«Kommunikation braucht Theorie»

Ein neues Buch des Designtheoretikers Matthias Götz präsentiert Wirkung der Form und Formen der Wirkung

Ein neues Buch des Designtheoretikers Matthias Götz präsentiert Wirkung der Form und Formen der WirkungDesign wirkt in alle Kommunikationsbereiche hinein, auch in die Werbung. Wie verhält sich diese Theorie zur Praxis? Antwort auf diese Frage gibt ein Gespräch mit Matthias Götz, Professor für Designtheorie an der Hochschule für Kunst und Design, Burg Giebichenstein, Halle. Und ein Buch zum Thema «Formen der Wirkung, Wirkung der Form».Wozu braucht jemand, der in der Kommunikation arbeitet, Designtheorie?
Matthias Götz: Ob jemand Designtheorie nur in der Kommunikation braucht, weiss ich nicht. Sofern man Kommunikation als eine Form des Designs betrachtet, braucht es auch Theorie. Eine Theorie löst im Allgemeinen die Probleme, die die Praxis aufwirft, und wenn sie sie nicht löst, dann beschäftigt sie sich zumindest intensiver damit.
Und wozu dient einem Werber Designtheorie?
Götz: Weil es nie schadet, etwas mehr Hintergrund zu haben, als die Praxis allein liefern kann. Und zwar aus Gründen der Praxis wäre das praktisch.
Was liefert sie ihm für Erkenntnisse, wenn er sich damit beschäftigt?
Götz: Das kann man nicht in einem Wort sagen. Ich bin ein Anhänger der indirekten Theorie. Ich meine nicht, dass Theorie dazu da ist, dem Gestalter zu sagen, das wird rot oder das wird lila, das wird eckig oder das wird rund. Indirekte Theorie heisst tatsächlich so etwas wie eine Hintergrundbildung, auf die man zurückgreifen kann und vor der sich dann das praktische Resultat auch darstellt. Wie ein Bühnenbild in einer Aufführung.
Design wird vor allem in den Bereichen der Kommunikation eingesetzt, in denen es darum geht, eine Marke zu bilden oder eine Corporate Identity zu schaffen. Wie verhält sich Designtheorie zu solchen Aufgaben?
Götz: Man spricht mittlerweile auch von der Philosophie eines Unternehmens oder einer Marke. Je weiter sich diese Markengesellschaft entwickelt hat, umso theoretischer ist sie geworden, und gerade das Entwerfen solcher Erscheinungsphilosophien selber ist theoretischer geworden. Heute werden ganze Identitätssysteme gebildet, zum Beispiel von Zintzmeyer & Lux oder anderen Unternehmen. Die Aufgabe selbst hat sich ganz weit weg vom Reissbrett entwickelt und befindet sich sehr nahe bei der Ideenfindung, der Systembildung, mit einem Wort: bei der Theorie.
Ist das Schwächerwerden und Verschwinden von Marken darauf zurückzuführen, dass das Markendesign zu wenig durchdacht gewesen war?
Götz: Das lässt sich so schwer beurteilen oder empirisch verifizieren. Man muss gar keine Angst vor dieser Markenvielfalt haben. Durch die vielen hektischen Firmenzusammenschlüsse nimmt die Zahl der Marken, die zu diesem Informationsoverkill geführt haben, auch wieder regelmässig ab.
Nun sind durch Fusionen auch neue Marken gebildet worden, Novartis in Basel wäre ein gutes Beispiel dafür. Ein Markenkonstrukt, das vermutlich über Erkenntnisse aus der Designtheorie entstanden ist…
Götz: Das würde ich sogar bestreiten, weil das von der Erscheinung her kein besonderes Konstrukt ist. Die Künstlichkeit dieser ganzen Angelegenheit trägt Novartis sogar im Namen. So was Kantiges wie das Deutsche-Bank-Zeichen aus den Siebzigerjahren von Stankowski ist in der Langzeitwirkung wesentlich stabiler.
Sie sind nicht nur in Halle als Professor tätig, Sie sind in Basel auch geschäftsführender Gesellschafter des Museums für Gestaltung und führen das Museum auf privater Basis. Wie geht es mit dieser Basler Institution weiter?
Götz: Es geht auf jeden Fall weiter. Bruno Haldner, mein Partner, und ich haben das Museum jetzt auch schon zehn Jahre lang geführt, zum Teil mit staatlicher Unterstützung, zum Teil mit privaten Mitteln. Auch im nächsten Jahr ist damit zu rechnen, dass wir in Basel anspruchsvolle und ansprechende Ausstellungen machen werden. Interview: Carlo Bernasconi
Wie Tabasco auch noch wirkt

Rund 200 Dozenten, Studenten und Gäste der Hochschule für Kunst und Design in Halle diskutierten Ende November auf Burg Giebichenstein am 18. Designtheoretischen Symposion den so genannten Tabasco-Effekt. Unter dem Subtitel «Formen der Wirkung – Wirkung der Form» äusserten sich unter anderem der Berner Mediziner Josef Amrein zum Placebo-Effekt und der Zürcher Philosoph Gonsalv K. Mainberger zur Wirkung der Rhetorik. Die Symposionsbeiträge sind vorab als Buch erschienen: «Der Tabasco-Effekt», Schwabe Verlag, Basel, 29 Franken, ISBN 3-7965-1506-1.

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