Nachts leuchten nur die Statuen
Nordkorea ist noch das einzige werbefreie Land der Welt. Doch das wird sich vielleicht dank ABB bald ändern
Nordkorea ist noch das einzige werbefreie Land der Welt. Doch das wird sich vielleicht dank ABB bald ändernVon Werner CatrinaNirgendwo ist in der nordkoreanischen Metropole Pjöngjang Werbung zu sehen – ausser staatliche Propaganda. Nachts leuchten nur die Statuten des Grossen Führers und seines Sohnes. In den Regalen der Läden liegt ein spärliches Angebot an Waren. Doch die Zeiten ändern sich: Bald darf ABB als erste Westfirma ihr Logo anbringen.
Aus dem Fenster der eben gelandeten Iljuschin der nordkoreanischen Air Koryo erblicken wir ein riesiges Porträt des Grossen Führers Kim Il Sung. Wir sind nach anderthalbstündigem Flug von Peking auf dem Flughafen von Pjöngjang gelandet, der von Gerüchten umwobenen Hauptstadt Nordkoreas. Kommerzielle Werbung gibt es hier nicht, allein der allmächtige kommunistische Staat wirbt mit Parolen und heroischen Bildern.
Statt der klapprigen Busse russischer Bauart stehen Mercedes vor dem Terminal; Funktionärskarossen und Limousinen für Diplomaten und ankommende wichtige Delegationen. Wir Besucher aus Europa kommen uns vor wie Pandabären im Zoo. Denn Nordkorea verzeichnet im Jahr nur gerade 100000 Ankünfte von Ausländern, neun Zehntel davon sind Chinesen. Touristen und Geschäftsleute aus Europa sind rar.
Über die leere Flughafenautobahn fährt unsere kleine Gruppe von Journalisten und Reisefachleuten, «behütet» von einer nordkoreanischen Reiseleiterin und zwei Reiseleitern, nach Pjöngjang hinein. Wo sich in andern asiatischen Städten eine schrille Werbewand an die andere reiht, ziehen hier zwischen Airport und City vor dem Busfenster braune Reisfelder vorüber. Menschen arbeiten mit Sicheln auf den Äckern, da und dort zieht eine Kuh einen zweirädrigen Karren. Im ganzen Land ist der motorisierte Verkehr fast inexistent, da es keine privaten Autos gibt. Hie und da taucht ein Bus auf, manchmal ein Funktionärswagen; Lastwagen dürfen auf den Autobahnen nicht fahren.
In allen Metropolen dieser Welt rücken elektronische Leinwände und Megaplakate Konsumgüter ins richtige Licht. In Pjöngjang werben handgemalte Riesenfresken und gigantische rote Sterne einzig und allein für die Segnungen der kommunistischen Partei Nordkoreas, die ihr 55-jähriges Bestehen zelebriert.
Beim Monument des Grossen Führers Kim Il Sung, einer Bronzestatue so hoch wie ein Kirchturm, machen wir den ersten Halt. Soldaten, Schüler und Hochzeitsgesellschaften nähern sich schweigend, verneigen sich und legen Blumen nieder. Der 1994 verstorbene Kim Il Sung bleibt über seinen Tod hinaus «auf ewige Zeiten» Staatspräsident. Auch dies ein weltweites Unikum.
Keine Coca-Cola-Werbung, kein Waschpulverplakat
«We try harder» wirbt ein amerikanischer Autovermieter mit rotem Label rund um den Globus, jedoch nicht in Nordkorea. Hier ist die Farbe Rot bis dato der Kommunistischen Partei der Arbeit Koreas mit ihrer auf Unabhängigkeit gegründeten «Juche-Doktrin» vorbehalten. Traurige Ironie: Seit Mitte der Neunzigerjahre wird das Land von einer dramatischen Hungersnot heimgesucht und hängt am Tropf der ausländischen Nahrungsmittelhilfe, von der das Volk jedoch nichts Konkretes erfährt.
Die von knapp drei Millionen Menschen bewohnte Metropole Pjöngjang ist die einzige Hauptstadt auf Erden ohne jede kommerzielle Werbung. Kein Coca-Cola-Schild, keine Reklame für Waschpulver oder gar Computer lenken ab von den Bildnissen Kim Il Sungs und seines Nachfolgers, Kim Jong Il.
Die mitten durch Pjöngjang führende Siegesstrasse wirkt wie verfremdete Champs-Elysées ohne Läden und Restaurants. Für staatliche Funktionäre und Ausländer gibt es ausser den Hotelrestaurants noch einige wenige weitere Gaststätten in der Stadt, wo man zu westlichen Preisen bei Soju (Reiswein) schlemmen kann.
Wie im Krieg werden die knappen Lebensmittel den Bewohnern vom Staat zugeteilt. Davon spüren die Touristen freilich nichts, sie bezahlen für ein achttägiges Pauschalarrangement ab Peking inklusive Visum gegen 3000 Franken und werden üppig verpflegt.
Der Dollar wird zu einem Mondkurs umgerechnet
Besucher aus andern Ländern können ihre Dollars in eine Ausländerwährung wechseln und an besonderen Verkaufsstellen Importprodukte kaufen. Für einen Dollar blätterte man uns 2,2 Won auf den Tresen, ein Mondkurs. In China bekomme man für einen einzigen Dollar weit über hundert nordkoreanische Won, weiss ein Geschäftsmann aus Malaysia.
Gläser mit Nescafé stehen in den Regalen eines kleinen Kaufhauses für Ausländer, Pampers für Diplomatenkinder und Stereoanlagen aus Japan sind aufgereiht. Sogar Weisswein aus der Schweiz haben wir entdeckt. Dutzende gleicher Dosen mit Thunfisch füllen ein ganzes Gestell, daneben sind grosse Flächen leer. Ginsengprodukte, eines der wenigen Exportgüter des Landes, stehen zum Verkauf. Wegen des absurden Wechselkurses ist aber alles teurer als in Tokio.
Im Stadion gibts kein
Schälchen Reis und keinen Tee
Das grösste Kaufhaus im Zentrum der Stadt ist morgens um elf noch geschlossen, der riesige Platz davor beklemmend leer. In den Schaufenstern, die an Schweizer Volksmagazine in den Fünfzigerjahren erinnern, sind Kleider ausgestellt, deren Schnitt auf der Strasse niemand trägt. Wir haben weder Märkte gesehen noch Läden, in denen man den Eindruck hatte, dass wirklich gekauft wird. Wie wir von unsern Reiseleitern erfahren, verdienen alle Nordkoreanerinnen und Nordkoreaner 200 Won im Monat, zehn Prozent davon kostet die Wohnung. Wo die Menschen den Rest ausgeben, blieb ein Rätsel.
Im werbefreien May-Day-Stadion mit seinen 150000 Plätzen gibt es keinen einzigen Getränkestand. Unmöglich, nur ein Schälchen Reis mit Gemüse oder ein Glas Tee zu kaufen. Mit leerem Magen machen sich die Menschenmassen nach der Jubelschau der Partei durch dunkle Strassen zu Fuss auf den Heimweg.
Die Strassen von Pjöngjang sind klinisch rein, denn in dieser konsumabstinenten Welt gibt es nichts wegzuwerfen. Brigaden von Werktätigen schrubben im Übrigen täglich Gehsteige und Plätze, «Freiwillige» kauern vor Statuen und Triumphbögen auf den Knien und fegen den Boden.
Der Fernseher im Pyongyang Koryo Hotel bietet – wie alle Apparate im Lande – nur das Programm des staatlichen Senders mit glücklichen Gesichtern, Massenparaden, jubelnden Kinderchören, idyllischen Landschaften und dem Bildnis des Grossen Führers und seines Sohnes. Werbeblocks und Nachrichtensendungen gibt es nicht, nur staatliche Verlautbarungen, Propaganda.
Immerhin haben die Nordkoreaner vom überraschenden Treffen ihres lieben Führers, Kim Jong Il, mit dem südkoreanischen Präsidenten Kim Dae Jung erfahren, und auch vom herzzerreissenden gegenseitigen Besuch von Verwandten, die sich fünfzig Jahre nicht mehr sehen durften. Dass Kim Dae Jung für seine Versöhnungspolitik den Friedensnobelpreis erhielt, verschweigen die Medien dem Volk.
Heroische Fresken in der
werbefreien Metro
Der Staat rührt mit grösster Kelle an: Pjöngjang verfügt über mehr Stadien als die meisten Städte der Welt. Auch hier nicht die kleinste Werbung für ein Konsumprodukt. Die Strassen sind breiter als in Paris, die Monumente höher als in Washington. Auf den leeren Plätzen ebenso wie in den Hallen der Metro klingt von irgendwoher pompöse Musik. Auch in der Untergrundbahn fehlt kommerzielle Werbung vollständig. Dagegen illuminieren Kronleuchter heroische Fresken. Die Menschen wirken gut gekleidet, Armut haben wir in Pjöngjang nicht gesehen; die Hungergebiete liegen auf dem Land, abgelegen im Norden. Der Blick in die Lebensverhältnisse der Nordkoreaner bleibt Ausländern absolut verwehrt. Wie lange dieser rigide Staat das Informationsmonopol in der vernetzten Welt wahren kann, bleibt offen.
Der Strom für Pjöngjang werde aus den Randregionen abgezogen, die oft in Dunkelheit lägen, weiss ein Gruppenteilnehmer, der Nordkorea schon zum zweiten Mal bereist. Nachts wirkt auch die Hauptstadt dunkel, nur die illuminierten Statuen und Prachtbauten ragen aus der Finsternis auf.
Doch Hilfe für die marode Infrastruktur naht aus dem Westen. In der letzten Novemberwoche 2000 weilte ABB-Chef Göran Lindahl auf Einladung der Regierung zu Besuch in Pjöngjang. Lindahl ist der erste Boss eines westlichen Unternehmens, das mit den nordkoreanischen Machthabern ins Geschäft kommt.
ABB hat mit der Demokratischen Volksrepublik Korea einen langfristigen Kooperationsvertrag unterzeichnet; Spezialisten des schweizerisch-schwedischen Technologiekonzerns sollen die veralteten Stromnetze modernisieren und die vorsintflutlichen Steuerungssysteme nordkoreanischer Kraftwerke und Industriebetriebe aufrüsten. Es ist absehbar, dass der dynamische Konzern als Pionier schon bald auf dem letzten weissen Fleck der Werbewelt seine Botschaft ausposaunen darf: «ABB – global and local».
Abgeschottet
Aus dem Fenster der eben gelandeten Iljuschin der nordkoreanischen Air Koryo erblicken wir ein riesiges Porträt des Grossen Führers Kim Il Sung. Wir sind nach anderthalbstündigem Flug von Peking auf dem Flughafen von Pjöngjang gelandet, der von Gerüchten umwobenen Hauptstadt Nordkoreas. Kommerzielle Werbung gibt es hier nicht, allein der allmächtige kommunistische Staat wirbt mit Parolen und heroischen Bildern.
Statt der klapprigen Busse russischer Bauart stehen Mercedes vor dem Terminal; Funktionärskarossen und Limousinen für Diplomaten und ankommende wichtige Delegationen. Wir Besucher aus Europa kommen uns vor wie Pandabären im Zoo. Denn Nordkorea verzeichnet im Jahr nur gerade 100000 Ankünfte von Ausländern, neun Zehntel davon sind Chinesen. Touristen und Geschäftsleute aus Europa sind rar.
Über die leere Flughafenautobahn fährt unsere kleine Gruppe von Journalisten und Reisefachleuten, «behütet» von einer nordkoreanischen Reiseleiterin und zwei Reiseleitern, nach Pjöngjang hinein. Wo sich in andern asiatischen Städten eine schrille Werbewand an die andere reiht, ziehen hier zwischen Airport und City vor dem Busfenster braune Reisfelder vorüber. Menschen arbeiten mit Sicheln auf den Äckern, da und dort zieht eine Kuh einen zweirädrigen Karren. Im ganzen Land ist der motorisierte Verkehr fast inexistent, da es keine privaten Autos gibt. Hie und da taucht ein Bus auf, manchmal ein Funktionärswagen; Lastwagen dürfen auf den Autobahnen nicht fahren.
In allen Metropolen dieser Welt rücken elektronische Leinwände und Megaplakate Konsumgüter ins richtige Licht. In Pjöngjang werben handgemalte Riesenfresken und gigantische rote Sterne einzig und allein für die Segnungen der kommunistischen Partei Nordkoreas, die ihr 55-jähriges Bestehen zelebriert.
Beim Monument des Grossen Führers Kim Il Sung, einer Bronzestatue so hoch wie ein Kirchturm, machen wir den ersten Halt. Soldaten, Schüler und Hochzeitsgesellschaften nähern sich schweigend, verneigen sich und legen Blumen nieder. Der 1994 verstorbene Kim Il Sung bleibt über seinen Tod hinaus «auf ewige Zeiten» Staatspräsident. Auch dies ein weltweites Unikum.
Keine Coca-Cola-Werbung, kein Waschpulverplakat
«We try harder» wirbt ein amerikanischer Autovermieter mit rotem Label rund um den Globus, jedoch nicht in Nordkorea. Hier ist die Farbe Rot bis dato der Kommunistischen Partei der Arbeit Koreas mit ihrer auf Unabhängigkeit gegründeten «Juche-Doktrin» vorbehalten. Traurige Ironie: Seit Mitte der Neunzigerjahre wird das Land von einer dramatischen Hungersnot heimgesucht und hängt am Tropf der ausländischen Nahrungsmittelhilfe, von der das Volk jedoch nichts Konkretes erfährt.
Die von knapp drei Millionen Menschen bewohnte Metropole Pjöngjang ist die einzige Hauptstadt auf Erden ohne jede kommerzielle Werbung. Kein Coca-Cola-Schild, keine Reklame für Waschpulver oder gar Computer lenken ab von den Bildnissen Kim Il Sungs und seines Nachfolgers, Kim Jong Il.
Die mitten durch Pjöngjang führende Siegesstrasse wirkt wie verfremdete Champs-Elysées ohne Läden und Restaurants. Für staatliche Funktionäre und Ausländer gibt es ausser den Hotelrestaurants noch einige wenige weitere Gaststätten in der Stadt, wo man zu westlichen Preisen bei Soju (Reiswein) schlemmen kann.
Wie im Krieg werden die knappen Lebensmittel den Bewohnern vom Staat zugeteilt. Davon spüren die Touristen freilich nichts, sie bezahlen für ein achttägiges Pauschalarrangement ab Peking inklusive Visum gegen 3000 Franken und werden üppig verpflegt.
Der Dollar wird zu einem Mondkurs umgerechnet
Besucher aus andern Ländern können ihre Dollars in eine Ausländerwährung wechseln und an besonderen Verkaufsstellen Importprodukte kaufen. Für einen Dollar blätterte man uns 2,2 Won auf den Tresen, ein Mondkurs. In China bekomme man für einen einzigen Dollar weit über hundert nordkoreanische Won, weiss ein Geschäftsmann aus Malaysia.
Gläser mit Nescafé stehen in den Regalen eines kleinen Kaufhauses für Ausländer, Pampers für Diplomatenkinder und Stereoanlagen aus Japan sind aufgereiht. Sogar Weisswein aus der Schweiz haben wir entdeckt. Dutzende gleicher Dosen mit Thunfisch füllen ein ganzes Gestell, daneben sind grosse Flächen leer. Ginsengprodukte, eines der wenigen Exportgüter des Landes, stehen zum Verkauf. Wegen des absurden Wechselkurses ist aber alles teurer als in Tokio.
Im Stadion gibts kein
Schälchen Reis und keinen Tee
Das grösste Kaufhaus im Zentrum der Stadt ist morgens um elf noch geschlossen, der riesige Platz davor beklemmend leer. In den Schaufenstern, die an Schweizer Volksmagazine in den Fünfzigerjahren erinnern, sind Kleider ausgestellt, deren Schnitt auf der Strasse niemand trägt. Wir haben weder Märkte gesehen noch Läden, in denen man den Eindruck hatte, dass wirklich gekauft wird. Wie wir von unsern Reiseleitern erfahren, verdienen alle Nordkoreanerinnen und Nordkoreaner 200 Won im Monat, zehn Prozent davon kostet die Wohnung. Wo die Menschen den Rest ausgeben, blieb ein Rätsel.
Im werbefreien May-Day-Stadion mit seinen 150000 Plätzen gibt es keinen einzigen Getränkestand. Unmöglich, nur ein Schälchen Reis mit Gemüse oder ein Glas Tee zu kaufen. Mit leerem Magen machen sich die Menschenmassen nach der Jubelschau der Partei durch dunkle Strassen zu Fuss auf den Heimweg.
Die Strassen von Pjöngjang sind klinisch rein, denn in dieser konsumabstinenten Welt gibt es nichts wegzuwerfen. Brigaden von Werktätigen schrubben im Übrigen täglich Gehsteige und Plätze, «Freiwillige» kauern vor Statuen und Triumphbögen auf den Knien und fegen den Boden.
Der Fernseher im Pyongyang Koryo Hotel bietet – wie alle Apparate im Lande – nur das Programm des staatlichen Senders mit glücklichen Gesichtern, Massenparaden, jubelnden Kinderchören, idyllischen Landschaften und dem Bildnis des Grossen Führers und seines Sohnes. Werbeblocks und Nachrichtensendungen gibt es nicht, nur staatliche Verlautbarungen, Propaganda.
Immerhin haben die Nordkoreaner vom überraschenden Treffen ihres lieben Führers, Kim Jong Il, mit dem südkoreanischen Präsidenten Kim Dae Jung erfahren, und auch vom herzzerreissenden gegenseitigen Besuch von Verwandten, die sich fünfzig Jahre nicht mehr sehen durften. Dass Kim Dae Jung für seine Versöhnungspolitik den Friedensnobelpreis erhielt, verschweigen die Medien dem Volk.
Heroische Fresken in der
werbefreien Metro
Der Staat rührt mit grösster Kelle an: Pjöngjang verfügt über mehr Stadien als die meisten Städte der Welt. Auch hier nicht die kleinste Werbung für ein Konsumprodukt. Die Strassen sind breiter als in Paris, die Monumente höher als in Washington. Auf den leeren Plätzen ebenso wie in den Hallen der Metro klingt von irgendwoher pompöse Musik. Auch in der Untergrundbahn fehlt kommerzielle Werbung vollständig. Dagegen illuminieren Kronleuchter heroische Fresken. Die Menschen wirken gut gekleidet, Armut haben wir in Pjöngjang nicht gesehen; die Hungergebiete liegen auf dem Land, abgelegen im Norden. Der Blick in die Lebensverhältnisse der Nordkoreaner bleibt Ausländern absolut verwehrt. Wie lange dieser rigide Staat das Informationsmonopol in der vernetzten Welt wahren kann, bleibt offen.
Der Strom für Pjöngjang werde aus den Randregionen abgezogen, die oft in Dunkelheit lägen, weiss ein Gruppenteilnehmer, der Nordkorea schon zum zweiten Mal bereist. Nachts wirkt auch die Hauptstadt dunkel, nur die illuminierten Statuen und Prachtbauten ragen aus der Finsternis auf.
Doch Hilfe für die marode Infrastruktur naht aus dem Westen. In der letzten Novemberwoche 2000 weilte ABB-Chef Göran Lindahl auf Einladung der Regierung zu Besuch in Pjöngjang. Lindahl ist der erste Boss eines westlichen Unternehmens, das mit den nordkoreanischen Machthabern ins Geschäft kommt.
ABB hat mit der Demokratischen Volksrepublik Korea einen langfristigen Kooperationsvertrag unterzeichnet; Spezialisten des schweizerisch-schwedischen Technologiekonzerns sollen die veralteten Stromnetze modernisieren und die vorsintflutlichen Steuerungssysteme nordkoreanischer Kraftwerke und Industriebetriebe aufrüsten. Es ist absehbar, dass der dynamische Konzern als Pionier schon bald auf dem letzten weissen Fleck der Werbewelt seine Botschaft ausposaunen darf: «ABB – global and local».
Abgeschottet
Die Demokratische Volksrepublik Korea ist dreimal so gross wie die Schweiz und zählt 23 Millionen Einwohner. Für die koreanische Halbinsel war das 20. Jahrhundert über weite Strecken eine Epoche des Schreckens. Der jahrzehntelangen brutalen Kolonisierung durch Japan folgte der verheerende Koreakrieg (1950–53), in dem das Land zwischen die Mühlsteine der Grossmächte USA, Russland und China geriet. Der Krieg endete mit der Teilung des Landes. Im Süden zogen Zehntausende amerikanischer Soldaten als Schutzmacht ein. Das kommunistische Nordkorea isolierte sich in den letzten Jahrzehnten immer mehr. Jetzt soll das Land unter Druck der wirtschaftlichen Misere vorsichtig geöffnet werden.