«Basel braucht eine Regionalzeitung»

Am 31. Oktober 2012 erscheint das Buch «Herausgefordert – Die Geschichte der Basler Zeitung». Der Herausgeber Walter Rüegg rollt mit seinem Autorenteam den Werdegang der Zeitung seit der Fusion 1976 auf und erläutert gegenüber Werbewoche.ch sein Werk.

1976 bebt die Basler Medienwelt: Basler Nachrichten und National-Zeitung fusionieren zur Basler Zeitung − für die interessierte Öffentlichkeit und die Medienszene der Schweiz ein Schock, der bis in die Gegenwart hineinwirkt. Trotz jahrelanger Kritik von Rechts und Links war das Blatt erfolgreich. Walter Rüegg und sein Autorenteam vom Seminar für Medienwissenschaft der Universität Basel – Christina Klausener, Rahel Walser und Dominic Wirz – nehmen die «Basler Fusion» zum Ausgangspunkt ihres Buches, werfen einen Blick auf die Geschichte der beiden Vorgängerzeitungen und dokumentieren die «Tragödie», deren finale Katastrophe sie im Verkauf von 2010 erkennen. Was folgt, ist eine «Komödie» um Einfluss, Macht und Monopole, und die ist längst nicht zu Ende gespielt.

Aufstieg und Niedergang

In den Neunzigern liess der Kauf eines Verlags mit Druckerei den Konzern rasch anwachsen, doch zahlreiche weitere Beteiligungen wurden bald zum Handicap. Rezession und Zeitungskrise hinterliessen Spuren, die Basler Zeitung Medien waren angeschlagen, das Unternehmen wurde 2010 an eine Bank verkauft und gehört seither einer Holding mit wechselnden Besitzern. Seitdem bleiben Fragen unbeantwortet, die für ein Medienunternehmen entscheidend sind: Was hat der Geldgeber im Hintergrund vor? Soll das Blatt für politische Anliegen instrumentalisiert werden? «Herausgefordert» erzählt die wechselvolle Geschichte eines soliden Familienunternehmens, das durch exzessive Expansion gefährdet und schliesslich zum Spielball politischer Interessen wurde.

 

«Ein Lehrstück mit grosser Dramatik»

Zusammen mit den drei jungen Medienwissenschaftlern, die dieses Jahr ihr Masterstudium an der Uni Basel abgeschlossen haben, hat Autor Rüegg das Projekt vor zwei Jahren in Zusammenarbeit mit dem Institut für Medienwissenschaft entwickelt. In Basel ist er seit drei Jahren als Lehrbeauftragter tätig – mit der Thematik des Buches setzt sich Rüegg aber schon länger auseinander: «Als früherer Verleger der Basler Zeitung und Radiodirektor von SR DRS in Basel habe ich die Entwicklung der Baz seit vielen Jahren miterlebt und verfolgt. Sie ist deshalb interessant, weil sich unternehmerische Entscheide – beziehungsweise Fehlentscheide – und die Strukturkrise der Presse in unheilvoller Weise überlagern» sagt er gegenüber Werbewoche.ch. Die Motivation, über die Zeitung ein Buch zu schreiben, gründet jedoch tiefer: «Die Geschichte der Baz ist ein Lehrstück mit grosser Dramatik. Das spricht für die Wahl dieses «Untersuchungsobjekts». Aber auch die Tatsache, dass das Medienunternehmen in der Universitätsstadt Basel seinen Sitz hat und sein Schicksal die Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt kümmern muss.» Mit Ausnahme der kurzen Darstellung von Christian Mensch bestehe keine umfassende Darstellung der Geschichte der Basler Zeitung. Zusätzlich habe sich das Institut für Medienwissenschaft für diese konkreten Fragestellungen vor der eigenen Haustür interessiert, so Rüegg.

Keine Zukunftsprognose

Angesprochen auf die Zukunft der Basler Zeitung wagt Rüegg keine Prognose. Er wünsche sich, dass Basel eine Zeitung bekomme, die von der Mehrheit der Bevölkerung geschätzt und respektiert wird. «Basel braucht eine Regionalzeitung. Ob das in Zukunft die Baz sein wird, ist offen.» Jedoch bezweifelt Rüegg, dass die Baz als «konservativ eingefärbte Tageszeitung» eine nationale Ausstrahlung bekommen kann. Auch wenn das aus Sicht von Christoph Blocher sicherlich wünschenswert wäre, fügt er an. Aber dazu sei sie auf ihrem Heimmarkt zu umstritten und geschwächt – und ausserdem bräuchte es dazu «ziemlich viel Geld».

Zufrieden mit dem Resultat

Mit dem Buch ist Rüegg zufrieden. Interessant mache das Werk nicht nur die fundierte und sorgfältige Darstellung der Geschichte der Zeitung, sondern diejenige des gesamten Unternehmens, welche vor der Fusion beginne. «Der mit Zahlen und Fakten belegte Niedergang und seine (Hinter-)Gründe – all das gabs bisher nicht», so Rüegg gegenüber Werbewoche.ch. Zudem würde die vielfältige Sicht auf die Baz durch die zehn Gastautoren – darunter alle vier noch lebenden Chefredaktoren – die Recherchen des Autorenteams vervollständigen.

Thomas Häusermann

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Teaserbild: Keystone
 

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