sehgewohnheiten sind enorm starr. Das haben wir unterschätzt. Diese bittere Erfahrung haben auch alle anderen privaten TV-Anbieter in der Schweiz machen müssen.
Wie sehen die Zahlen der anderen Schweizer Sat-1-Formate aus?
Görtz: Da sind durchaus Lichtblicke. Von den drei anderen Sendungen sind zwei erfolgreich: «1x tägl.» macht uns viel Freude und entwickelt sich prächtig. Der Marktanteil liegt bereits bei 7 Prozent – angefangen hatten wir damals mit 2 Prozent. «1x tägl.» wird bald regelmässig 100000 Zuschauer erreichen. Allerdings braucht auch das noch etwas Zeit. Aber weil bei dieser Sendung ein klarer Aufwärtstrend zu erkennen ist, erhält sie diese Zeit auch zugestanden. Sehr zufrieden sind wir mit «live ran» am Sonntag. Wir können dort super Zahlen verzeichnen und wachsen stetig, von Spiel zu Spiel. Es zeigt sich: Schweizer Live-Sport funktioniert sogar dann, wenn man ihn auf einem ausländischen Kanal bringt.
Einmal funktionieren Sportsendungen, ein andermal nicht. Können Sie das erklären?
Görtz: Die Sportnews haben
im Unterschied zum Live-Sport einen wahnsinnig schweren Stand. Eine schmerzhafte Erfahrung, die notabene nicht nur wir, sondern auch unsere deutschen Partner machen mussten. Sat1 Deutschland hat jahrelang an ihrem «täglich ran» herumexperimentiert und alles Mögliche ausprobiert. Man hat den Sendeplatz hin- und hergeschoben, die Sendung mal länger, mal kürzer gemacht und schliesslich in die News integriert. Heute ist «täglich ran» keine eigenständige Sendung mehr, sondern sozusagen der sportliche Wurmfortsatz der Nachrichtensendung um 18.30 Uhr. Offensichtlich will das Publikum keine Sportnewssendungen. Das müssen wir akzeptieren.
Aber auch «Sport aktuell» auf SF DRS bringt Sportnews und holt damit trotzdem viel mehr Zuschauer als das abgesetzte «täglich ran».
Görtz: Berauschend sind deren Zahlen auch nicht gerade. «Sport aktuell» profitiert allerdings vom Vorteil, dass die Sendung erst um 22.20 Uhr ausgestrahlt wird und diverse Live-Events mitnehmen kann, die am gleichen Abend stattgefunden haben. Das bringt ihr Publikum.
Die Schliessung des Schweizer Programmfensters zwischen 19.55 und 20.15 Uhr signalisiert auch Resignation. Ziehen Sie sich von diesem Sendeplatz nun definitiv zurück?
Görtz: Für den Moment sicher. Aber noch offen ist, ob wir damit auch gleich auf weitere Sportsendungen verzichten werden. Wir hatten «täglich ran» in erster Linie gemacht, um «live ran» am Sonntag zu stützen. An dieser Strategie hat sich nichts geändert. Sollten wir uns dafür entscheiden, würde das aber sicher keine tägliche, sondern vielleicht eine
wöchentliche Sendung geben.
Aber das Experimentieren hat mit dem Aus für «täglich ran» wohl doch einen Dämpfer erhalten. Darf man trotzdem auch künftig noch neue Eigenproduktionen von Sat1 Schweiz erwarten?
Görtz: Selbstverständlich. Wir haben von vier Sendungen eine eingestellt. Damit ist die Optimierung nicht abgeschlossen. Klar ist aber, dass neue Sendungen nur ins Programm kommen, wenn sie in kurzer Frist refinanzierbar sind.
Wie viel Defizit hat «täglich ran» bisher verursacht?
Görtz: Dazu möchte ich nichts sagen.
Aber die Sendung ist wohl im tiefroten Bereich stecken geblieben.
Görtz: Ja, das ist so. Denn eine solche Sendung zu produzieren ist wahnsinnig teuer. Wir beschäftigten allein für die Redaktion elf Leute. Entsprechend hatten wir massive Verluste zu beklagen, die uns jetzt zum Handeln gezwungen haben.
«Die Quiz Show», eins zu eins von Sat1 übernommen, soll es nun richten. Welche Verbesserungen der Zuschauerzahlen erwarten Sie?
Görtz: «Die Quiz Show» läuft in Deutschland extrem gut. Sie kommt auf einen Marktanteil von rund 18 Prozent. So viel werden wir in der Schweiz sicher nicht holen, aber mit zwischen 4 und
5 Prozent Marktanteil rechne ich auch bei uns. Interview: Daniel Schifferle