BTM besetzt das Mittelland virtuell

Die Berner Zeitung zieht eine Splitausgabe für Solothurn in Erwägung

Die Berner Zeitung zieht eine Splitausgabe für Solothurn in ErwägungVon Markus Knöpfli Die Berner Tagblatt Mediengruppe (BTM) richtet ihre Medien konsequent auf den Espace Mittelland aus, ab Herbst auch mit einem Internetportal. Bei der Berner Zeitung fasst sie eine Solothurner Splitausgabe ins Auge, für den Fall, dass sich die Solothurner Zeitung eng mit der Aargauer Zeitung oder NZZ einlässt.
Die Berner Tagblatt Mediengruppe (BTM) will mit allen gruppeneigenen Mediengattungen ein Portal entwickeln und ab Herbst 2000 zum «führenden Informationsprovider im Internet für Bern und den Espace Mittelland avancieren». Dafür wird sie in den nächsten drei Jahren rund 20 Millionen Franken investieren.
Mit Partnern aus Technik, Wirtschaft, Kultur, Staat und NPOs will sie ein regionales Service- und Produkteangebot für die wichtigsten Lebensbereiche etablieren. Parallel dazu entwickelt die BTM ein landwirtschaftliches Themenportal für die ganze Deutschschweiz. Insgesamt will sie fünfzig neue Stellen schaffen.
BTM winkt der Solothurner Zeitung mit dem Zaunpfahl
Aber auch mit der Berner Zeitung (BZ) will die BTM wachsen. Deshalb hielt sie lange um die Hand der Solothurner Zeitung (SZ) an. Letzte Woche wurde aus dem Werben ein Drohen: Für den Fall, dass die SZ eine enge Zusammenarbeit mit der Aargauer Zeitung (AZ) oder NZZ eingehe, wolle die BTM ihre Strategie im Raum Solothurn dennoch umsetzen und «die Möglichkeiten, die uns der Wettbewerb bietet, nutzen», liess BTM-Chef Charles von Graffenried in der BZ vom 15. Mai verlauten. «Die notwendigen vorbehaltenen Entschlüsse haben wir jedenfalls getroffen.»
Gegenüber der WerbeWoche wurde der VR-Präsident noch deutlicher. Er bestätigte, dass er eine BZ-Splitausgabe für die Region Solothurn als «eine von mehreren Möglichkeiten» zumindest in Erwägung ziehe. «Ich weiss, wie hoch die Kosten wären, ich habe sie rechnen lassen.» Präzisierend hielt er jedoch fest, dass die BZ nicht von sich aus eine aggressive Strategie wähle. Sie reagiere nur dann mit einer Splitausgabe, wenn die SZ mit der Aargauer Zeitung zusammen eine Zeitung für den Jurasüdfuss lancieren sollte, wie verschiedentlich gemunkelt wird.
Keine leeren Worte, denn die BZ ist in der Lage, eine Solothurner Splitausgabe zu finanzieren, umso mehr, wenn sie anderswo eine einsparen kann. Dies wird bald im Oberland der Fall sein, falls die Wettbewerbskommission (Weko) die Kooperation mit der Berner Oberland Zeitung akzeptiert (WW 13/00).
BZ-Auflage soll auf rund 200000 Exemplare wachsen
Den BTM-Ausbauplänen bei der BZ und im Onlinebereich liegen gemäss von Graffenried folgende Überlegungen zugrunde: Damit die BZ weiterhin für den Werbemarkt «unentbehrlich» bleibt, muss ihre Auflage von derzeit 135000 auf etwa 200000 Exemplare steigen. Die BZ will sich deshalb in den nächsten zehn Jahren als Zeitung des Espace Mittelland etablieren. Darum die geplante Kooperation im Oberland, das Buhlen um die SZ und die Kontakte zu den Freiburger Nachrichten. Im gleichen Zusammenhang stehen die Käufe der Solothurner Woche (1996), des Murtenbieters (1999) und des Berner Bär (1999). Da die BTM damit rechnet, dass mehr Werbevolumen in die elektronischen Medien abfliessen wird, baut sie auch im Internet kräftig aus.
Welche Rolle spielt Konkurrent Bund in der BZ-Strategie? «Der Bund soll nicht verschwinden, er ist ein starker Impuls für die BTM. Aber wir wollen ihm keine Geschenke machen», sagt von Graffenried. Dass ihm damit ernst ist, zeigt sich darin, dass er dem Bund via BZ vom 15. Mai erstmals offerierte, ab 2004 im geplanten neuen BTM-Druckzentrum zu drucken. Ein solches Angebot war vor einem Jahr noch undenkbar. Seine Kehrtwende begründet er mit Imageüberlegungen: «Ein Ausbau der Bund-Druckerei wäre untragbar für das betroffene Quartier, deshalb wäre ein Festhalten an unserer Strategie in diesem Punkt auch ökologisch absurd.»
Nicht für absurd hält er den Anzeigerstreit. Ein amtlicher Anzeiger in und um Bern, gemeinsam getragen von BTM und Bund, kommt für von Graffenried nicht in Frage. Dass untere BTM-Chargen sowie Vertreter von Berner Behörden, NZZ und Konkurrent Bund einen gemeinsamen Anzeiger für die «vernünftigste Lösung» halten, zählt für ihn nicht. «Unsere Strategie ist klar: Wir machen dem Bund keine Geschenke», wiederholt er. Wie er reagiert, falls die BTM heute Donnerstag die Konzession für die amtlichen Publikationen nicht erhält, lässt er offen.
Drei Wachstumsoptionen der MTM-GruppeCharles von Graffenried sieht für die nächsten rund zehn Jahre vor allem drei Wachstumsoptionen für die BZ:
Ein Wachstum durch Kooperation – entsprechend der geplanten Variante im Oberland – hält der BTM-Chef für «die wahrscheinlich beste Option». Sie sei für alle involvierten Parteien «eine allseits akzeptable Win-Win-Option.»
Kaum in Frage kommt dagegen ein Wachstum durch reine Akquisition, da eine solche gemäss jüngeren Entscheiden der Weko «offenbar als wettbewerbsrechtlich problematisch beurteilt wird».
Ein Wachstum durch Aggression – etwa die Lancierung einer Solothurn-Splitausgabe – ist zwar nicht ausgeschlossen, doch könnte sie laut von Graffenried die Glaubwürdigkeit der BTM und BZ untergraben. «Sie zerstört ganz allgemein die Grundlage für Kooperationen.»
BTM mit Rekordergebnis1999 war das bisher beste Geschäftsjahr der BTM. Bei einem Umsatz von 194 Millionen Franken stieg das Unternehmensergebnis nach Steuern um 58,5 Prozent auf 32,8 Millionen Franken, der Cashflow legte um 41,9 Prozent auf 40,3 Millionen Franken zu. Der Gewinn kletterte gar um 63,6 Prozent auf 23,4 Millionen Franken. Das Wachstum ist laut BTM auf die Marktanteilsgewinne im Inseratebereich (Berner Zeitung) sowie auf den Ausbau im Druckbereich zurückzuführen.
Die grösste BTM-Tochter, Berner Zeitung, erzielte bei einem Umsatz von 121,3 (1998: 110,4) Millionen Franken einen Cashflow von 29,7 (22,9) Millionen Franken. Radio ExtraBern und TeleBärn erreichten aber ihre Budgetziele nicht. (mk)
die zahlen der BTM-gruppe (in mio. fr.)

1999 1998 Veränderung
Umsatz 194,0 187,5 + 3,5 %
Betriebsergebnis 31,1 21,2 + 46,7 %
Konzernergebnis 23,4 14,3 + 63,6 %
Cashflow 40,3 28,4 + 41,9 %
Beschäftigte 489 488 + 1
Quelle: BTM-Geschäftsbericht
Gesund und stark zeigt sich die BTM-Gruppe auch im Jahr 1999.

Weitere Artikel zum Thema