Qualität vor Reichweite

Flughafenwerbung Ausbleibende Passagiere am Flughafen Zürich lassen Umsätze und Reichweiten von Clear Channel Plakanda einbrechen.

Flughafenwerbung Ausbleibende Passagiere am Flughafen Zürich lassen Umsätze und Reichweiten von Clear Channel Plakanda einbrechen.Die Planzahlen, mit denen die Betreiberin des Flughafens Zürich, Unique, noch 2000 rechnete, waren optimistisch, zu optimistisch. Sie ging davon aus, dass allein in Zürich-Kloten die Passagierzahlen im Jahr 2003 um die 25 Millionen betragen und bis zum Jahr 2006 auf 35 Millionen steigen würden. Auf dieser Grundlage plante sie nicht nur den Ausbau des Flughafens, sondern handelte mit Clear Channel Plakanda (CCP) auch einen Exklusivvertrag für die Vermarktung von Plakatstellen im Flughafen aus. Solche Vereinbarungen sind in aller Regel ans Passagieraufkommen gekoppelt (siehe Kasten). CCP dürfte somit bei Vertragsabschluss mit jährlichen Umsätzen zwischen 9,5 (2001) und 18 Millionen Franken (2006) gerechnet haben, Unique mit jährlichen Abgaben in der Bandbreite zwischen 7 und 15 Millionen Franken.Mittlerweile brach das Fluggeschäft ein. Von den drei grossen Schweizer Flughäfen weist nur Genf ein leicht höheres Passagieraufkommen aus, Zürich und Basel hingegen verzeichneten deutliche Rückgänge. Unique wird zwar ab 1. September das neue Dock E eröffnen, gleichzeitig aber Teile des bisherigen Terminals B schliessen.
Gar nicht erpicht auf Touristen
Wie reagiert man bei CCP darauf? Weil die Plakatstellen in den
zu schliessenden Gebäudeteilen durch Standorte im neuen Dock E und an anderen Orten kompensiert werden, gibt man sich bezüg-
lich Umsatzentwicklung gelassen. Punkto Passagierzahlen liegt man zwar gemäss Planung unter Budget, konnte aber 2002 den Umsatz am Flughafen Zürich «praktisch halten», wie CCP-CEO Beat Roeschlin erklärt. Für die gesteigerte Beachtung pro Passagier nennt er einen Grund: Die Qualität der Zielgruppe. «Jene, die beruflich reisen, fliegen weiterhin, die Zahl der Touristen hingegen nimmt ab. Damit wird die Zielgruppe, die über
ein hohes Einkommen, Entscheidungskompetenz und eine gute Ausbildung verfügt, immer schärfer.» Und darum sei der Flughafen Zürich für internationale Werbeauftraggeber nach wie vor attraktiver als etwa Athen, wo der Anteil Touristen auf dem Flughafen wesentlich höher sei. Auch Frankfurt mit seinem respektablen Anteil deutscher Reisender stehe Zürich mit einem breiteren Nationalitätenmix in nichts nach. Roeschlin: «Der Anteil internationaler Werbeauftraggeber am gesamten Werbeumsatz am Flughafen Zürich beträgt mittlerweile 50 Prozent.»
Falls Zürich jedoch seine Rolle als internationaler Hub und als Basis eines Homecarriers verliere, sei dies alles gefährdet. Kein Wunder, dass Roeschlin vielmehr über die wirtschaftliche Entwicklung der Swiss die Stirn runzelt.
Verstärkt arbeitet deshalb CCP an der Qualität des Angebotes. So kann der Aussenwerber im Herbst, wenn Dock E und Teile des Airside Center eröffnet werden, den Kunden neue Möglichkeiten anbieten: An sechs Orten werden ganze Gebäudeteile «vermietet». So kann etwa ein einziger Kunde die Einreisehalle des Airside Center gestalten. Dafür steht ihm eine rund 60 Meter lange Glaswand zur Verfügung, die mit Folie beklebt und hinterleuchtet werden kann oder auf die sich Bilder projizieren lassen. CCP nennt dieses Angebot «Branding». Auch das Anbringen von 3-D-Gegenständen oder Flaggen sei möglich. Roeschlin denkt bei solchen Engagements an eine Laufzeit von drei bis fünf Jahren. Das Risiko für CCP: Kunden müssen erst gewonnen werden.
Das Brandingkonzept geht auf eine Initiative von CCP zurück. Erst waren in den neuen Hallen noch klassische Plakatstellen vorgesehen. Schon 2001 organisierte CPP aber eine Besichtigungstour durch die USA, und im Herbst 2002 stimmte Unique dem neuen Konzept zu.
Weniger Touristen und mehr Geschäftsreisende ermöglichen ein schärferes Zielgruppenprofil für Plakatwerbung auf Flughäfen.
Umsatzstarke PlakatstellenPlakatstellen an Flughäfen sind gefragt, denn hier bewegt sich ein kaufkräftiges Publikum. Dank relativ langer Aufenthaltsdauer – ein durchschnittlicher Passagier trifft 85 Minuten vor dem Abflug ein – sind die Kontaktchancen zudem gross. 1998 konnte die Aussenwerbung in den TopTen der europäischen Flughäfen einen Werbeumsatz von etwa 40 Rappen pro Flugpassagier erzielen. Heute sind es in Zürich um die 50 Rappen, während der europäische Durchschnittsertrag wegen des 11. September auf dem Niveau von 1998 verharrt (gemäss Umfrage Compass International Media Ltd.). Je nach Vertrag müssen 66 bis 85 Prozent dieses Umsatzes an die jeweiligen Flughafenbetreiber abgeliefert werden. (mk)
APG hatte mehr GlückDie Allgemeine Plakatgesellschaft (APG) betreut die Flughäfen Genf und Lugano, in Basel hingegen sind APG, JCDecaux und auch CCP tätig. Während Basel ähnlich wie Zürich im letzten Jahr rund 14 Prozent weniger Passagiere auswies, blieb Lugano beinahe stabil, während Genf leicht zulegen konnte. Noël Grandchamp, Direktor der für Flughafenwerbung zuständigen APG-Tochter Berger SA, zeigt sich mit der Entwicklung «zufrieden». (mk)
Zahl der Flugpassagiere (in Mio.)
2001 2002 Veränderung in %
Zürich-Kloten 21,0 18,0 –15
Genf-Cointrin 7,55 7,62 +1
Basel-Mulhouse 3,55 3,06 –14
Markus Knöpfli

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