Held:innen der Leinwand – über die Magie von Kino(Werbung)
Ein magisches Ticket öffnet das Tor zu cineastischen Welten von Held:innen. Doch es öffnet nicht nur Türen zu fiktiven Abenteuern – es verbindet auch die reale Welt der Werbung mit der einzigartigen Magie der Kinoleinwand. Ein Gespräch mit Kinovermarkter Christof Kaufmann und Kinobetreiber Venanzio Di Bacco.
Held:innen der Leinwand: Werbewoche.ch-Redaktor Beat Hürlimann im Gespräch mit Kinovermarkter Christof Kaufmann (links) und Kinobetreiber Venanzio Di Bacco. Das Gespräche kann wahlweise als Videoblog oder schriftlich geschaut bzw. gelesen werden.
Werbewoche.ch: Stellen Sie sich vor, ich schenke Ihnen ein magisches Ticket, ähnlich wie im Film «Last Action Hero». Dort erhält der Junge Danny von seinem Freund Nik, dem altersweisen Kinovorführer, ein derartiges Ticket und taucht dank dessen in die Filmwelt seines Leinwandhelden Jack Slater ein, gespielt von Arnold Schwarzenegger. Nun die Frage an Sie: Welchen Film würden Sie gerne hautnah erleben?
Venanzio Di Bacco: Eine faszinierende Frage. Ich denke, ich würde mich für eine Komödie entscheiden, genauer gesagt für den Film «Next Goal Wins», der gerade angelaufen ist der im Januar 24 anlaufen wird. Dieser Film handelt von einer samoanischen Fussballmannschaft, die versucht, sich für die Qualifikation zur WM 2014 zu qualifizieren. Ich würde gerne Michael Fassbender, der den Trainer spielt, begleiten und gemeinsam versuchen, die Mannschaft zum Erfolg zu führen.
Und mit welchem Bösewicht würden Sie sich gerne in der realen Welt duellieren?
Christof Kaufmann: Für mich wäre das definitiv Gerd Fröbe aus «Goldfinger», mit dem ich gerne in den Ring steigen würde. Aber ich kämpfe auch gegen diejenigen, die das Kino immer noch für tot erklären. Das ist schlichtweg falsch und das Gegenteil wurde im letzten Jahr mit Barbie und Oppenheimer und vielen anderen erfolgreichen Filmen eindeutig bewiesen. Bei den Bösewichten gibt es immer einen Helfer, der unterstützt. Ich würde auch betonen, dass Streaming nicht im Wettbewerb mit dem Kino steht. Diese Aussage, dass Streaming lineares Fernsehen konkurrenziert, ist schon fast etwas naiv.böswillig. Forschungen zeigen, dass Menschen, die oft ins Kino gehen, auch viel streamen. In diesem Sinne sind das meine «Bösewichte» im beruflichen Kontext.
Wieso sollten Brands öfter ein Werbeticket fürs Kino lösen?
Venanzio Di Bacco: Brands sind von grosser Bedeutung für die Gesellschaft, und die Menschen identifizieren sich mit ihnen. Ein Kinosaal bietet die perfekte Umgebung für eine Marke, da man dort nicht von Ablenkungen gestört wird. Man kann in den Film eintauchen, und wenn die Marke und ihre Werbung zum Film passt, ergibt das eine perfekte Mischung.
Christof Kaufmann: Kino ist noch die einzige verbliebene Premium-Medium Mediengattung in der Schweiz, in dem Werbekontakte und -wirkungen in Topqualität stattfinden. Das hat einen eigenen Wert. In einem Land, in dem Qualität im Vordergrund steht, sollte dies auch vermehrt bei der Wahl des Werbekanals berücksichtigt werden.
Wenn wir auf das Jahr 2023 zurückblicken, welches waren die cineastischen Highlights?
Venanzio Di Bacco: 2023 war ein bewegendes Jahr. Wir sind stark mit «Avatar» gestartet, der Anfang des Jahres ein grosser Hit war. Dann folgte «Supermario K.O.» an Ostern, der ebenfalls sehr erfolgreich war. Der Sommer brachte «Barbie und Oppenheimer» mit Rekordzahlen für diese Monate.
Das Pathé Multiplex Cinema Spreitenbach wurde 2019 eröffnet. Kurz darauf kam die Pandemie. Wie sind Sie damit umgegangen?
Die Pandemie war eine äusserst schwierige Zeit für die gesamte Branche, auch für uns. Wir wurden von einem Tag auf den anderen geschlossen. Als Branche, die normalerweise 365 Tage im Jahr fast 24 Stunden geöffnet ist, war das sehr schwer. Es war eine Herausforderung, sowohl mit unseren Teams als auch mit den Kunden zurechtzukommen. Glücklicherweise ist das vorbei, und jetzt schauen wir positiv in die Zukunft.
Auf welche cineastischen Highlights dürfen wir uns für 2024 freuen?
Das kommende Jahr verspricht einige aufregende Kinomomente. Es beginnt mit «Dune» im März, einem epischen Action- und Science-Fiction-Film. Dann freuen wir uns auf die Rückkehr der «Minions», die viele Familien, Kinder und Erwachsene ins Kino locken werden.
Und auf welche Werbehighlights fürs Kino?
Christof Kaufmann: Für uns ist es immer ein Highlight, wenn wir beispielsweise längere Versionen von Werbespots auf der Leinwand zeigen können. Diese sind prädestiniert dafür. Aber auch die Tatsache, dass Kino ein sehr lokales Medium ist und auch umliegenden Firmen die Möglichkeit bietet, mit Zielgruppen zu kommunizieren.
Haben Sie schon Einblicke in die Investitionsbereitschaft der Werbeauftraggeber bezüglich Kino-Werbung?
Nach den harten Jahren freuen wir uns, dass wir seit dem Sommer mit den grossen Hits wie «Barbie» und «Oppenheimer» wieder Rückenwind haben. Wir sind zuversichtlich, dass im nächsten Jahr mehr investiert wird. 2023 war grundsätzlich kein gigantisches Jahr für Werbung, eher ein Jahr der Werbe-Rezession. Aber wir schauen optimistisch in die Zukunft.
Ihr Unternehmen Weischer.Cinema Schweiz GmbH hat dieses Jahr eine Studie mit der Uni St. Gallen veröffentlicht. Was kam dabei bezüglich der Wirkung von Kino-Werbung heraus?
Unser Ziel ist es, dem Werbemarkt künftig eine Vielzahl qualitativer Studien zur Verfügung zu stellen, die nachweisen, dass ein Werbespot auf der Kinoleinwand eine einzigartige Wirkung entfaltet. Dies kann durch die beeindruckenden Räumlichkeiten, wie sie z. B. hier im Pathé in Spreitenbach zu finden sind, geschehen. Aber auch die Grösse der Leinwand, die Aufmerksamkeit der Zuschauer und die Tatsache, dass Kinowerbung nicht unterbricht, sondern vor dem eigentlichen Film stattfindet, tragen dazu bei. Wir werden weiterhin, wie wir es mit der Universität St. Gallen getan haben, alles daransetzen, dem Werbemarkt eine Vielzahl von Faktoren im Bereich der Wirkung zur Verfügung zu stellen. Unser Ziel ist es, Investitionssicherheit zu bieten und ein positives Gefühl zu vermitteln. Kinowerbung ist nicht nur das Sahnehäubchen auf der Torte, sondern muss ein integraler Bestandteil der gesamten Werbelandschaft sein, also ein Stück des Kuchens, nicht nur die Verzierung.
Welches sind die herausragenden Merkmale hier im Kinokomplex Pathé in Spreitenbach?
Venanzio Di Bacco: Dieses Kino ist ein Multiplex mit zehn einzigartigen Sälen. Unter ihnen befindet sich unser IMAX-Saal, der zweifellos einer der größten in der Schweiz ist. Weiterhin haben wir hier, wo wir uns gerade befinden, unseren exklusiven VIP-Bereich mit drei unterschiedlichen Sälen. Die Lounge, in der wir uns aktuell aufhalten, wurde speziell für uns angefertigt. Ein weiteres Highlight ist das sogenannte Bettenkino, das ein wirklich einzigartiges Erlebnis bietet – die Möglichkeit, einen Film von einem echten Bett aus zu geniessen. Darüber hinaus gibt es ein Kids-Cinema, das in Zusammenarbeit mit der Schulklasse aus Spreitenbach gestaltet wurde. Dieser Bereich erfreut sich grosser Beliebtheit bei den Kindern, die nicht nur die Filme dort lieben, sondern auch gerne ihre Geburtstagsfeiern mit ihren Freunden und Schulkameraden dort veranstalten.
Als ich heute früh ins Kino kam, war es ruhig, man hörte Musik und dem Betrachter bot sich ein schöner Anblick. Wie würden Sie Ihr visuelles Erlebniskonzept umschreiben?
Das freut mich natürlich. Wir haben in der Tat sehr viel Wert auf die Materialisierung des Multiplexes gelegt, mit verschiedenen Farben und dem wiederkehrenden Pathé-Gelb. Wir spielen auch mit unserem Logo, Charlie dem Hahn. Das Ziel ist es, dem Kunden ein Gefühl von Wohlbefinden zu vermitteln und eine Premium-Erfahrung zu bieten.
Während des Rundgangs haben Sie auch die enge Verbundenheit Ihres Unternehmens mit der Gemeinde Spreitenbach betont. Könnten Sie dazu mehr erzählen und warum diese Verbundenheit so wichtig ist?
Das Kinoprojekt wurde in enger Zusammenarbeit mit der Gemeinde Spreitenbach realisiert. Unser grösster Saal, der IMAX-Saal, fungiert auch als Gemeindesaal für Spreitenbach. Die Gemeinde nutzt unser Kino für ihre Versammlungen und bietet damit eine ausgezeichnete Umgebung für die Bürgerinnen und Bürger. Es ist eine Partnerschaft, die nicht nur das Kino, sondern auch die lokale Gemeinschaft stärkt.
Auch in Bezug auf das Gesamterlebnis haben Sie und Ihr Team weiter an der Erlebnissschraube gedreht.
Absolut, wir haben jetzt Foodtrucks, die drei unterschiedliche kulinarische Erlebnisse bieten. Zum einen haben wir «Popcorn du Chef», bei dem die Besucher ihr eigenes Popcorn nach ihren Vorlieben gestalten können – eine köstliche Mischung aus Popcorn und exquisiten Zutaten. Des Weiteren führen wir ab nächster Woche «Gasa Chilena» ein, eine Auswahl an Empanadas. Gleichzeitig bieten wir auch die klassischen Leckereien wie Zuckerwatte und Bubble Teas an, die das Kinoerlebnis auf geschmackvolle Weise abrunden.
Kino bietet, wie wir heute gehört haben, ein äusserst wirkungsvolles Umfeld für Werbemassnahmen. Ist Kino eher dem oberen Teil des Werbefunnels zuzuordnen, oder handelt es sich dabei um ein Stereotyp?
Christof Kaufmann: Das ist auch nicht zwingend der Fall. Ich bin der Überzeugung, dass Kino mit seinen einzigartigen Möglichkeiten dazu in der Lage ist, qualitativ hochwertige Kontakte zu generieren. Es ist wahrscheinlich, dass sehr verkaufsorientierte Werbung im Kino seltener anzutreffen ist. Dies liegt einerseits an der besonderen Qualität des Kinobesuchs, bei dem das Publikum wirklich im Medium eingetaucht ist und nicht abgelenkt wird. In diesem Sinne ist Interaktivität, die man manchmal mit anderen Kommunikationskanälen erreichen möchte, möglicherweise weniger relevant.
Wozu also Kinowerbung?
Kino ist der ideale Kanal, wenn es um den Aufbau von Markenwert, Premium-Positionierung, Abgrenzung und Differenzierung geht. Hier kann das Medium seine Einzigartigkeit besonders gut nutzen, um Premium-Merkmale von Produkten oder selbst Premium-Produkte herauszuheben.
Bevor wir uns gleich einen Werbeblock im grossen Imax-Kinosaal anschauen: Venanzio di Bacco, Ihr Abspann als Gastgeber?
Venanzio Di Bacco: Wir haben vorher über meine Filmfigur gesprochen, die ich gerne treffen würde. Ich möchte zur Weltmeisterschaft mit der samoanischen Fussballmannschaft gehen. Aber ich habe gemerkt, ich brauche noch einen Trainer, der mir hilft. Kommst du mit, Christof? Gemeinsam schaffen wir das.