Im Würgegriff der EU-Regeln
SWA präsentiert Leistungsbilanz 1999 und diskutiert Anforderungen für das neue Radio- und Fernsehgesetz
SWA präsentiert Leistungsbilanz 1999 und diskutiert Anforderungen für das neue Radio- und FernsehgesetzVon Daniel Schifferle Das neue Radio- und Fernsehgesetz sei überholt, bevor es in Kraft tritt, befürchteten die Teilnehmer einer Podiumsdiskussion des Schweizer Werbeauftraggeber Verbands (SWA). Den Weg zu liberaleren Schweizer Werberegeln vereitle uns die EU, die gegenwärtig eine sehr restriktive Politik fährt.
Der Kampf um liberalere Rahmenbedingungen für die Werbung ist eine der Hauptaufgaben, die sich der Schweizerische Werbeauftraggeber Verband (SWA) auf die Fahne geschrieben hat. «Was kann und muss die aktuelle Revision des Radio- und Fernsehgesetzes (RTVG) dazu beitragen?», hiess die Frage, die am diesjährigen Event des SWA unter der Leitung des Zürcher Publizisten Alex Bänninger diskutiert wurde. Mit auf dem Podium befanden sich Michael Ringier, SRG-Chef Armin Walpen, SW-Präsident Carlo Schmid und Sabena- CEO Paul Reutlinger.
Bänninger kritisierte in seiner Einführung grundsätzlich das Strategiepapier des Bundesrates, das einerseits das Gebührenmonopol der SRG noch akzentuiert, andererseits den Privaten eine Entbindung von bisherigen Werbebeschränkungen zugesteht.
«Damit wird getrennt zwischen der publizistisch staatstragenden SRG oberhalb der Gürtellinie vom Entertainment der Privaten unterhalb der Gürtellinie», sagte Bänninger. Die Medienpolitik werde in eine Fürsorgepolitik verwandelt «mit einem privilegierten Réduit für die SRG und einem Schlittergarten ohne Sicherung für die Privaten». Den Revisionsplänen mangelt es laut Bänninger am radikalen Aufbruch, der die Radikalität der technologischen Entwicklung berücksichtige.
«Das Gesetz schafft keine Pluralität»
Besorgt zeigte sich Bänninger insbesondere auch angesichts des «Schneckentempos», mit dem die Revision vor sich geht. Bereits beim geplanten In-Kraft-Treten des Gesetzes Anfang 2004 könnten sich die subtilen Unterscheidungen in Programmrundfunk, Zugriffsdienste und Internet in Luft aufgelöst haben, sagte er. Um dies zu verhindern, müsse der Gesetzgeber die Zukunft noch viel pointierter als «E.-Future» erfassen und interpretieren.
Pluralität und Qualität heissen laut Bänninger die Eigenschaften, die ein im Publikums- und Werbemarkt erfolgreiches Mediensystem einlösen muss. Michael Ringier stellte in Abrede, dass die Gesetzgebung hier überhaupt einen Einfluss habe. «Es sind die Zuschauer, die entscheiden», sagte Ringier, «das ist die schmerzliche Erfahrung aller, die es mit neuen TV-Programmen versuchten». Mit den fast dreissig empfangbaren deutschsprachigen Programmen sei der hiesige TV-Markt gesättigt, da könne man das Gesetz ausgestalten, wie man wolle.
Eine Sättigung ortete SRG-Chef Armin Walpen vor allem bei den schweizerischen Inhalten, wie die Einstellung des Programmfensters von RTL/Pro 7 demonstriert habe. Walpen: «Als RTL/Pro 7 startete, sackten die Marktanteile bei Pro 7 regelrecht ab, nach der Absetzung des Fensters sind sie wieder am Wachsen.» Für Michael Ringier ist klar: «Da wurde ein Programm gemacht, das es bei den einheimischen Sendern schon gibt und das die Leute deshalb gar nicht sehen wollen.» Wer die deutschen Sender wähle, tue dies wegen der Serien, die dort liefen, und nicht wegen der schweizerischen Programme, sagte der Konzernchef.
Sorge bereitete den Gesprächsteilnehmern der restriktive Kurs, den die EU-Staaten in Sachen Werbeverbote eingeschlagen haben. Nicht nur Tabak- und Alkoholwerbung sind bedroht, auch die Werbung für Kinderspielsachen und Textilien steht zur Diskussion.
Warnung vor vorauseilendem Gehorsam der EU gegenüber
Und dies ausgerechnet in einer Zeit, da die Schweiz liberalisieren will. Geht die Entwicklung in der EU so weiter, dann wird die Schweiz mit dem revidierten RTVG ein viel liberaleres Werberecht erhalten als die umliegenden Länder. Sabena-Chef Paul Reutlinger warnte vor dem sprichwörtlichen «vorauseilenden Gehorsam» gegenüber der EU und plädierte für einen eigenen Weg in unserem Land. «Warum halten wir es nicht mehr aus, einen eigenen Zug zu fahren und dafür womöglich auch Repressionen zu erleiden?», fragte Reutlinger.
Doch ob sich die Frage nach dem «eigenen Zug» überhaupt stellen wird, zogen verschiedene Gesprächsteilnehmer in Zweifel. «Sie glauben doch nicht, dass ein Tabakkonzern extra für die Schweiz teure Werbefilme produziert», sagte Michael Ringier, «wenn Brüssel etwas beschliesst, dann ist nicht mehr relevant, was in unserem eigenen Gesetz steht.»
Hoffen auf die Lobbystärke der deutschen Verleger
Aber wird die drohende Suppe voller Werbeverbote tatsächlich so heiss gegessen, wie sie momentan gekocht wird? «Die starke Lobby der deutschen Verleger wird ein Gegengewicht setzen und das Worst-Case-Szenario verhindern», ist Ringier überzeugt. Sollte das Unerwartete trotzdem eintreffen, glaubt Paul Reutlinger an die Kreativität der Werbewirtschaft: «Die Werbung wird dann neue Kanäle erschliessen wie zum Beispiel das Internet, wo es diese Einschränkungen nicht gibt.»
Neben der drohenden Werbeverbotslawine gab auch die kritische Haltung der EU gegenüber den TV- und Radiogebühren zu reden. In unserem Land sei das kaum ein Thema, meinten die Diskussionsteilnehmer übereinstimmend. «Gebühren abschaffen hiesse für unser Land, kein Fernsehen mehr zu haben, so einfach ist das», sagte Armin Walpen. Michael Ringier schrieb der SRG sogar eine ähnlich wichtige integrative Aufgabe zu, wie sie früher die Armee hatte, und meinte: «Wer diese Schweiz will, der muss auch Ja sagen zur Finanzierung der SRG.»
Plädoyer für ein schlankes Gesetz mit wenig Regelungen
Am Schluss der Diskussion plädierten die Diskussionsteilnehmer für einen gebremsten Regelungseifer des Gesetzgebers. «Möglichst wenig präjudizieren, Gesetze so formulieren, dass auf Verwaltungsstufe reagiert werden kann, Hände weg von der rundfunkrechtlichen Regelung des Internets», verlangte Carlo Schmid. Nur so sei die nötige Offenheit für die dynamische Entwicklung im Kommunikationsbereich gegeben.
Der Kampf um liberalere Rahmenbedingungen für die Werbung ist eine der Hauptaufgaben, die sich der Schweizerische Werbeauftraggeber Verband (SWA) auf die Fahne geschrieben hat. «Was kann und muss die aktuelle Revision des Radio- und Fernsehgesetzes (RTVG) dazu beitragen?», hiess die Frage, die am diesjährigen Event des SWA unter der Leitung des Zürcher Publizisten Alex Bänninger diskutiert wurde. Mit auf dem Podium befanden sich Michael Ringier, SRG-Chef Armin Walpen, SW-Präsident Carlo Schmid und Sabena- CEO Paul Reutlinger.
Bänninger kritisierte in seiner Einführung grundsätzlich das Strategiepapier des Bundesrates, das einerseits das Gebührenmonopol der SRG noch akzentuiert, andererseits den Privaten eine Entbindung von bisherigen Werbebeschränkungen zugesteht.
«Damit wird getrennt zwischen der publizistisch staatstragenden SRG oberhalb der Gürtellinie vom Entertainment der Privaten unterhalb der Gürtellinie», sagte Bänninger. Die Medienpolitik werde in eine Fürsorgepolitik verwandelt «mit einem privilegierten Réduit für die SRG und einem Schlittergarten ohne Sicherung für die Privaten». Den Revisionsplänen mangelt es laut Bänninger am radikalen Aufbruch, der die Radikalität der technologischen Entwicklung berücksichtige.
«Das Gesetz schafft keine Pluralität»
Besorgt zeigte sich Bänninger insbesondere auch angesichts des «Schneckentempos», mit dem die Revision vor sich geht. Bereits beim geplanten In-Kraft-Treten des Gesetzes Anfang 2004 könnten sich die subtilen Unterscheidungen in Programmrundfunk, Zugriffsdienste und Internet in Luft aufgelöst haben, sagte er. Um dies zu verhindern, müsse der Gesetzgeber die Zukunft noch viel pointierter als «E.-Future» erfassen und interpretieren.
Pluralität und Qualität heissen laut Bänninger die Eigenschaften, die ein im Publikums- und Werbemarkt erfolgreiches Mediensystem einlösen muss. Michael Ringier stellte in Abrede, dass die Gesetzgebung hier überhaupt einen Einfluss habe. «Es sind die Zuschauer, die entscheiden», sagte Ringier, «das ist die schmerzliche Erfahrung aller, die es mit neuen TV-Programmen versuchten». Mit den fast dreissig empfangbaren deutschsprachigen Programmen sei der hiesige TV-Markt gesättigt, da könne man das Gesetz ausgestalten, wie man wolle.
Eine Sättigung ortete SRG-Chef Armin Walpen vor allem bei den schweizerischen Inhalten, wie die Einstellung des Programmfensters von RTL/Pro 7 demonstriert habe. Walpen: «Als RTL/Pro 7 startete, sackten die Marktanteile bei Pro 7 regelrecht ab, nach der Absetzung des Fensters sind sie wieder am Wachsen.» Für Michael Ringier ist klar: «Da wurde ein Programm gemacht, das es bei den einheimischen Sendern schon gibt und das die Leute deshalb gar nicht sehen wollen.» Wer die deutschen Sender wähle, tue dies wegen der Serien, die dort liefen, und nicht wegen der schweizerischen Programme, sagte der Konzernchef.
Sorge bereitete den Gesprächsteilnehmern der restriktive Kurs, den die EU-Staaten in Sachen Werbeverbote eingeschlagen haben. Nicht nur Tabak- und Alkoholwerbung sind bedroht, auch die Werbung für Kinderspielsachen und Textilien steht zur Diskussion.
Warnung vor vorauseilendem Gehorsam der EU gegenüber
Und dies ausgerechnet in einer Zeit, da die Schweiz liberalisieren will. Geht die Entwicklung in der EU so weiter, dann wird die Schweiz mit dem revidierten RTVG ein viel liberaleres Werberecht erhalten als die umliegenden Länder. Sabena-Chef Paul Reutlinger warnte vor dem sprichwörtlichen «vorauseilenden Gehorsam» gegenüber der EU und plädierte für einen eigenen Weg in unserem Land. «Warum halten wir es nicht mehr aus, einen eigenen Zug zu fahren und dafür womöglich auch Repressionen zu erleiden?», fragte Reutlinger.
Doch ob sich die Frage nach dem «eigenen Zug» überhaupt stellen wird, zogen verschiedene Gesprächsteilnehmer in Zweifel. «Sie glauben doch nicht, dass ein Tabakkonzern extra für die Schweiz teure Werbefilme produziert», sagte Michael Ringier, «wenn Brüssel etwas beschliesst, dann ist nicht mehr relevant, was in unserem eigenen Gesetz steht.»
Hoffen auf die Lobbystärke der deutschen Verleger
Aber wird die drohende Suppe voller Werbeverbote tatsächlich so heiss gegessen, wie sie momentan gekocht wird? «Die starke Lobby der deutschen Verleger wird ein Gegengewicht setzen und das Worst-Case-Szenario verhindern», ist Ringier überzeugt. Sollte das Unerwartete trotzdem eintreffen, glaubt Paul Reutlinger an die Kreativität der Werbewirtschaft: «Die Werbung wird dann neue Kanäle erschliessen wie zum Beispiel das Internet, wo es diese Einschränkungen nicht gibt.»
Neben der drohenden Werbeverbotslawine gab auch die kritische Haltung der EU gegenüber den TV- und Radiogebühren zu reden. In unserem Land sei das kaum ein Thema, meinten die Diskussionsteilnehmer übereinstimmend. «Gebühren abschaffen hiesse für unser Land, kein Fernsehen mehr zu haben, so einfach ist das», sagte Armin Walpen. Michael Ringier schrieb der SRG sogar eine ähnlich wichtige integrative Aufgabe zu, wie sie früher die Armee hatte, und meinte: «Wer diese Schweiz will, der muss auch Ja sagen zur Finanzierung der SRG.»
Plädoyer für ein schlankes Gesetz mit wenig Regelungen
Am Schluss der Diskussion plädierten die Diskussionsteilnehmer für einen gebremsten Regelungseifer des Gesetzgebers. «Möglichst wenig präjudizieren, Gesetze so formulieren, dass auf Verwaltungsstufe reagiert werden kann, Hände weg von der rundfunkrechtlichen Regelung des Internets», verlangte Carlo Schmid. Nur so sei die nötige Offenheit für die dynamische Entwicklung im Kommunikationsbereich gegeben.