Dumme Frauen kaufen gerne ein
US-Magazine und -TV-Stationen haben die Errungenschaften des Feminismus rückgängig gemacht
US-Magazine und -TV-Stationen haben die Errungenschaften des Feminismus rückgängig gemachtVon Thérèse Balduzzi Amerikanische Frauen werden zurzeit mit einer Fülle von Medien- und Marketingangeboten umworben, die vorgeben, speziell auf die Bedürfnisse der modernen, berufstätigen Frau zugeschnitten zu sein. Websites, Fernsehsendungen, sogar ganze Kabelsender richten sich spezifisch an Frauen. Bei Lichte besehen fällt das Angebot enttäuschend aus.
Unter grosser Medienbeachtung wurde kürzlich der Kabelsender Oxygen lanciert. Oxygen Media kombiniert eine Kabelfernsehstation und ein Internetnetwork zu einem Unterhaltungs- und Marketingkonglomerat, das sich an «moderne» Frauen richtet. Der Sender enthält ein Sportprogramm, Yoga, eine Comedy-serie, einen Trickfilm mit dem Titel «X-Chromosome», eine Talkshow mit Candice Bergen und Freitagabend eine Pyjamaparty mit weiblichen Prominenten.
Praktische Anleitungen erfährt das Publikum durch die zwölfteilige Serie «Oprah goes Online», in der der Talkshow-Königin das Internet von einem Beau namens Omar erklärt wird. Finanzielle Beratung für Frauen bieten die Sendung «Money, Business & Career» von Ka-Ching und Webpages mit Titeln wie SheCommerce, eine «virtuelle Shopping-Tour, die den Frauen hilft, bessere Konsumentinnen zu sein».
Oxygen wurde von Geraldine Laybourne, ehemalige Präsidentin von Disney/ABC Cable Network, konzipiert und mit mächtigen Partnern wie Oprah Winfreys Harpo Entertainment Group, America Online und den TV-Produzenten Marcy Carsey, Tom Werner und Caryn Mandabach hergestellt. Das Budget beträgt 400 Millionen Dollar.
Oxygen ist das grösste neue Marketingunternehmen, das sich an das weibliche Publikum richtet. Die Websites iVillage.com und Women.com folgen ähnlichen Mustern und bieten Unterhaltung und Ratgeber für Fragen zu Karriere, Familie, persönlichen Beziehungen, Finanzen und Körperpflege.
Sie stehen vor dem Hintergrund einer erstaunlichen Fülle von Medienprodukten, die spezifisch an ein weibliches Publikum vermarktet werden: Fernsehserien wie «Ally McBeal», Talkshows wie «The View», Hollywoodfilme wie Diane Keatons neue Komödie «Hanging Up» und Bücher wie die Kassenschlager «The Girl’s Guide to Hunting and Fishing» von Melissa Bank und «Bridget Jones’s Diary» von Helen Fielding. Dazu gesellen sich der ältere Frauenkabelsender Lifetime, die unzähligen Daytime-Talkshows und die zahlreichen Frauenzeitschriften, die sich alle Jahre wieder mit neuem Facelifting präsentieren.
Pseudofeministische Medienprodukte
Die neuen Medienangebote werden als Antwort auf den lang gehegten Wunsch auf spezielle Beachtung für das komplizierte moderne Leben der berufstätigen Frauen und Mütter dargestellt: «Wir mussten lange darauf warten. Jetzt gibts einen Ort, wo Frauen nicht nur lesen können, wie sie das Beste aus ihrem Leben machen, sondern sich auch gegenseitig helfen können, dieses Ziel zu erreichen», lautet der Willkommensspruch von Chefredaktorin und Mitbegründerin von iVillage.com Nancy Evans.
Der Spot zur Website legt nahe, dass Frauen sich nach einem anstrengenden Tag, an dem sie den beruflichen und familiären Ansprüchen gerecht zu werden versuchten, endlich in vertrauter Umgebung entspannen können, wo sie verstanden werden.
Doch die Realität ist enttäuschend: Die Themen auf iVillage.com bewegen sich von Astrologie, Diäten, Falten, Schwangerschaften, Gesundheit, zu Beziehungen, Shopping, Reisen, Arbeit und Geld. Zeitmanagement für die chronisch überarbeitete Frau läuft unter dem Titel «Finden Sie mehr Zeit für ihre Familie». Die Artikel sind kurz und belanglos. «Schnelle Lösungen für Ihre Beauty-Dilemmas» verspricht ein Link. Ein Artikel offeriert Kochtipps für die (vermutlich männlichen) Footballfans im Haus.
Modern an diesem Konzept ist nur die Tatsache, dass zu diesen abgeklatschten Themen eine Computerrubrik gehört. Doch diese dient wahrscheinlich nur dazu, die Besucherinnen zu ermuntern, möglichst bald auf eines der farbig leuchtenden Werbelinks für Shoppingsites zu klicken. Ein Besuch der Website Women.com ist nichts anderes als ein virtueller Gang durch die Shopping Mall.
Das neue morgendliche Fernsehmagazin «The View» auf ABC wurde von Starjournalistin Barbara Walters ins Leben gerufen. «Ich hatte diese Idee zu den verschiedenen Frauen mit verschiedenen Sichtweisen, manchmal etwas zu verschieden», sagt sie im Vorspann. Die Sendung präsentiert sich als Kaffeeklatsch von vier Frauen, von denen politisch korrekt zwei weiss, eine schwarz und eine asiatisch sind.
Im lockeren Plauderton werden Fragen der Erziehung, Kosmetik, Mode und Moral besprochen. So erzählt beispielsweise anfangs die Präsentatorin Meredith Vieira, eines ihrer Kinder hätte vorgegeben, krank zu sein, um nicht in die Schule zu müssen, was man da als Mutter tun soll. Während der perfekt inszenierten Kaffeerunde tauchen immer wieder Gäste auf wie der Gesundheitsguru Andrew Weil, die gegenwärtige Freundin von Playboygründer Hugh Hefner oder eine unbekannte Sängerin.
Noch offensichtlicher als in anderen Talkshows entpuppen sich die einzelnen Segmente als reine Werberunden für Bücher, CDs, Kosmetika, die neuesten Pflegeprodukte für Säuglinge.
Spezialrabatte fürs Shoppen
im Internet
Das plötzliche Interesse für die vermeintlichen Bedürfnisse der Frauen entspringt nicht der Nächstenliebe, sondern der Marktforschung, die ergibt, dass der Anteil der Frauen unter den Konsumenten am Wachsen ist, vor allem auch der Konsumenten, die übers Internet einkaufen.
Das Internetshopping wird in Amerika mit Kräften gefördert: Kampagnen für Websites haben in jüngster Zeit einen grossen Anteil der Werbezeit und -flächen in Zeitschriften- und Fernsehwerbungen erobert. Supermärkte und Drugstores offerieren neben Vergünstigungen durch Kundenkarten neuerdings auch zusätzliche Rabatte, die nur über Websites erlangt werden können.
Noch ärgerlicher ist, dass hinter den pseudofeministischen Angeboten oft erfolgreiche Frauen stehen, die ohne die feministischen Bemühungen ihrer Vormütter kaum einen solchen beruflichen Aufstieg erlebt hätten. Selbst offensichtlich vom Profitdenken geleitete Marketingunternehmen könnten frecher und ehrlicher daher kommen.
Shoppen als Ersatzhandlung für gestresste Frauen
Seit Mitte der Neunzigerjahre sind zahlreiche feministische Errungenschaften stillschweigend wieder rückgängig gemacht worden. Gleicher Lohn für Frauen ist nach wie vor ein Fernziel, mit dem Unterschied, dass es nicht mehr Mode ist, darüber zu reden. Affirmative-Action-Regelungen, die gesetzlichen Massnahmen, die der Benachteiligung von Frauen und Minderheiten Abhilfe leisten sollten, wurden nach und nach abgeschafft oder verwässert.
Der viel besungene wirtschaftliche Aufschwung hat die Arbeitslosigkeit zwar praktisch beseitigt, allerdings zum Preis, dass unzählige Amerikaner gleichzeitig mehrere dieser zahlreichen, neu entstandenen Jobs ausführen müssen, um überleben zu können. Wie so oft trifft diese Entwicklung überproportional Frauen. Gleichzeitig sind Kinderhorte Mangelware und Frauen mit der Organisation ihres Alltags allzu oft völlig im Stich gelassen.
Brisante und aktuelle Themenbereiche über die Mühsal der Frauen, Beruf und Familie zu verbinden, abgekämpft zu sein und zu wenig Zeit für sich und ihre Familien zu haben, werden in der ganzen Palette von Frauenmedien kaum noch mit einem Wort gewürdigt.
Errungenschaften des Feminismus klanglos gekippt
Die Zeitschriftenlandschaft spiegelt diesen Backlash wider: Anfang der Neunzigerjahre vermittelten zahlreiche Frauenzeitschriften immerhin eine Lightversion von Feminismus. Ging es um Kosmetik oder Sex, wurde das Wohlbefinden der Frauen ins Zentrum gestellt.
Mittlerweile bewegen sich die Schlagzeilen wieder wie gehabt im Stil der «Zehn Sex-Tricks, die Ihren Mann um mehr betteln lassen werden». Die Zeitschrift Glamour, die lange einen mainstreamfähigen feministischen Grundton vermittelte, enthielt bis vor eineinhalb Jahren die Kolumne Frauen in Washington, in der politische Entscheidungen, die die Situation der Frauen betreffen, besprochen wurden.
Glamour brachte auch Artikel über den Notstand der Kinderhorte und Affirmative Action. Mittlerweile ist die politische Kolumne verschwunden und durch eine astrologische ersetzt worden. Cosmopolitan und Marie Claire haben ähnliche Wandlungen durchgemacht. Allure, ein Condé-Nast-Heft, das 1991 lanciert wurde, versuchte, Kosmetik und Mode in einem intelligenten Rahmen zu besprechen, und lud hochkarätige Autoren wie John Updike ein. Mittlerweile geht es auch darin nur um Make-Up und Celebrities. Das Niveau ist gesunken, die Auflage gestiegen.
Hollywood nährt die Farce
von der erfolgreichen Frau
Die Farce, mit der vorgegeben wird, auf die Interessen und Probleme der Frauen einzugehen, um sie zum Kauf unnötiger Produkte anzuspornen, ist nicht nur zynisch, sondern auch reaktionär: Je mehr Angebote speziell für Frauen gestaltet werden, desto mehr werden die schlimmsten Stereotypen und Vorurteile reproduziert: Warum braucht Oprah zwölf Lektionen, um aufs Internet zu können? Warum muss sie sich die Schritte dazu von einem Mann erklären lassen und nicht beispielsweise von einer jungen College-Studentin?
Die erfolgreichen Fernsehserien «Ally McBeal» und «Sex in the City», die junge, ambitionierte Frauen darstellen, geben sich modern, indem sie ihre Protagonistinnen offen über Sex sprechen lassen. Doch gleichzeitig interessieren sich die selbstständigen, berufstätigen Frauen nur für eins: Heiraten.
Auch in den Filmen auf Lifetime, einem Unterhaltungssender für Frauen, werden die übelsten weiblichen Stereotypen reproduziert: Die herzlose, ältere Verführerin junger männlicher Unschuld ist dabei noch das Erfrischendste. Meistens handelt es sich um Geschichten von Frauen, die sich mit einem Betrüger eingelassen haben, der nichts anderes will, als sie so schnell wie möglich aus der Welt zu schaffen, um an die Lebensversicherung, die Schwester oder die beste Freundin ranzukommen. Und Hollywood dagegen setzt auf Märchenprinzengeschichten und Familiensentimentalität.
Das Angebot an Magazinen und TV-Sendungen ist letztlich so deprimierend wie beleidigend, dass Frauen nur zwei Möglichkeiten übrigbleiben: auf eine einsame Insel abhauen oder Frustkäufe tätigen. Aber genau darin besteht die Absicht.
Unter grosser Medienbeachtung wurde kürzlich der Kabelsender Oxygen lanciert. Oxygen Media kombiniert eine Kabelfernsehstation und ein Internetnetwork zu einem Unterhaltungs- und Marketingkonglomerat, das sich an «moderne» Frauen richtet. Der Sender enthält ein Sportprogramm, Yoga, eine Comedy-serie, einen Trickfilm mit dem Titel «X-Chromosome», eine Talkshow mit Candice Bergen und Freitagabend eine Pyjamaparty mit weiblichen Prominenten.
Praktische Anleitungen erfährt das Publikum durch die zwölfteilige Serie «Oprah goes Online», in der der Talkshow-Königin das Internet von einem Beau namens Omar erklärt wird. Finanzielle Beratung für Frauen bieten die Sendung «Money, Business & Career» von Ka-Ching und Webpages mit Titeln wie SheCommerce, eine «virtuelle Shopping-Tour, die den Frauen hilft, bessere Konsumentinnen zu sein».
Oxygen wurde von Geraldine Laybourne, ehemalige Präsidentin von Disney/ABC Cable Network, konzipiert und mit mächtigen Partnern wie Oprah Winfreys Harpo Entertainment Group, America Online und den TV-Produzenten Marcy Carsey, Tom Werner und Caryn Mandabach hergestellt. Das Budget beträgt 400 Millionen Dollar.
Oxygen ist das grösste neue Marketingunternehmen, das sich an das weibliche Publikum richtet. Die Websites iVillage.com und Women.com folgen ähnlichen Mustern und bieten Unterhaltung und Ratgeber für Fragen zu Karriere, Familie, persönlichen Beziehungen, Finanzen und Körperpflege.
Sie stehen vor dem Hintergrund einer erstaunlichen Fülle von Medienprodukten, die spezifisch an ein weibliches Publikum vermarktet werden: Fernsehserien wie «Ally McBeal», Talkshows wie «The View», Hollywoodfilme wie Diane Keatons neue Komödie «Hanging Up» und Bücher wie die Kassenschlager «The Girl’s Guide to Hunting and Fishing» von Melissa Bank und «Bridget Jones’s Diary» von Helen Fielding. Dazu gesellen sich der ältere Frauenkabelsender Lifetime, die unzähligen Daytime-Talkshows und die zahlreichen Frauenzeitschriften, die sich alle Jahre wieder mit neuem Facelifting präsentieren.
Pseudofeministische Medienprodukte
Die neuen Medienangebote werden als Antwort auf den lang gehegten Wunsch auf spezielle Beachtung für das komplizierte moderne Leben der berufstätigen Frauen und Mütter dargestellt: «Wir mussten lange darauf warten. Jetzt gibts einen Ort, wo Frauen nicht nur lesen können, wie sie das Beste aus ihrem Leben machen, sondern sich auch gegenseitig helfen können, dieses Ziel zu erreichen», lautet der Willkommensspruch von Chefredaktorin und Mitbegründerin von iVillage.com Nancy Evans.
Der Spot zur Website legt nahe, dass Frauen sich nach einem anstrengenden Tag, an dem sie den beruflichen und familiären Ansprüchen gerecht zu werden versuchten, endlich in vertrauter Umgebung entspannen können, wo sie verstanden werden.
Doch die Realität ist enttäuschend: Die Themen auf iVillage.com bewegen sich von Astrologie, Diäten, Falten, Schwangerschaften, Gesundheit, zu Beziehungen, Shopping, Reisen, Arbeit und Geld. Zeitmanagement für die chronisch überarbeitete Frau läuft unter dem Titel «Finden Sie mehr Zeit für ihre Familie». Die Artikel sind kurz und belanglos. «Schnelle Lösungen für Ihre Beauty-Dilemmas» verspricht ein Link. Ein Artikel offeriert Kochtipps für die (vermutlich männlichen) Footballfans im Haus.
Modern an diesem Konzept ist nur die Tatsache, dass zu diesen abgeklatschten Themen eine Computerrubrik gehört. Doch diese dient wahrscheinlich nur dazu, die Besucherinnen zu ermuntern, möglichst bald auf eines der farbig leuchtenden Werbelinks für Shoppingsites zu klicken. Ein Besuch der Website Women.com ist nichts anderes als ein virtueller Gang durch die Shopping Mall.
Das neue morgendliche Fernsehmagazin «The View» auf ABC wurde von Starjournalistin Barbara Walters ins Leben gerufen. «Ich hatte diese Idee zu den verschiedenen Frauen mit verschiedenen Sichtweisen, manchmal etwas zu verschieden», sagt sie im Vorspann. Die Sendung präsentiert sich als Kaffeeklatsch von vier Frauen, von denen politisch korrekt zwei weiss, eine schwarz und eine asiatisch sind.
Im lockeren Plauderton werden Fragen der Erziehung, Kosmetik, Mode und Moral besprochen. So erzählt beispielsweise anfangs die Präsentatorin Meredith Vieira, eines ihrer Kinder hätte vorgegeben, krank zu sein, um nicht in die Schule zu müssen, was man da als Mutter tun soll. Während der perfekt inszenierten Kaffeerunde tauchen immer wieder Gäste auf wie der Gesundheitsguru Andrew Weil, die gegenwärtige Freundin von Playboygründer Hugh Hefner oder eine unbekannte Sängerin.
Noch offensichtlicher als in anderen Talkshows entpuppen sich die einzelnen Segmente als reine Werberunden für Bücher, CDs, Kosmetika, die neuesten Pflegeprodukte für Säuglinge.
Spezialrabatte fürs Shoppen
im Internet
Das plötzliche Interesse für die vermeintlichen Bedürfnisse der Frauen entspringt nicht der Nächstenliebe, sondern der Marktforschung, die ergibt, dass der Anteil der Frauen unter den Konsumenten am Wachsen ist, vor allem auch der Konsumenten, die übers Internet einkaufen.
Das Internetshopping wird in Amerika mit Kräften gefördert: Kampagnen für Websites haben in jüngster Zeit einen grossen Anteil der Werbezeit und -flächen in Zeitschriften- und Fernsehwerbungen erobert. Supermärkte und Drugstores offerieren neben Vergünstigungen durch Kundenkarten neuerdings auch zusätzliche Rabatte, die nur über Websites erlangt werden können.
Noch ärgerlicher ist, dass hinter den pseudofeministischen Angeboten oft erfolgreiche Frauen stehen, die ohne die feministischen Bemühungen ihrer Vormütter kaum einen solchen beruflichen Aufstieg erlebt hätten. Selbst offensichtlich vom Profitdenken geleitete Marketingunternehmen könnten frecher und ehrlicher daher kommen.
Shoppen als Ersatzhandlung für gestresste Frauen
Seit Mitte der Neunzigerjahre sind zahlreiche feministische Errungenschaften stillschweigend wieder rückgängig gemacht worden. Gleicher Lohn für Frauen ist nach wie vor ein Fernziel, mit dem Unterschied, dass es nicht mehr Mode ist, darüber zu reden. Affirmative-Action-Regelungen, die gesetzlichen Massnahmen, die der Benachteiligung von Frauen und Minderheiten Abhilfe leisten sollten, wurden nach und nach abgeschafft oder verwässert.
Der viel besungene wirtschaftliche Aufschwung hat die Arbeitslosigkeit zwar praktisch beseitigt, allerdings zum Preis, dass unzählige Amerikaner gleichzeitig mehrere dieser zahlreichen, neu entstandenen Jobs ausführen müssen, um überleben zu können. Wie so oft trifft diese Entwicklung überproportional Frauen. Gleichzeitig sind Kinderhorte Mangelware und Frauen mit der Organisation ihres Alltags allzu oft völlig im Stich gelassen.
Brisante und aktuelle Themenbereiche über die Mühsal der Frauen, Beruf und Familie zu verbinden, abgekämpft zu sein und zu wenig Zeit für sich und ihre Familien zu haben, werden in der ganzen Palette von Frauenmedien kaum noch mit einem Wort gewürdigt.
Errungenschaften des Feminismus klanglos gekippt
Die Zeitschriftenlandschaft spiegelt diesen Backlash wider: Anfang der Neunzigerjahre vermittelten zahlreiche Frauenzeitschriften immerhin eine Lightversion von Feminismus. Ging es um Kosmetik oder Sex, wurde das Wohlbefinden der Frauen ins Zentrum gestellt.
Mittlerweile bewegen sich die Schlagzeilen wieder wie gehabt im Stil der «Zehn Sex-Tricks, die Ihren Mann um mehr betteln lassen werden». Die Zeitschrift Glamour, die lange einen mainstreamfähigen feministischen Grundton vermittelte, enthielt bis vor eineinhalb Jahren die Kolumne Frauen in Washington, in der politische Entscheidungen, die die Situation der Frauen betreffen, besprochen wurden.
Glamour brachte auch Artikel über den Notstand der Kinderhorte und Affirmative Action. Mittlerweile ist die politische Kolumne verschwunden und durch eine astrologische ersetzt worden. Cosmopolitan und Marie Claire haben ähnliche Wandlungen durchgemacht. Allure, ein Condé-Nast-Heft, das 1991 lanciert wurde, versuchte, Kosmetik und Mode in einem intelligenten Rahmen zu besprechen, und lud hochkarätige Autoren wie John Updike ein. Mittlerweile geht es auch darin nur um Make-Up und Celebrities. Das Niveau ist gesunken, die Auflage gestiegen.
Hollywood nährt die Farce
von der erfolgreichen Frau
Die Farce, mit der vorgegeben wird, auf die Interessen und Probleme der Frauen einzugehen, um sie zum Kauf unnötiger Produkte anzuspornen, ist nicht nur zynisch, sondern auch reaktionär: Je mehr Angebote speziell für Frauen gestaltet werden, desto mehr werden die schlimmsten Stereotypen und Vorurteile reproduziert: Warum braucht Oprah zwölf Lektionen, um aufs Internet zu können? Warum muss sie sich die Schritte dazu von einem Mann erklären lassen und nicht beispielsweise von einer jungen College-Studentin?
Die erfolgreichen Fernsehserien «Ally McBeal» und «Sex in the City», die junge, ambitionierte Frauen darstellen, geben sich modern, indem sie ihre Protagonistinnen offen über Sex sprechen lassen. Doch gleichzeitig interessieren sich die selbstständigen, berufstätigen Frauen nur für eins: Heiraten.
Auch in den Filmen auf Lifetime, einem Unterhaltungssender für Frauen, werden die übelsten weiblichen Stereotypen reproduziert: Die herzlose, ältere Verführerin junger männlicher Unschuld ist dabei noch das Erfrischendste. Meistens handelt es sich um Geschichten von Frauen, die sich mit einem Betrüger eingelassen haben, der nichts anderes will, als sie so schnell wie möglich aus der Welt zu schaffen, um an die Lebensversicherung, die Schwester oder die beste Freundin ranzukommen. Und Hollywood dagegen setzt auf Märchenprinzengeschichten und Familiensentimentalität.
Das Angebot an Magazinen und TV-Sendungen ist letztlich so deprimierend wie beleidigend, dass Frauen nur zwei Möglichkeiten übrigbleiben: auf eine einsame Insel abhauen oder Frustkäufe tätigen. Aber genau darin besteht die Absicht.