Dreikönigstagung 2024: Schutz journalistischer Inhalte und Ausbau der Medienförderung

Verlegerpräsident Andrea Masüger fordert bei der Dreikönigstagung politische Massnahmen, um die demokratiepolitische Funktion der Schweizer Medien zu sichern. In exklusiven Werbewoche-Interviews äussern sich auch Nationalrat Jon Pult und Medienforscher Greg Piechota zum Thema.

 

Verlegerpräsident Andrea Masüger wählt an der Dreikönigstagung, dem traditionellen Jahresauftakt der Medienbranche, klare Worte. Damit die Schweizer Medien ihre demokratiepolitische Funktion aufrechterhalten können, braucht es dringend politische Massnahmen sowie einen aktiven Umgang mit den Chancen und Risiken der generativen Künstlichen Intelligenz. Damit verbunden ist ein Appell an die globalen Techplattformen nach Schutz des geistigen Eigentums und Transparenz.

Mit über 250 Vertreterinnen und Vertreter aus den Medienunternehmen, aus der Politik, den Behörden und der Wirtschaft war die traditionelle Dreikönigstagung als Jahresauftakt der Medienbranche einmal mehr ein voller Erfolg. Die vielschichtigen Herausforderungen der Branche machen Andrea Masüger, Präsident des Verlegerverbandes SCHWEIZER MEDIEN (VSM), aber Sorgen. In seiner Rede wählte er klare Worte: Um die Schlagkraft des Journalismus in der Schweiz zu erhalten, brauche es jetzt dringend notwendige politische Massnahmen, wie den befristeten Ausbau der indirekten Presseförderung für Lokal- und Regionalzeitungen, die Anpassung des Urheberrechts ans digitale Zeitalter und den internationalen Standard (Leistungsschutzrecht) sowie eine verstärkte Rücksichtnahme der SRG auf die privaten Medien. «Die scharfen Sparmassnahmen von Medienunternehmen in den letzten Tagen und Wochen zeigen, dass die Zeit drängt», so Masüger.

 

Generative KI bringt Chancen und Gefahren

Die Tagung stand voll im Zeichen der Entwicklung der generativen Künstlichen Intelligenz. Experten, Medienwissenschafter und Medienmanager loteten die Chancen und Risiken der neuen Technologie für Medien, Demokratie und Gesellschaft aus. Für Verlegerpräsident Masüger ist klar: «Die Gefahren für das Geschäftsmodell des Journalismus und für demokratiepolitische Schäden sind mindestens so gross, wie die Chancen, die KI den Medien bringen wird.» Es gelte jetzt, die Chancen aktiv zu nutzen und die Risiken zu mindern. So gibt der VSM seinen Mitgliedern Handlungsempfehlungen für den verantwortungsvollen Einsatz der KI im journalistischen Alltag und richtet gleichzeitig einen Appell an die Techplattformen: Es braucht den Schutz des geistigen Eigentums und eine faire Vergütung für die Nutzung journalistischer Inhalte, es braucht Transparenz über die Mechanismen der generativen KI und es braucht Kooperationen zwischen Medienunternehmen sowie KI-Entwicklern und -Betreibern. Nur so kann die mediale Grundversorgung im KI-Zeitalter sichergestellt werden. Und nur so können die demokratischen Prozesse auch in der Schweiz geschützt werden.

 

Pult: Politik muss sich dramatischer Finanzierungskrise stellen

Auch Jon Pult, Vize-Präsident der SP und bis Ende letzten Jahres Präsident der medienpolitisch relevanten Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen des Nationalrates, unterstrich in seiner Rede die Wichtigkeit der Medien für unsere direkte Demokratie und sieht angesichts des «dramatischen Rückgangs der Journalismusfinanzierung» nun die Politik gefordert. Denn angesichts der steigenden Desinformation «ist ein gesundes, vielfältiges Mediensystem auch eine Frage der nationalen Sicherheit». So sollen unter anderem das Leistungsschutzrecht Disparitäten im digitalen Raum verkleinern und der Ausbau der indirekten Presseförderung als notwendiges Pflaster für die Medien wirken.

Es brauche in Zukunft aber auch eine staatsferne, unabhängig ausgestaltete öffentliche Journalismus-Finanzierung im Interesse der Gesellschaft, bezahlt etwa über eine Werbesteuer. Im Kampf gegen weltweit aufstrebende Anti-Demokraten sieht Pult zudem das duale Mediensystem in der Schweiz sowie die uneingeschränkte Pressefreiheit, eine zentrale liberale Errungenschaft, als entscheidende Mittel. Dies alles sei sehr ehrlich, meint Pult mit Augenzwinkern, denn «als Nicht-Bundesrat darf ich sagen, was ich denke».

 

Greg Piechota sieht einen AI Content Tsunami auf uns zurollen

 

«Auch Werbebranche muss Verantwortung übernehmen»

Manfred Kluge, Chairman D-A-CH der Omnicom Group, sieht die Verantwortung für die so notwendige Medienvielfalt und -qualität auch bei den Werbekunden und Mediaagenturen. Der Werbemarkt werde gemäss Prognosen bis 2026 zwar wachsen, die Verteilung sich aber weiterhin extrem Richtung Search- und Social-Media-Plattformen verschieben. Zu erwarten wäre in Folge davon ein breites Mediensterben. Kluge fordert alle zum Handeln auf: Insbesondere Werbeauftraggebende und Agenturen selbst sollten bei der Vergabe ihrer Budgets qualitative Kriterien höher gewichten.

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