«In der Werbung ist die Vielfalt nicht in Gefahr»
Carlo Schmid-Sutter über Tabakwerbung, RTVG, Internet und Sponsoring
Carlo Schmid-Sutter über Tabakwerbung, RTVG, Internet und Sponsoring«In der Werbung ist die Vielfalt nicht in Gefahr»
Bereits Mitte Mai wird Carlo Schmid-Sutters Initiative für Werbeerleichterungen zu Gunsten der Privatfernsehbetreiber diskutiert. Der Präsident des Verbandes Schweizer Werbung (SW) geht davon aus, dass die Revision des Radio- und TV-Gesetzes länger dauern wird.
Welche Traktanden sind für Sie an der 76. Generalversammlung des SW die wichtigsten?
Carlo Schmid-Sutter: Die GV hat weniger einen operativen Auftrag. Hier legt man Rechenschaft ab und veranstaltet Wahlen. Heuer haben wir die Verabschiedung eines langjährigen Mitarbeiters traktandiert: Hanspeter Marti verlässt nach 30 Jahren den Verband. Er war das rechtliche Gewissen der Schweizer Werbung. Und so gesehen ist das «Personelle» an dieser GV ein wichtiges Traktandum.
Ein schon länger schwelendes rechtliches Problem ist die Zigarettenwerbung. Die WHO will ein totales Verbot in zwei Jahren. Die Schweiz hat bei der Antitabakkonvention in Genf ein totales Werbeverbot nicht unterstützt. Wie kommentieren Sie die Situation?
Schmid: Ich bin an sich glücklich, dass das Bundesamt für Gesundheitswesen (BAG), das jetzt für den Bund die Federführung in dieser Sache hat, nicht auf ein komplettes Verbot der Tabakwerbung eingeschwenkt ist. Das BAG sagt: Bestimmte Beschränkungen der Werbung im Bereich des Jugendschutzes sind notwendig. Das unterstützen wir auch. Ich bin überzeugt, dass wir mit dem BAG unter solchen Voraussetzungen gut arbeiten können. Ich halte aber klar fest, dass Werbefreiheit im Rahmen des Rechts und der Sittlichkeit, wie es in Artikel 20 des OR heisst, erlaubt sein muss. In diesem Zusammenhang ist es unsere Aufgabe, einen Einsatz für die Meinungsfreiheit, Informationsfreiheit und Wirtschaftsfreiheit zu leisten. Ich werde mich weiterhin für dieses Problem einsetzen.
Sie haben im Parlament eine Initiative eingereicht für die Bewilligung von Unterbrecherwerbung im Privatfernsehen sowie die Erlaubnis für die Bewerbung von leichten alkoholischen Getränken. Wie ist hier der Stand der Dinge?
Schmid: Am 17. und 18. Mai wird die Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen diese Initiative behandeln. Als Initiant werde ich sie dort vertreten. Ihr Zweck besteht darin, in Zusammenhang mit der grossen Revision des Radio- und Fernsehgesetzes (RTVG) diejenigen Punkte zeitlich vorzuziehen, die ich selber für mehr oder weniger unbestritten halte, die aber für die privaten Sender einen wichtigen Schritt vorwärts bedeuten könnten. Ich beurteile heute die ganze Diskussion ums RTVG als derart komplex, dass ich nicht daran glaube, dass diese Revision schnell über die Bühne geht.
Ein grosser TV-Hit ist zurzeit die «Millionärsshow». RTL mit seinem Werbefenster in der Schweiz darf die einstündige Sendung mehrmals unterbrechen. TV 3 nicht. Ist das nicht eine ungerechte Konkurrenzhilfe für Sender aus dem Ausland?
Schmid: Sie sagen es!
Sie haben im Parlament eine Gruppe mit 70 National- und Ständeräten zum Thema «Kommerzielle Kommunikation» ins Leben gerufen. Wie sieht die politische Durchmischung dieser Gruppe aus?
Schmid: Die Gruppe ist mehrheitlich bürgerlich, weil die bürgerlichen Fraktionen auch die Mehrheit im Parlament haben. Es wirken aber auch Rote und Grüne bei uns mit.
Im Ständerat haben Sie dazu beigetragen, dass das neue Filmgesetz noch einmal behandelt werden muss. Einige Produzenten sind jetzt böse auf Sie. Verstehen Sie das?
Schmid: Dieser Entscheid ist nach wie vor richtig. Ich kann nicht bei den Werbern für Freiheit einstehen und auf der anderen Seite Beschränkungen befürworten. Man muss fördern, nicht beschränken. Und fördern heisst nicht, dass ich von den Kinobesitzern verlange, dass sie mir auf die Minute genau vorrechnen, wie viele schweizerische und wie viele ausländische Filme sie gezeigt haben – damit ich dann mit einem staatlichen Leitbild die Ausgeglichenheit prüfen und bei Nichterfüllung die Bussen verteilen kann. Strafe und Busse ist nicht das, was ich unter Kulturförderung verstehe. Deshalb habe ich gesagt, das sei ein Polizeigesetz. Ich bin für die Filmförderung. Es ist aber nicht richtig, wenn man quasi Strafzölle erhebt und damit die Filmförderung finanziert.
Eine Idee für das neue RTVG wäre: Das Schweizer TV verzichtet auf Sponsoringgelder.
Schmid: Ich finde es heikel, zwischen Sponsoring und Werbung in einem derart exakten Sinn zu unterscheiden. Abgesehen davon wären viele wertvolle Sendungen ohne Sponsoring gar nicht mehr möglich. Und was machen wir dann? Bussenzettel auf der Strasse verteilen, damit wir das Fernsehen finanzieren können? Noch einmal: Ich will fördern – aber nur, wenn ich dafür nicht bestrafen muss.
Internetwerbung ist ein anderes Kapitel mit noch unbekannter Zukunft. Sehen Sie als Politiker hier einen baldigen Handlungsbedarf?
Schmid: Wir haben im Parlament einen Vorstoss von Nationalrätin Simonetta Sommaruga in Bezug auf das Spaming. Das ist nicht sehr sympathisch, weil die Selbstregulierung namentlich durch die Lauterkeit für mich durchaus auch eine Möglichkeit gewesen wäre. Aber was Frau Sommaruga aufgeworfen hat, ist richtig. Man darf dieses neue Medium nicht mit Spaming blockieren und so unappetitlich machen.
Bundesrätin Ruth Metzler forderte an der letztjährigen SW-GV in ihrer Rede mehr Lauterkeit in
der politischen Werbung. Ist diese Forderung erfüllt worden?
Schmid: Nein. Da ist nichts gegangen in diese Richtung. Ich vertrete nämlich die Auffassung: Es ist sicher nicht an uns, im Bereich der Lauterkeit in der politischen Werbung irgendetwas zu unternehmen. Wenn schon, dann wäre das Sache der Lauterkeitskommission. Aber in der politischen Werbung haben wir ja bereits einen Schiedsrichter, und das ist das Wahlvolk. Wer zu stark foult, bekommt die gelbe Karte gezeigt. Das funktioniert automatisch.
Die drei grössten Werbekonzerne der Welt erreichen gemeinsam einen Marktanteil von 38,6 Prozent am weltweiten Werbeaufkommen. In den USA ist die Machtballung noch grösser. Was heisst das für Sie?
Schmid: Das heisst, dass das Geschäft der Werbung natürlich ähnlich strukturiert ist wie andere Branchen. Auch im Foodbereich haben wir in der Schweiz zwei riesige Player, die untereinander das Feld aufteilen. Aber überall hat es Chancen auch für andere, ins Geschäft zu kommen und sich kreativ zu behaupten. Genauso ist in der Werbung die Vielfalt nicht in Gefahr. Der Wettbewerb wird zum Rechten schauen. Interview: Andreas Panzeri
Bereits Mitte Mai wird Carlo Schmid-Sutters Initiative für Werbeerleichterungen zu Gunsten der Privatfernsehbetreiber diskutiert. Der Präsident des Verbandes Schweizer Werbung (SW) geht davon aus, dass die Revision des Radio- und TV-Gesetzes länger dauern wird.
Welche Traktanden sind für Sie an der 76. Generalversammlung des SW die wichtigsten?
Carlo Schmid-Sutter: Die GV hat weniger einen operativen Auftrag. Hier legt man Rechenschaft ab und veranstaltet Wahlen. Heuer haben wir die Verabschiedung eines langjährigen Mitarbeiters traktandiert: Hanspeter Marti verlässt nach 30 Jahren den Verband. Er war das rechtliche Gewissen der Schweizer Werbung. Und so gesehen ist das «Personelle» an dieser GV ein wichtiges Traktandum.
Ein schon länger schwelendes rechtliches Problem ist die Zigarettenwerbung. Die WHO will ein totales Verbot in zwei Jahren. Die Schweiz hat bei der Antitabakkonvention in Genf ein totales Werbeverbot nicht unterstützt. Wie kommentieren Sie die Situation?
Schmid: Ich bin an sich glücklich, dass das Bundesamt für Gesundheitswesen (BAG), das jetzt für den Bund die Federführung in dieser Sache hat, nicht auf ein komplettes Verbot der Tabakwerbung eingeschwenkt ist. Das BAG sagt: Bestimmte Beschränkungen der Werbung im Bereich des Jugendschutzes sind notwendig. Das unterstützen wir auch. Ich bin überzeugt, dass wir mit dem BAG unter solchen Voraussetzungen gut arbeiten können. Ich halte aber klar fest, dass Werbefreiheit im Rahmen des Rechts und der Sittlichkeit, wie es in Artikel 20 des OR heisst, erlaubt sein muss. In diesem Zusammenhang ist es unsere Aufgabe, einen Einsatz für die Meinungsfreiheit, Informationsfreiheit und Wirtschaftsfreiheit zu leisten. Ich werde mich weiterhin für dieses Problem einsetzen.
Sie haben im Parlament eine Initiative eingereicht für die Bewilligung von Unterbrecherwerbung im Privatfernsehen sowie die Erlaubnis für die Bewerbung von leichten alkoholischen Getränken. Wie ist hier der Stand der Dinge?
Schmid: Am 17. und 18. Mai wird die Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen diese Initiative behandeln. Als Initiant werde ich sie dort vertreten. Ihr Zweck besteht darin, in Zusammenhang mit der grossen Revision des Radio- und Fernsehgesetzes (RTVG) diejenigen Punkte zeitlich vorzuziehen, die ich selber für mehr oder weniger unbestritten halte, die aber für die privaten Sender einen wichtigen Schritt vorwärts bedeuten könnten. Ich beurteile heute die ganze Diskussion ums RTVG als derart komplex, dass ich nicht daran glaube, dass diese Revision schnell über die Bühne geht.
Ein grosser TV-Hit ist zurzeit die «Millionärsshow». RTL mit seinem Werbefenster in der Schweiz darf die einstündige Sendung mehrmals unterbrechen. TV 3 nicht. Ist das nicht eine ungerechte Konkurrenzhilfe für Sender aus dem Ausland?
Schmid: Sie sagen es!
Sie haben im Parlament eine Gruppe mit 70 National- und Ständeräten zum Thema «Kommerzielle Kommunikation» ins Leben gerufen. Wie sieht die politische Durchmischung dieser Gruppe aus?
Schmid: Die Gruppe ist mehrheitlich bürgerlich, weil die bürgerlichen Fraktionen auch die Mehrheit im Parlament haben. Es wirken aber auch Rote und Grüne bei uns mit.
Im Ständerat haben Sie dazu beigetragen, dass das neue Filmgesetz noch einmal behandelt werden muss. Einige Produzenten sind jetzt böse auf Sie. Verstehen Sie das?
Schmid: Dieser Entscheid ist nach wie vor richtig. Ich kann nicht bei den Werbern für Freiheit einstehen und auf der anderen Seite Beschränkungen befürworten. Man muss fördern, nicht beschränken. Und fördern heisst nicht, dass ich von den Kinobesitzern verlange, dass sie mir auf die Minute genau vorrechnen, wie viele schweizerische und wie viele ausländische Filme sie gezeigt haben – damit ich dann mit einem staatlichen Leitbild die Ausgeglichenheit prüfen und bei Nichterfüllung die Bussen verteilen kann. Strafe und Busse ist nicht das, was ich unter Kulturförderung verstehe. Deshalb habe ich gesagt, das sei ein Polizeigesetz. Ich bin für die Filmförderung. Es ist aber nicht richtig, wenn man quasi Strafzölle erhebt und damit die Filmförderung finanziert.
Eine Idee für das neue RTVG wäre: Das Schweizer TV verzichtet auf Sponsoringgelder.
Schmid: Ich finde es heikel, zwischen Sponsoring und Werbung in einem derart exakten Sinn zu unterscheiden. Abgesehen davon wären viele wertvolle Sendungen ohne Sponsoring gar nicht mehr möglich. Und was machen wir dann? Bussenzettel auf der Strasse verteilen, damit wir das Fernsehen finanzieren können? Noch einmal: Ich will fördern – aber nur, wenn ich dafür nicht bestrafen muss.
Internetwerbung ist ein anderes Kapitel mit noch unbekannter Zukunft. Sehen Sie als Politiker hier einen baldigen Handlungsbedarf?
Schmid: Wir haben im Parlament einen Vorstoss von Nationalrätin Simonetta Sommaruga in Bezug auf das Spaming. Das ist nicht sehr sympathisch, weil die Selbstregulierung namentlich durch die Lauterkeit für mich durchaus auch eine Möglichkeit gewesen wäre. Aber was Frau Sommaruga aufgeworfen hat, ist richtig. Man darf dieses neue Medium nicht mit Spaming blockieren und so unappetitlich machen.
Bundesrätin Ruth Metzler forderte an der letztjährigen SW-GV in ihrer Rede mehr Lauterkeit in
der politischen Werbung. Ist diese Forderung erfüllt worden?
Schmid: Nein. Da ist nichts gegangen in diese Richtung. Ich vertrete nämlich die Auffassung: Es ist sicher nicht an uns, im Bereich der Lauterkeit in der politischen Werbung irgendetwas zu unternehmen. Wenn schon, dann wäre das Sache der Lauterkeitskommission. Aber in der politischen Werbung haben wir ja bereits einen Schiedsrichter, und das ist das Wahlvolk. Wer zu stark foult, bekommt die gelbe Karte gezeigt. Das funktioniert automatisch.
Die drei grössten Werbekonzerne der Welt erreichen gemeinsam einen Marktanteil von 38,6 Prozent am weltweiten Werbeaufkommen. In den USA ist die Machtballung noch grösser. Was heisst das für Sie?
Schmid: Das heisst, dass das Geschäft der Werbung natürlich ähnlich strukturiert ist wie andere Branchen. Auch im Foodbereich haben wir in der Schweiz zwei riesige Player, die untereinander das Feld aufteilen. Aber überall hat es Chancen auch für andere, ins Geschäft zu kommen und sich kreativ zu behaupten. Genauso ist in der Werbung die Vielfalt nicht in Gefahr. Der Wettbewerb wird zum Rechten schauen. Interview: Andreas Panzeri