Rückenwind im Blätterwald

Die Schweizer Presse lanciert eine Marketingoffensive und nimmt Stellung zur Politik

Die Schweizer Presse lanciert eine Marketingoffensive und nimmt Stellung zur PolitikVon Bruno Amstutz Seit hundert Tagen ist der Verband Schweizer Presse nach einer neuen Struktur organisiert. An einer Medienorientierung stellte er die Marketingkampagne Printland Schweiz vor und nahm zu aktuellen medienpolitischen Fragen Stellung.
Als Einheit sollen die Printmedien durch den Verband Schweizer Presse auftreten, und nicht mehr aufgegliedert nach Mediengattungen. Seit gut drei Monaten hat sich deshalb der Verband in sieben Fachgebieten organisiert: Nutzermarkt, Werbemarkt, Bildung, Recht, Ethik, Distribution und Technologie. Jedes Gebiet verfügt über einen Vorsitzenden und zusätzlich ein verantwortliches Mitglied in der Geschäftsstelle. Die Mediengattungen können sich als Projektgruppen innerhalb der Departemente organisieren.
Als grössten Vorteil nannte Geschäftsführerin Eva Keller die Möglichkeit, nach Themen gewichtete Aktionen durchzuführen. So könne der Verband mehr Leistung zum selben Preis erbringen.
Was die Finanzierung angeht, hat sich der Verband zum Ziel gesetzt, seine Kosten künftig ausschliesslich aus der Betriebsrechnung zu decken und auf die Finanzierung durch Rückstellungen und Stiftungen zu verzichten. Deshalb sollen neue Mitglieder gewonnen werden. Dabei denkt der Verband vor allem an branchennahe Unternehmen, die als assoziierte Mitglieder allerdings über kein Stimmrecht verfügen werden.
Marketingoffensive für das Printland Schweiz
Nach abgeschlossener Restrukturierung setzt der Verband jetzt eine Marketingkampagne unter dem Label Printland Schweiz in Gang. Sie soll nach dem Willen der Schweizer Presse die Überlegenheit von Printwerbung in der Schweiz darlegen. Seit dem 22. April erscheinen ganzseitige Anzeigen in 60 Zeitungen und Zeitschriften aller Sprachregionen. Sie werden ergänzt durch die Website Printland.ch, eine Dokumentation und ein Ausbildungsangebot für Mitarbeitende im Aussendienst.
Die Dokumentation streicht den grossen Anteil der Printwerbung im helvetischen Mediamix sowie die hohe Zeitungsdichte heraus und positioniert die Schweiz auch von der Medienlandschaft her als Sonderfall in Europa. Entsprechend werden die Exponenten multinationaler Unternehmen durch die Kampagne aufgefordert, in der Schweiz mehr in die Printwerbung zu investieren als in anderen europäischen Ländern.
Sechs Spitzenmanager von global tätigen Unternehmen wie BMW, Hewlett Packard oder Orange geben in den Anzeigensujets Auskunft über ihr Werbeverhalten und suggerieren den Zusammenhang zwischen intensiver Printwerbung und erfolgreichen Marken.
Brennpunkte: Presseförderung und Gebührensplitting
Als medienpolitische Brennpunkte ortet der Verband die Presseförderung und das Gebührensplitting. Dringlichkeitsstatus habe die anstehende Teilrevision der Postverordnung. Die Postzustellungsabgeltung von 100 Millionen Franken, die der Bund als Entschädigung für den verbilligten Transport von Zeitungen und Zeitschriften an die Post bezahlt, könnten bis Januar 2003 um 30 Millionen Franken gekürzt werden.
Gegen diesen Rückzug des Bundes will sich die Schweizer Presse wehren. Sie betrachtet die geplanten Kürzungen als Sabotierung laufender Revisionsarbeiten innerhalb des Verbandes. Daniel Kaczynski, Rechtskonsulent und Mitglied der Geschäftsleitung des Verbandes, nannte die Nachteile, welche die Revision bringen würde, beim Namen: Die grossen Zeitungen mit hoher Auflage könnten mit der Post Einzelverträge abschliessen oder auf private Verteilsysteme umsteigen. Die eingesparten Millionen hingegen würden auf die Regional- und Lokaltitel abgewälzt, die mit Preiserhöhungen reagieren müssten.
Die Presseförderung wäre damit sabotiert. Zwar könnten die regionalen und lokalen Titel von Treueprämien der Post profitieren, was der Verband begrüsst, doch über diesen hinge das Schwert der Schuldenbremse des Bundes.
Die Schweizer Presse will vorerst den Status quo der Distribution erhalten und selber ein funktionstüchtiges neues System mitkonzipieren. Der interne Meinungsbildungsprozess sei allerdings noch nicht abgeschlossen.
Für TV-Liberalisierung trotz negativer Auswirkungen
Grundsätzlich vertritt der Verband beim zur Diskussion stehenden Gebührensplitting den Standpunkt, dass Gebühren der SRG zufallen sollen, Werbegelder hingegen den Privatsendern. Gemäss Präsident Hans Heinrich Coninx will der Verband bei der Liberalisierung eine zustimmende Haltung vertreten. Das beinhalte auch die Befürwortung von Tabak- und Alkoholwerbung auf Privatsendern, selbst wenn dadurch Werbegelder aus den Printmedien abfliessen könnten.
Vom neuen RTVG erhofft sich die Schweizer Presse, dass auch Sender ohne Konzession ihr Programm frei verbreiten können. Konzessionierte Privatsender sollen aber 6 Prozent der Gebührengelder für sich beanspruchen können, wenn sie Qualitätsstandards im Sinn eines Service public genügen. Die Konzession würde somit vom Verbreitungsrecht zu einem Qualitätssiegel.
Am Jahreskongress der Schweizer Presse werden diese Themen weiter diskutiert. Er findet dieses Jahr vom 12. bis 14. September in St. Moritz statt.

Weitere Artikel zum Thema