Zack! auf den Punkt!
Martin Rutishauser ist Texter aus Leidenschaft. Zusammen mit Matthias Troller ist er Trollhauser, Textagentur für alle Fälle. Rutishauser mag lange Sätze, Anzeigen texten, Bier und Champions League. Weniger lustig findet er Redigierarbeit.
Martin Rutishauser sitzt am Tisch beim Fenster im Trollhauser-Büro. Früher war hier eine Möbelschreinerei, später ein Blumenladen, dann ein Grafikatelier. «Mir gefällt die Idee, dass hier vor uns schon Handwerk und Schönheit zuhause waren.» Schönes Handwerk, das passe zu Trollhauser. Texten sei im Wesentlichen schliesslich genau das: Handwerk, das gemischt mit ein paar guten Ideen etwas möglichst Schönes ergeben soll. Das Texter-Handwerk wird bei der Luzerner Textwerkstatt in unterschiedlichen Facetten ausgeübt. Von ausführlich bis konzentriert, von trocken bis lebendig, von der Anzeige über Websites bis zu Reportagen. So vielfältig wie die Textsorten sind auch die Auftraggeber: Hotels, Weinbauern, Architekten, Spitäler – von der Einzelperson bis zum Grossunternehmen. «Wir texten eigentlich für alles. Besonders gerne für KMUs, die liegen uns irgendwie am Herzen».
«Momentan warten auf mich eine Reportage über Schweizer Kaninchenfleisch, eine Spital-Broschüre, Websitetexte und eine Bedienungsanleitung für eine Schallzahnbürste …» Diese Abwechslung schätzt er an seinem Job. Was textet er am allerliebsten? «Inserate. Inserate finde ich geil, sie sind sehr beschränkt im Platz, das zwingt mich, extrem dicht zu texten. Knapp, aber mit einem guten Schuss Tonalität plus Bildidee – mache ich einfach gerne.» Aber auch Texte, die weniger komprimiert sind, mag er. Bis hin zu Buchtexten. Zum Beispiel für «50 Jahre Frauenzentrale Luzern» oder «Engelberg», die beide mit dem Preis des Bundesamts für Kultur als «Schönste Bücher der Schweiz» ausgezeichnet wurden. Oder für «Der Wandel baut mit. Umbau-Geschichten zum Hauptsitz der Zürcher Kantonalbank». Oder, soeben erschienen, das Wanderbuch «Thank you for going the distance». Da hat Rutishauser die Texte des Autors Jürg Schaffhuser von der Agentur Velvet bearbeitet: «Man kann nicht 12 000 Kilometer wandern und gleichzeitig noch fotografieren und texten.»
«Mir wird manchmal halb trümmlig, wenn Fluten von Adjektiven auf mich zustürzen.»
Sogar der Bedienungsanleitung für eine Schallzahnbürste nähert er sich wohlwollend: «Ich muss mich einfach darauf einlassen, eine gute Anleitung zu schreiben, ist auch eine Herausforderung, schlechte kennen wir ja alle.» Also, alles andere als langweilig, der Einstellung sei Dank.
Weniger gerne mag Martin Rutishauser Redigierarbeiten. «Mir wird manchmal halb trümmlig, wenn Fluten von Adjektiven auf mich zustürzen.» Weniger ist mehr. Auch bei Füllwörtern. «Ich lasse darum meine Texte ab und an durch Bullshit-Detektoren wie den Blablameter oder Füllwort-Filter laufen, zur Selbstkontrolle selten, eher um ein ungutes Gefühl in Bezug auf einen Text bestätigt zu sehen.» Bei ausgelutschten Worthülsen stellen sich beim gebürtigen Ilanzer ebenfalls die Nackenhaare auf. «Lange Sätze finde ich hingegen cool, auch wenn es immer heisst: möglichst knapp, eine Aussage pro Satz. Lange Sätze, wenn sie denn schön gebaut sind – super!»
Neben dem Schreiben nimmt die Beratung eine wichtige Position im Texter-Alltag ein. «Ideal ist, wenn wir von Beginn an mit dabei sind. Heisst weniger Rettungsarbeit, dafür mehr Gestalten.»
Rutishauser, Troller und das Gürteltier
Seit fünf Jahren texten Martin Rutishauser und Matthias Troller gemeinsam als Trollhauser. Nach Jahren bei Agenturen und in der Kommunikation war die Zeit für etwas Eigenes gekommen. Zu hektisch, zu unfrei war das, was sie kannten.
Schon während des Studiums in Basel (Philosophie, BWL und Soziologie) schrieb Martin Rutishauser. Erster Auftrag: Texte zu einem Katalog für Völkl-Snowboards. «Unser Akkordeonist – die Band gibts immer noch, ‹Jolly and the Flytrap›, und immer noch unbekannt – hatte die Kunstgewerbeschule gemacht, und in seinem Betrieb suchte man einen Texter, also warum nicht den Typen fragen, der schon die Songtexte für die Band schrieb.» Die Texterei über die Song-Grenze hinaus gefiel ihm. Nach einem Ausflug in die Unternehmensberatung am Malik Management Zentrum St. Gallen kam er über einen freien Auftrag zur Agentur Velvet. Eine Woche arbeitete er mit der Velvet-Crew, entstanden ist das Instant Magazine «La Brévine», das vom ADC eine Auszeichnung erhielt. Aus frei wurde fest, Rutishauser stieg als Berater bei der Agentur ein. «Es hat sich dann gezeigt, dass ich doch eher zum Texter tauge.»
Neben 60 Stellenprozent bei Trollhauser arbeitet Rutishauser seit fast zehn Jahren Teilzeit als Texter und «Kommunikatiönler» an der Heilpraktikerschule Luzern. Komplett in die Selbstständigkeit zu wechseln, war ihm zu Beginn zu unsicher. «Ich habe Familie, da brauche ich Sicherheit, ausserdem mache ich diesen Job einfach gerne.»
Auch Rutishausers Partner Matthias Troller hatte nach dem Studium erst einen anderen Weg eingeschlagen und war Kantonsschullehrer. Kennengelernt haben sich die beiden Texter in der Werbeagentur Ottiger & Partner BSW. «Als ich dort gekündigt wurde – es war wohl schon sehr luxuriös, zwei Texter zu beschäftigen –, gingen wir weiter zusammen Bier trinken und Champions League schauen.» Irgendwann kam Troller mit einem Konzept für eine eigene Texterei zu einem solchen Treffen. «Matthias’ Konzept war ordentlich auf dem Computer geschrieben. Lustig war, dass ich genau die gleiche Idee hatte. Allerdings hatte ich es auf ein paar Post-it-Zettelchen festgehalten.» Kurze Zeit später hatten sie ein Büro gefunden. «Es ging wirklich sehr schnell», erinnert sich Rutishauser. Einer der ersten Aufträge war ein gewonnener Pitch: «Die Geschichte eines Schoggiherstellers in Worte fassen, interessanterweise für den chinesischen Markt …»
Das war 2012. Trollhauser feiern dieses Jahr ihren fünften Geburtstag. Ein neues Mitglied hat die Texterei bekommen, Luzia Popp, freie Mitarbeiterin, absolviert gerade das CAS Corporate Writer der Schweizerischen Text Akademie. Ansonsten sind es immer noch die Gleichen: Troller, Rutishauser und das Gürteltier. «Das Gürteltier kam einfach zu uns, zwar nur als Idee, aber es ist geblieben. Es ist unser Maskottchen.»
Die enge Zusammenarbeit hat sich in den vergangenen Jahren bewährt, bietet für Rutishauser und Troller gegenüber dem Alleingang, aber auch gegenüber der Arbeit in einem grossen Team überwiegend Vorteile. «Weil wir so klein sind, läuft unser Alltag unbürokratisch ab, ohne starre Regeln. Wir geben uns gegenseitig Feedback und unterstützen uns. Konflikte tragen wir sofort aus.» Geschäftsleitungssitzungen finden alle zwei Wochen statt – im Restaurant. «Für mich stimmt das so», sagt Martin Rutishauser. Im Hintergrund, von seinem Arbeitsplatz am Stehpult her, bestätigt Troller die Worte seines Partners. «Passt einfach so, wie es ist.» Nicht nur in Bezug auf die Grösse ihrer Agentur sind sich die beiden einig, auch die Qualität ihrer Arbeit werten sie gleich: «Unsere Texte sollen 100 Prozent Trollhauser sein, dieser Anspruch wird nicht unterschritten. Trollhauser, das heisst: Zack! auf den Punkt!». (Text und Aufmacher: Nora Dämpfle)
Die Trollhauser-Geschichte in acht Bildern, geschaffen von Solange Ehrler: