Tagen im Umfeld der Wissenschaft
HOCHSCHULEN Schweizer Universitäten agieren neben ihrer Funktion als Hochschulen auch als Gastgeber von Kongressen, Tagungen und Workshops. Die entsprechende Infrastruktur steht in den meisten Fällen auch externen Veranstaltern zur Verfügung.
Zu den grossen Veranstaltungen, die an der HSG durchgeführt werden, gehört das St.Gallen Symposium.Vom 3. bis 6. April 2014 weihte die Eidgenössische Technische Hochschule Lausanne (EPFL) das neue SwissTech Convention Center ein. Das vom Lausanner Architekturbüro Richter Dahl Rocha et Associés achitectes entworfene und 225 Millionen Franken teure Gebäude stellte während Monaten die grösste Baustelle der Romandie dar. Seine Geschichte begann 2006 mit einer Ausschreibung der EPFL, ab 2011 konnte man mit den Bauarbeiten beginnen, die knapp drei Jahre dauerten. Mit der Fertigstellung des Kongresszentrums wurde das Quartier Nord der EPFL vervollständigt, das Läden, Dienstleistungen, Studentenunterkünfte sowie ein Hotel umfasst.Europaweit einzigartig«Als zentrales Element des Quartier Nord auf dem EPFL-Campus ist das SwissTech Convention Center eines der wenigen, direkt auf einem grossen Wissenschaftscampus gelegenen internationalen Kongresszentren der Welt», sagt Mediensprecher Jérôme Grosse. Mit seiner akademischen und wirtschaftlichen Nutzung stelle es in vielerlei Hinsicht eine europaweit einzigartige Infrastruktur dar.Optisch bildet das Gebäude am Nordeingang des Hochschulgeländes einen neuen Orientierungspunkt, der von aussen an einen geschliffenen Stein erinnert. Ein metallischer, durch den Innenraum gebildeter «Panzer» löst sich schrittweise vom Boden und gibt so grosse Glasfronten auf der Süd- und Nordseite frei, durch die das Tageslicht in den grossen Saal fällt.Die Tragestruktur des SwissTech Convention Centers ist Katamaran-förmig und besteht aus zwei grossen, dreidimensionalen Metallträgern, die sich auf Service-Kerne aus Eisenbeton in der Mitte und im Norden des Gebäudes stützen. Spannend ist der Kontrast zwischen der Dachbeschichtung aus natürlich eloxiertem Aluminium und der Innenverkleidung aus Naturholz.Maximale ModulierbarkeitHerzstück des Kongresszentrums ist der grosse Saal mit Platz für maximal 3000 Sitzplätzen oder für 4400 Personen. Dank der aus Kanada stammenden «Gala-Systems» Technologie ist er vollständig modulierbar und gilt damit als absolute Neuheit.«In nur 15 Minuten kann der Plenarsaal beispielsweise von einem Auditorium mit 2135 Sitzplätzen in eine 1890 Quadratmeter grosse Messe- oder Banketthalle mit flachem Boden verwandelt werden», erklärt Grosse. Dabei werden die Sitze mithilfe motorisierter Stangen, die unter der Plattformstruktur verborgen und mit jeder Sitzgruppe verbunden sind, nach belieben versenkt.Dank diesem System kann das SwissTech Convention Center Säle mit 330, 468, 1670, 2135 oder 3000 Sitzplätzen anbieten. Der 865 Plätze fassende Innenbalkon kann ebenfalls abgetrennt und zu einem Saal mit 468 Plätzen und eigenem Vorraum umfunktioniert werden. Zudem kann das Gartengeschoss als grosse Halle genutzt oder in fünf, zehn oder 15 Räume mit 40 bis 200 Sitzplätzen aufgeteilt werden.Laut Grosse geht man davon aus, dass das Kongresszentrum dank dieser Modulierbarkeit und seiner zentralen Lage in Europa internationale Organisatoren von Wissenschaftskongressen, öffentlichen Messen, Generalversammlungen oder sonstigen Veranstaltungen ansprechen wird. «Die Positionierung an der Schnittstelle von Wissenschaft, Kultur und Innovation führte dazu, dass man für 2014 bereits vielversprechende Veranstaltungen gewinnen konnte», sagt der Mediensprecher.Bereits zahlreiche AnlässeBereits im April fanden die Generalversammlung des Waadtländer Arbeitgeberverbandes mit 450 Teilnehmern sowie die 12. Nationale Fotovoltaik-Tagung mit 700 Personen im SwissTech Convention Center statt. Im Juni veranstaltet Schweiz Tourismus den Schweizer Ferientag im neuen Kongresszentrum. An dieser jährlichen Veranstaltung nehmen über 1500 Entscheidungsträger aus der Schweizer Tourismusindustrie sowie Vertreter aus Politik, Wirtschaft, Sport und Kultur teil.Ebenfalls im Juni beherbergt das Kongresszentrum die Internationale Konferenz des UNESCO-Lehrstuhls für Entwicklungstechnologien mit 350 Teilnehmenden sowie das 38. Internationale Symposium für analytische Umweltchemie mit 400 Delegierten. Im Juni ist auch Digital Humanities 2014 mit 700 Forschenden an der Reihe, im August wird der 65. Jahrestag der International Society of Electrochemistry mit 1300 Fachpersonen durchgeführt.Im September steht die 40. Internationale Konferenz für Mikro- und Nanoingenieurswesen mit 900 Ingenieuren und Wissenschaftlern auf dem Programm, gefolgt vom EPFL-Forum im Oktober und der Messe Planète Santé Live im November mit je 1000 Teilnehmern. Weitere Veranstaltungen sind für das laufende Jahr geplant.Gut erschlossenDas SwissTech Convention Center ist durch die Metro-Linie M1 aus Lausanne und Renens erschlossen und liegt rund 45 Fahrminuten vom internationalen Flughafen entfernt. Gästen, die mit dem Auto anreisen, stehen 275 gedeckte Parkplätze zur Verfügung.Das neue Kongresszentrum ist Teil des Quartier Nord der EPFL, das ausserdem den Komplex Les Arcades umfasst. Dieser beherbergt neben einem Gebäude mit 516 Betten für Studierende auch Verpflegungsmöglichkeiten, Läden mit langen Öffnungszeiten sowie das SwissTech Hotel, das 66 funktional eingerichtete Einzel- und Doppelzimmer in drei Kategorien bietet. Das Kongresszentrum und der Gebäudekomplex Les Arcades sind durch einen öffentlichen Aussenbereich verbunden.Nachhaltigkeit dank eigener ForschungWegen des instabilen Bodens ruht das SwissTech Convention Center auf 200 Pfählen. Fünf davon sind mit Sensoren gespickte, in Beton eingelassene Geothermiepfähle, die dank einer ausgefeilten Technologie dafür sorgen, dass das Fundament des Kongresszentrums im Winter zur Wärmequelle wird und im Sommer Kühlung bietet. Damit kann ein Projekt fortgesetzt werden, das vor elf Jahren an der EPFL begann.Auch die Westfassade des Convention Centers bietet ein Novum. Hier wurden 300 Quadratmeter Farbstoffsolarzellen eingebaut, die 1991 an der EPFL erfunden wurden. Laut Grosse ist es das erste Mal, dass diese Technolgie an einem öffentlichen Gebäude angewendet wird. Die Solarzellen sind nicht nur lichtdurchlässig, sondern funktionieren auch unabhängig vom Lichteinfallswinkel. Sie erzeugen erneuerbare Energie, schützen das Gebäude vor direkter Sonneneinstrahlung und reduzieren so den Energiebedarf für die Kühlung. «Die Anlage soll das Potenzial dieser Solarzellen aufzeigen und einen ersten Schritt zu ihrer Produktion und Verwendung im grossen Massstab dienen», erklärt Grosse.Insgesamt wurden für das SwissTech Convention Center 36’800 Kubikmeter Beton, 4550 Tonnen Armierungseisen, 900 Tonnen Stahl sowie 750 Pfähle verbaut.Gastgeber Hochschule St. GallenNeben der Eidgenössischen Technischen Hochschule Lausanne bieten auch andere Schweizer Universitäten eine Tagungs- oder Kongressinfrastruktur. «Die HSG ist nicht nur Universität, sie ist auch Gastgeberin von Workshops, Tagungen oder Kongressen aller Art», sagt Annkathrin Heidenreich, Media Relations Officer der Universität St.Gallen – Hochschule für Wirtschafts-, Rechts- und Sozialwissenschaften sowie Internationale Beziehungen (HSG).Zum Raumangebot der Hochschule St. Gallen gehören ein Saal für bis zu 640 Personen, fünf Hörsäle für 160 bis 250 Teilnehmer, 32 Seminarräume mit 20 bis 100 Plätzen sowie zwei PC-Labore mit je 30 Plätzen. Zudem verfügt die Universität über ein Weiterbildungszentrum inklusive Hotelservice, das vor allem auf Seminare und Weiterbildungen ausgerichtet ist. Laut Heidenreich vermarktet die HSG ihre Tagungs- und Kongressinfrastruktur aktiv. Zudem sei sie als Kongressort auch im Angebot von St.Gallen-Bodensee Convention integriert.Zu den grossen Veranstaltungen, die an der Universität durchgeführt werden, gehören das St. Gallen Symposium, das EcoOst Symposium oder die Internationale Föderalismuskonferenz. Jährlich finden rund 20 externe Kongresse und diverse kleine Seminare und Veranstaltungen an der HSG statt. Das Spektrum reicht von Kongressen und Konferenzen von Wirtschaft und Wissenschaft über Veranstaltungen von Unternehmen bis hin zu internen Firmenseminaren und Kaderzusammenkünften.Tagen in Basel und BernAuch die Universität Basel stellt ihre Tagungsinfrastruktur externen Veranstaltern zur Verfügung. Laut Hans Syfrig Fongione, Bereichsleitung Event der Universität Basel, wird diese im Rahmen der Möglichkeiten vermarktet. «Es ist uns wichtig, dass die Bedürfnisse der Lehre und der Forschung Vorrang vor externen Anfragen haben», sagt Fongione.Das Angebot der Universität Basel reicht von Zimmern mit Platz für zehn Personen bis hin zur Aula mit über 400 Sitzplätzen. Alle Räume sind mit Beamern ausgestattet, bei Bedarf kann das Catering der Universität gebucht werden. «Als besondere Locations können zudem das Pharmazie-Historische Museum, der Botanische Garten oder die Alte Universität genutzt werden», sagt Fongione.Die Universität Basel ist an über 100 Standorten in der Stadt vertreten, die ebenfalls für Anlässe gemietet werden könnten und sich für Apéros, Seminare, Kongresse, internationale Veranstaltungen, Feiern, Vorträge oder Fachveranstaltungen eigneten. Wie Fongione erklärt, bestehe noch Potenzial für weitere Veranstaltungen. Allerdings sei die Nachfrage nach Räumlichkeiten während des Semesters immer sehr hoch; in den Semesterferien habe man mehr freie Kapazitäten.Nicht aktiv bewirbt die Universität Bern ihre Infrastruktur, obwohl die 224 Hörräume mit Platz für 8 bis 342 Personen auch gemietet werden können. Laut der Hochschule verzeichnet man rund 3000 Raumbuchungen von Externen pro Jahr. Zu den wichtigsten Veranstaltern, die die Infrastruktur der Universität Bern nutzen, gehören Insieme Schweiz, das Schweizer Medieninstitut für Bildung und Kultur, das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation, das Forum Biodiversität Schweiz oder die Swiss Society für Neuroscience. Bei den Veranstaltungen handle es sich um Kongresse, Tagungen, Meetings, Vorträge und Sitzungen.Wenig Spielraum in ZürichDie Räumlichkeiten der Universität Zürich dagegen können nicht für Veranstaltungen gemietet werden. Gemäss Beat Müller, Stv. Leiter Kommunikation Universität Zürich, gibt es dafür nicht genügend Kapazitäten. «Eigene Veranstaltungen, für die es ein Kongressfenster gibt, haben Priorität.» Ausnahmen seien einige wenige Anlässe pro Jahr, die meist im Zusammenhang mit dem Kanton Zürich stünden. An der ETH Zürich können Veranstaltungen von externen Anbietern nur dann stattfinden, wenn ein direkter Bezug zur ETH, Lehre und Forschung besteht.Autorin: Denise Weisflog