Werbung mit Auskunft

Bakom und Werbeauftraggeber bestimmen, ob es bald eine Gratisauskunft gibt

Bakom und Werbeauftraggeber bestimmen, ob es bald eine Gratisauskunft gibtVon Markus KnöpfliSpätestens ab Mai lanciert die Firma Pearsoft einen Telefonauskunftsdienst. Im Vergleich zum «Fräulein vom Amt» der Swisscom wird der Pearsoft-Dienst aber viel günstiger. Vielleicht sogar gratis, da werbefinanziert. Falls Pearsoft genug «Sponsoren» findet.
Hans Schweizer möchte sein Grosi anrufen, doch hat er die Nummer verlegt. Soll er die Auskunft anrufen? Ach was, der Anruf ist nicht so dringend, dass sich 1.60 Franken lohnen. Diese Summe kassiert die Swisscom, auch wenn sie keine Nummer findet. Aber halt, da gibt es doch neu die Gratismöglichkeit 1811 der Firma Pear… Pearcing? – nein, Pearsite?…ist doch egal, Hauptsache gratis. Schweizer wählt. Dann hört er: «Grüezi, händ Sie Ihri Ovi hüt scho gha? Nid? Dänn nüt wie los, im Coop isch grad Aktion…». Schweizer ist baff. Doch schon meldet sich eine freundliche Stimme «Pearsoft-Gratisauskunft, Sie wünschen?» «Bitte e heissi Ovi», stammelt Schweizer verwirrt. Dann besinnt er sich: «Äh, nein, die Telefonnumer meines Grosis.»
Zu solchen oder ähnlichen Verwirrungen könnte es in spätestens zwei Monaten kommen. Dann startet der Internetserviceprovider Pearsoft den eigenen Auskunftsdienst. Ob dem tatsächlich ein Werbespot vorangeschaltet und damit der Anruf gratis sein oder ob er – ohne Spot – etwas kosten wird, wenn auch nur rund die Hälfte wie bei Swisscom, das ist gemäss Pearsoft-Inhaber Daniel Neuweiler noch offen.
Neuweiler macht die Einrichtung der werbefinanzierten Version davon abhängig, ob er bis zum Start genug Auftraggeber findet, die einen Spot schalten. Dieser sollte höchstens zehn Sekunden lang sein, denn «die Anrufer dürfen nicht zu fest verärgert werden».
Da der Anrufer in vielen Fällen mittels Anrufidentifikation geografisch geortet werden kann, ist auch das Schalten regionaler Spots möglich. Über Tarife mag sich Neuweiler nicht äussern, doch gibt er zu, dass er mindestens 80 Rappen pro Anruf benötigt, um kostendeckend zu arbeiten. Die Spotakquisition erfolgt derzeit über eine Werbeagentur, die Neuweiler noch nicht nennen will.
Doch wer will vor einer Adressauskunft einen Werbespot hören? Grundsätzlich jede und jeder, ist Neuweiler überzeugt. Denn die Swisscom-Auskünfte seien teuer, vor allem für Handybenützer, deshalb würden auch gut betuchte Personen einen Zehn-Sekunden-Spot über sich ergehen lassen.
Vierstellige Dienstnummern mit schwierigen Bedingungen
«Damit macht man nur den Konsumenten verrückt, denn er kann nicht ausweichen», meint dagegen Karin Wietlisbach, Werbekoordinatorin für VW bei der AMAG. «Ich kann mir kein Produkt vorstellen, das man so bewerben kann.» Auch Christina Hertig, Kommunikationsleiterin der Bon Appétit Group, glaubt nicht, dass «die Schweizer mit ihrem grossen Anteil an Stoppklebern am Briefkasten» freiwillig Werbung hören wollen. «Es wird sicher SWA-Mitglieder geben, die jubeln», sagt dagegen Fredy Schwab, Direktor des Schweizerischen Werbeauftraggeber-Verbandes.
Wie dem auch sei: Wie Pearsoft sind auch Xentel und Tele 2 einer werbefinanzierten Gratisauskunft nicht ganz abgeneigt. Die drei gehören zu den rund 20 Firmen, die Ende Januar vom Bundesamt für Kommunikation (Bakom) eine vierstellige Telefonnummer für einen Auskunftsdienst zugelost erhalten haben.
Doch die Bedingungen für die Konzession seien schwierig zu erfüllen und vor allem erst im Nachhinein bekannt gegeben worden, heisst es. So darf die Swisscom die bekannte Nummer 111 vorläufig weiterführen, was ihr erlaubt, in Sachen Auskunftsdienste weiterhin die Poleposition zu besetzen.
Zudem muss, wer die Konzession behalten will, mindestens fünf Millionen Anrufe pro Jahr verzeichnen – rund ein Zehntel des Swisscom-Volumens. Bei Pearsoft war man bisher davon ausgegangen, täglich vorerst etwa 6000 Anrufe mit 20 Personen bearbeiten zu müssen. Macht pro Jahr aber nur gerade gut zwei Millionen Anrufe. Das treibt Pearsoft und andere Anbieter in die Enge. Man muss nochmals über die Bücher. Die Swisscom-Konkurrenten prüfen deshalb gemeinsame Schritte gegen das Bakom.

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