Deutsche Parteien im YouTube-Check

Während es der AfD auf YouTube offenbar gelingt, die Massen zu mobilisieren, fristen die Kanäle der regierenden Parteien ein Schattendasein auf der grössten Videoplattform der Welt. Dies das Ergebnis einer Studie der deutschen YouTube-Agentur Klein aber.

Im ersten Halbjahr 2023 verzeichneten die beiden YouTube-Kanäle der AfD 62,6 Millionen Aufrufe – ein immenser Unterschied gegenüber SPD, Grünen und FDP, die zusammen nicht einmal eine Million Klicks erreichten. Noch auffälliger ist die Interaktion: Pro Video generiert die AfD Tausende von Likes, Kommentaren und Shares (AfD TV: Durchschnittlich 2.700, AfD Fraktion: 4.087), im Gegensatz zur SPD mit lediglich 40 Interaktionen. Die politische Debatte auf der Plattform wird von der AfD mit 97 Prozent der Aufrufe beherrscht, wie die Studie der YouTube-Agentur ‚Klein aber‘ enthüllt. Angesichts der Tatsache, dass YouTube eine der wichtigsten Social-Media-Plattformen ist – mit nahezu jeder Person zwischen 14 und 29 Jahren (95 Prozent) sowie drei von vier Personen im Alter von 30 bis 49 Jahren, die es mindestens einmal im Monat nutzen – überrascht das schwache Abschneiden der anderen Parteien. Die meisten Parteien scheinen keine klare YouTube-Strategie zu verfolgen, trotz des enormen Potenzials, die breite Zielgruppe zu erreichen und Botschaften zu verbreiten, so die Klein aber weiter.

Die Ergebnisse im Detail:

Die AfD hat mit ihren beiden Hauptkanälen und zusammen 549.000 Subscribern die bei Weitem grösste Reichweite (zum Vergleich: CDU: 18.000, SPD: 22.000, Grüne: 26.000). Seit Anfang des Jahres konnte die AfD über ihre beiden Kanäle 60.000 zusätzliche Follower für sich gewinnen. Damit liegt die Partei mit weitem Abstand auf Platz eins des YouTube-Checks.

Andere Parteien hinken deutlich hinterher: Durchschnittlich knapp 1.000 Views pro Video und minimale Interaktionen (Grüne: 16, CSU: 28, FDP: 0). CDU rangiert aufgrund der Schwäche der anderen Parteien auf Platz zwei. Danach folgen SPD, Linke, FDP, CSU und der Grünen-Kanal mit fast keinem Wachstum oder Interaktion.

Klein aber weist auf zahlreiche Gründe für das schlechte Abschneiden der anderen Parteien hin: Mangel an individuellen Thumbnails, ansprechenden Videotiteln und konsistenten Formaten, die Zuschauer dazu bewegen, den Kanal erneut zu besuchen. Dies zeigt sich in niedrigen Klick- und Interaktionsraten. Zudem veröffentlichen einige Parteien nur drei Videos pro Monat (CSU und Grüne), während die AfD auf Masse setzt und 120 Videos hochlädt.

Simon Kaiser, Geschäftsführer von Klein aber, betont: „Deutsche Parteien erfüllen ihren politischen Anspruch auf der grössten Videoplattform der Welt nicht. Die Gründe für das schlechte Abschneiden sind vielfältig: Themen, Regelmässigkeit und Präsentation entsprechen nicht dem Standard. Viele Kanäle wirken wie Video-Content-Resterampen. Parteien sollten proaktiv kommunizieren und ihre Themen inhaltlich fundiert präsentieren.“


Zum Studiendesign: Im Zeitraum Januar bis Juni 2023 wurden die offiziellen YouTube-Kanäle der grössten deutschen Parteien – gemessen am Wahlergebnis der letzten Bundestagswahl 2021 – SPD, CDU, Grüne, FDP, AfD und die Linke quantitativ und qualitativ untersucht. Dabei wurden Metriken berücksichtigt wie der Zuwachs an Aufrufen und Subscribern, Interaktionen, Regelmässigkeit der Uploads, grafische Gestaltung und Werte, die Rückschlüsse auf die Qualität und Rezeption der Inhalte zulassen.

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