Balsam auf die Wunden der Seele
Advico Young & Rubicam hat für Médecins sans Frontières die Kampagne des Jahres gestaltet
Advico Young & Rubicam hat für Médecins sans Frontières die Kampagne des Jahres gestaltetVon Andreas PanzeriDie aufrüttelnde Idee hat ihre Wirkung nicht verfehlt: Médecins Sans Frontières haben mit den Narben-Sujets von Advico Young & Rubicam (AY&R) am meisten Stimmen für die Kampagne des Jahres erhalten. Die Orange-Kampagne von Euro RSCG Partner und die Agentur Fam. Müller mit ihrer Werbung für Escolette teilen sich den zweiten Rang.
Der Schock wirkte doppelt: Nicht nur die Narben als Zeichen und Buchstaben, mit denen Médecins Sans Frontières ihre Botschaften in die Öffentlichkeit brachten, rüttelten auf. Irritiert war die Fachwelt auch kurzfristig vom Umstand, dass in Cannes im Jahr 2000 eine durchaus verwechselbare Werbung der Madrider McCann-Erickson mit dem goldenen Löwen ausgezeichnet worden war.
«Das Nähzeug kam nicht aus Madrid», durfte die WerbeWoche aber beruhigen, nachdem von der Organisation Médecins Sans Frontières einwandfrei bestätigt worden war, dass Advico Young & Rubicam als erste Agentur bereits am 6. Dezember 1999 ihre Originalidee für die Narbenkampagne absegnen lassen konnte, während McCann-Erickson, Madrid, die später preisgekrönten Sujets erst am
21. März der spanischen Sektion der international hilfreichen Ärzte vorgelegt hatte.
Aber auch wenn sich die Kreativen von Advico Young & Rubicam in Gockhausen jetzt zum Trost für den eigentlich von ihnen verdienten Preis in Cannes über die Auszeichnung der WerbeWoche-Leser für die beste Kampagne des Jahres freuen dürfen – wichtiger als eitle Preise ehrt die Kommunikationsspezialisten in dieser Sache doch die Wirkung, mit der letztlich die Botschaft der Médecins inzwischen unter das Volk gebracht worden ist.
Plastische Chirurgie für
gelungene Werbung
«Mutig und aufrüttelnd», urteilte das Publikum auf einer Internetseite, die Médecins Sans Frontières extra für eine Diskussion rund um diese Kampagne eingerichtet hat. «Die meisten Reaktionen waren positiv. Wer geschockt war, der hat das im Endeffekt als sinnvoll empfunden», fasst Stephan Müller, Verantwortlicher Fundraising Deutschschweiz, für die 1999 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnete Hilfsorganisation, das Feedback auf die Kampagne zusammen.
Der Auftritt 2000 besteht aus sieben Anzeigen, einem Fernseh- und Kinospot sowie Internetbannern. Creative Director Martin Spillmann und Beraterin Isabella Büeler von AY&R haben sich erfolgreich engagiert, die breit geschaltete Kampagne zu einem stolzen Teil über verschiedenste Nonprofitbudgets aller Beteiligten laufen zu lassen.
Für die Gestaltung der Narben, die gemäss AD Denis Schwarz einen symbolischen Stil zwischen Abstossen und Berühren treffen sollten, hat die Maskenbildnerin Anne-Rose Schwab unter Anleitung eines Arztes Wunden in die Silikonabdrucke von der Haut echter Menschen geschnitten und wieder vernäht.
Für die Zunge, die kein Model still genug für einen Abguss halten konnte, wurde zum Modellieren auf medizinische Objekte aus der Moulagensammlung der dermatologischen Uniklinik in Zürich zurückgegriffen. Dieser abgeschnittenen und wieder zusammengenähten Zunge hat Texter Jürg Brechtbühl den Satz: «Médecins Sans Frontières: Informiert auch dann, wenn andere schweigen» unterlegt.
Kontinuität sicherte Orange
den zweiten Platz
«The Winner is Orange», hat es vor einem Jahr geheissen, als Euro RSCG mit ihrer Arbeit für den Mobilfunkbetreiber die zum erstenmal von der WerbeWoche ausgelobte Kampagne des Jahres gewonnen hat. Jetzt ist Euro RSCG Partner mit dem gleichen Kunden bereits wieder unter den ersten drei besten Kampagnen gelandet – doch müssen sich Kunde und Agentur diesmal die Ehre von Platz zwei mit der Zürcher Agentur Fam. Müller teilen.
Nach dem fast schon esoterisch angehauchten Spot aus der Wüste vor einem Jahr doppelte Orange mit einem bildschön kargen Film aus dem arktischen Grönland nach. Das Motto für die Kampagne dürfte sich am englischen Sprichwort «Never change a winning team» orientiert haben. Umgemünzt auf das Werbe-Idiom hiesse es dann
«Never forget a good idea».
Die Agentur durfte ihre Arbeit für Orange Schweiz fortsetzen, auch wenn Orange International nach dem Zusammengehen mit France-Télécom den Etat von WCRS, London, zu dessen Havas-Netzwerk auch Euro gehört, weg zu Lowe Lintas & Partners verschoben hat.
Die also exklusiv für den Schweizer Markt konzipierte Spot- und Printkampagne wollte keinen Stilbruch provozieren, wie Group Account Head Dennis Flad bei Euro RSCG Partner erklärt, denn der Mobilfunkbetreiber Orange soll mit der offenbar auch bei den Fachleuten unter den Lesern der WerbeWoche gut angekommenen Werbung weiterhin auf eine erfolgreiche Kontinuität zählen können.
Witz und Trends sorgten für Stimmen bei den Youngstern
Jung ist das Zielpublikum – und deshalb sollten die Sujets für «affengeile Ferien» mit der Tochtergesellschaft Escolette aus der Hotelplan-Gruppe auch trendig frech sein. Kreiert hat die witzig gestylte Kampagne Fam. Müller. Die kreative, dreiköpfige Familie und ihre Freelancer haben bei den WerbeWoche-Lesern mit ihren humorigen Ideen ebenfalls den zweiten Platz erreicht.
Ein ausgeflippter Gorilla-Kinospot, eine zielgruppenspezifische Website mit Videospiel und magazinähnlich gestaltete Reisekataloge mit den Titeln «Der Strand» oder «Die Stadt» bilden die originellen Werbemittel.
Clever ist dabei vor allem die Idee, wie in all diesen Medien mit dem Einbezug jugendlicher Comics-Charaktere als Teencodes eine funktionierende Community aufgebaut wird. Originell ist auch, wie sich die Angehörigen der Agentur Fam. Müller gleichzeitig als Hauptfiguren in die Umsetzungen mit eingebracht haben.
In der Abstimmung der WerbeWoche-Leser sind die im Jahre 2000 präsentierten Kampagnen nicht eben klanglos untergegangen: Mit knappen Resultaten verwiesen die drei platzierten Werbefeldzüge die Kampagnen für Heineken, Passugger und Tibits auf die weiteren Ränge.
Der Schock wirkte doppelt: Nicht nur die Narben als Zeichen und Buchstaben, mit denen Médecins Sans Frontières ihre Botschaften in die Öffentlichkeit brachten, rüttelten auf. Irritiert war die Fachwelt auch kurzfristig vom Umstand, dass in Cannes im Jahr 2000 eine durchaus verwechselbare Werbung der Madrider McCann-Erickson mit dem goldenen Löwen ausgezeichnet worden war.
«Das Nähzeug kam nicht aus Madrid», durfte die WerbeWoche aber beruhigen, nachdem von der Organisation Médecins Sans Frontières einwandfrei bestätigt worden war, dass Advico Young & Rubicam als erste Agentur bereits am 6. Dezember 1999 ihre Originalidee für die Narbenkampagne absegnen lassen konnte, während McCann-Erickson, Madrid, die später preisgekrönten Sujets erst am
21. März der spanischen Sektion der international hilfreichen Ärzte vorgelegt hatte.
Aber auch wenn sich die Kreativen von Advico Young & Rubicam in Gockhausen jetzt zum Trost für den eigentlich von ihnen verdienten Preis in Cannes über die Auszeichnung der WerbeWoche-Leser für die beste Kampagne des Jahres freuen dürfen – wichtiger als eitle Preise ehrt die Kommunikationsspezialisten in dieser Sache doch die Wirkung, mit der letztlich die Botschaft der Médecins inzwischen unter das Volk gebracht worden ist.
Plastische Chirurgie für
gelungene Werbung
«Mutig und aufrüttelnd», urteilte das Publikum auf einer Internetseite, die Médecins Sans Frontières extra für eine Diskussion rund um diese Kampagne eingerichtet hat. «Die meisten Reaktionen waren positiv. Wer geschockt war, der hat das im Endeffekt als sinnvoll empfunden», fasst Stephan Müller, Verantwortlicher Fundraising Deutschschweiz, für die 1999 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnete Hilfsorganisation, das Feedback auf die Kampagne zusammen.
Der Auftritt 2000 besteht aus sieben Anzeigen, einem Fernseh- und Kinospot sowie Internetbannern. Creative Director Martin Spillmann und Beraterin Isabella Büeler von AY&R haben sich erfolgreich engagiert, die breit geschaltete Kampagne zu einem stolzen Teil über verschiedenste Nonprofitbudgets aller Beteiligten laufen zu lassen.
Für die Gestaltung der Narben, die gemäss AD Denis Schwarz einen symbolischen Stil zwischen Abstossen und Berühren treffen sollten, hat die Maskenbildnerin Anne-Rose Schwab unter Anleitung eines Arztes Wunden in die Silikonabdrucke von der Haut echter Menschen geschnitten und wieder vernäht.
Für die Zunge, die kein Model still genug für einen Abguss halten konnte, wurde zum Modellieren auf medizinische Objekte aus der Moulagensammlung der dermatologischen Uniklinik in Zürich zurückgegriffen. Dieser abgeschnittenen und wieder zusammengenähten Zunge hat Texter Jürg Brechtbühl den Satz: «Médecins Sans Frontières: Informiert auch dann, wenn andere schweigen» unterlegt.
Kontinuität sicherte Orange
den zweiten Platz
«The Winner is Orange», hat es vor einem Jahr geheissen, als Euro RSCG mit ihrer Arbeit für den Mobilfunkbetreiber die zum erstenmal von der WerbeWoche ausgelobte Kampagne des Jahres gewonnen hat. Jetzt ist Euro RSCG Partner mit dem gleichen Kunden bereits wieder unter den ersten drei besten Kampagnen gelandet – doch müssen sich Kunde und Agentur diesmal die Ehre von Platz zwei mit der Zürcher Agentur Fam. Müller teilen.
Nach dem fast schon esoterisch angehauchten Spot aus der Wüste vor einem Jahr doppelte Orange mit einem bildschön kargen Film aus dem arktischen Grönland nach. Das Motto für die Kampagne dürfte sich am englischen Sprichwort «Never change a winning team» orientiert haben. Umgemünzt auf das Werbe-Idiom hiesse es dann
«Never forget a good idea».
Die Agentur durfte ihre Arbeit für Orange Schweiz fortsetzen, auch wenn Orange International nach dem Zusammengehen mit France-Télécom den Etat von WCRS, London, zu dessen Havas-Netzwerk auch Euro gehört, weg zu Lowe Lintas & Partners verschoben hat.
Die also exklusiv für den Schweizer Markt konzipierte Spot- und Printkampagne wollte keinen Stilbruch provozieren, wie Group Account Head Dennis Flad bei Euro RSCG Partner erklärt, denn der Mobilfunkbetreiber Orange soll mit der offenbar auch bei den Fachleuten unter den Lesern der WerbeWoche gut angekommenen Werbung weiterhin auf eine erfolgreiche Kontinuität zählen können.
Witz und Trends sorgten für Stimmen bei den Youngstern
Jung ist das Zielpublikum – und deshalb sollten die Sujets für «affengeile Ferien» mit der Tochtergesellschaft Escolette aus der Hotelplan-Gruppe auch trendig frech sein. Kreiert hat die witzig gestylte Kampagne Fam. Müller. Die kreative, dreiköpfige Familie und ihre Freelancer haben bei den WerbeWoche-Lesern mit ihren humorigen Ideen ebenfalls den zweiten Platz erreicht.
Ein ausgeflippter Gorilla-Kinospot, eine zielgruppenspezifische Website mit Videospiel und magazinähnlich gestaltete Reisekataloge mit den Titeln «Der Strand» oder «Die Stadt» bilden die originellen Werbemittel.
Clever ist dabei vor allem die Idee, wie in all diesen Medien mit dem Einbezug jugendlicher Comics-Charaktere als Teencodes eine funktionierende Community aufgebaut wird. Originell ist auch, wie sich die Angehörigen der Agentur Fam. Müller gleichzeitig als Hauptfiguren in die Umsetzungen mit eingebracht haben.
In der Abstimmung der WerbeWoche-Leser sind die im Jahre 2000 präsentierten Kampagnen nicht eben klanglos untergegangen: Mit knappen Resultaten verwiesen die drei platzierten Werbefeldzüge die Kampagnen für Heineken, Passugger und Tibits auf die weiteren Ränge.