Nominiert zum «Werber des Jahres»: Tobias Zehnder, Webrepublic
Der Webrepublic-Mitgründer prägt das Digitalmarketing der Schweiz. Sein Wissen teilt er offen und blickt visionär in die Zukunft.
Mit nur Mitte 20 hat Tobias Zehnder eine Digitalagentur mit aufgebaut, die heute – elf Jahre später – zu den grössten und erfolgreichsten Agenturen der Schweiz zählt. Der «repräsentative Digital-Zauberer», wie die «Werber des Jahres»-Jury den 38-Jährigen bezeichnet, versteht die technischen Details hinter Marketingtrends und bewahrt gleichzeitig den Blick fürs Ganze. Sein Wissen rund um Kommunikation teilt Zehnder mit Marketingentscheidern durch seine Engagements in Verbänden und Hochschulen.
«Es ging nie nur darum, kleine Google Ads möglichst billig für Kunden abzuwickeln», sagt Tobias Zehnder rückblickend auf die Gründung von Webrepublic, «sondern den Kunden dabei zu helfen, die vielen technologischen Innovationen gewinnbringend zu nutzen.» Der Zürcher führt die Agentur strategisch und beschäftigt sich damit, wie sich der Markt entwickelt. Als neuen Typus Agentur in einer sich schnell wandelnden Werbelandschaft charakterisiert er seine Firma. Die Unternehmenssprache ist Englisch, das Team international divers aufgestellt und die Büroräumlichkeiten in Zürich-Enge versprühen mit Kicker, Bar und Sesselecken Google-Flair. 190 fest angestellte Mitarbeitende, Gewinne bei Awards und neben treuen Stammkunden viele Neuzugänge – Webrepublic befindet sich auf Erfolgskurs.
«Die digitale Transformation schlägt voll durch. Jetzt ist, was mir machen, nicht mehr nur Trend, sondern Realität», sagt Zehnder. Die Zeiten, in denen die Digitalexperten innerhalb eines Unternehmens belächelt wurden, seien vorbei. Heute geben Marketingabteilungen einen Grossteil ihres Budgets für digitale Massnahmen aus. Die Zeit sei reif, findet der zweifache Familienvater, um aus alten Mustern mit «klassischer» und «digitaler» Werbung auszubrechen. «Wir müssen zusammenarbeiten – Kreation, Digital und Media, Strategie und Umsetzung – und Kunden müssen das auch erlauben», sagt Zehnder. «Das liegt mir enorm am Herzen. Ich bin überzeugt, dass in Zukunft Marketingerfolg nicht mehr aus Briefings kommen wird, sondern aus der Zusammenarbeit an einem Tisch.» Viele Erfolge seien auch in der Geschichte von Webrepublic nicht am Anfang das Ziel gewesen, sondern im Laufe der Zusammenarbeit mit Kunden entstanden. «Diese Offenheit, konstruktiv zusammenzuarbeiten, wünsche ich uns als Branche.»
Kampagnen Webrepublic
Migros
Seit mehreren Jahren begleitet Webrepublic die Migros auf ihrem Weg der Digitalisierung. Rund um den Kern Digital Media wuchs eine Partnerschaft von SEA über SEO bis hin zu Programmatic, Social Media und Digital Analytics.
Login – Finde dein Talent
Webrepublic hat für Login ein komplexes Kommunikationsproblem mit einer Kombination aus Kreativität und Technologie gelöst: eine mehrsprachige, modulare, regionale, echtzeitoptimierte, Cross-Channel-, Multijob-Talentkampagne auf über 20 Mediakanälen mit über 370 Creatives und einer laufenden Optimierung.
ZKB – Frankly
Das Digital-First-Projekt zur Lancierung der ZKB-App für die Säule 3a verfolgt eine mehrjährige Strategie. Mit einem interdisziplinären Team realisiert Webrepublic die Onlinepräsenz der Kampagne – von der Gesamtstrategie bis hin zu Performance-Massnahmen, der Werbemittelproduktion, dem App-Tracking sowie der Optimierung der App-Store-Präsenz.
Werbewoche: Was war Ihr erster Gedanke, als Sie von der Nomination zum «Werber des Jahres» erfuhren?
Tobias Zehnder: Überrascht und sehr erfreut zugleich. Überrascht, weil ich nicht der klassische Werber mit einem Portfolio an kreativen Kampagnen bin, sondern Vertreter des datenbasierten Digitalmarketings. Umso erfreuter bin ich, dass heute auch dieser Bereich innerhalb der Werbebranche immer mehr Beachtung findet und bei einem etablierten Award wie dem «Werber des Jahres» vertreten ist. Es zeigt, dass wir als Agentur im Markt ganz vorne mit dabei sind und nicht mehr bloss eine Nische bedienen. Wir haben unsere Kunden von Anfang an dabei unterstützt, Innovationen gewinnbringend für ihr Geschäft einzusetzen. Es ist schön zu sehen, wie sich die Branche in den letzten elf Jahren entwickelt hat und immer offener für den Gesamtblick aufs Marketing wird.
Was würden Sie als «Werber des Jahres» bewirken wollen?
Ich bin für ein ganzheitlich gedachtes Marketing, das Kreation, Technologie und Mediaplanung von Anfang an zusammen denkt. Es geht mir darum, Begeisterung für das Digitalmarketing zu wecken und es gleichzeitig auch zu entzaubern. In unserer dynamischen Branche muss man Prioritäten setzen. Die Frage lautet: In welche Entwicklungen und Trends investieren wir, und wo liegt kein Potenzial für Unternehmen? Dabei gehen wir als Firma seit der Gründung offen mit unserem Wissen um – in der Beratung unserer Kunden sowie als Beirat oder Referenten an Universitäten und Organisationen.
Was bedeutet Werbung für Sie?
Bereits als Achtjähriger zog mich die Werbung in ihren Bann: Ich fotografierte mit meiner ersten Kamera sämtliche Werbeplakate in der Umgebung ab und kreierte meine erste Fotostrecke. Mich faszinierten die auffälligen Plakate. Natürlich war ich geprägt von meinem Vater, der ebenfalls in der Werbung tätig war.
Werbung bedeutet für mich das Zusammenbringen von Nachfrage und Angebot im optimalen Fall: Nur wer ständig lernt, sich mit der Gesellschaft, neuen Technologien und Trends auseinandersetzt, kann dies erreichen. Werbung ist für mich die Schnittstelle von Kultur, Gesellschaft und Wirtschaft.
Wo sehen Sie die grössten aktuellen Herausforderungen der Werbe- und Kommunikationsbranche?
Die grösste Herausforderung ist, einen nüchternen und gleichzeitig produktiven Blick auf die Möglichkeiten und Grenzen des Digitalen zu bewahren. In einem derart dynamischen Umfeld ist es für Unternehmen zentral einzuschätzen, welche Entwicklungen und Technologien relevant sind und welche nicht. Dabei muss der Blick immer auf das Ganze gerichtet sein: eine Trennung von klassischer und digitaler Kommunikation funktioniert nicht mehr. Technologie, Kreation und Mediaplanung müssen zusammen gedacht werden. Diese ineinander verzahnte Zusammenarbeit findet noch kaum statt. Derzeit entwirft die Kreation ein Konzept, das meist auf nur wenigen wirklich handfesten Daten basiert. Die Mediaplanung schaut nach der Erstellung des Kreativkonzeptes, wie man die Botschaft bei der Zielgruppe bestmöglich verbreiten kann. Das technische Know-how zur Verbreitung der Botschaften auf den Kanälen fehlt oft. Im besten Fall laufen die Disziplinen parallel und sind miteinander verknüpft.
Eine weitere grosse Herausforderung ist die Suche und Weiterentwicklung neuer Talente. Wir brauchen Personen mit einem Gesamtblick. Durch die steigende Komplexität in der Branche wird dieser Anspruch jedoch immer schwieriger zu erfüllen. Wir setzen seit unserer Gründung 2009 auf eine einzigartige Kultur und einen Bottom-Up-Lernansatz. Jeder und jede neue Mitarbeitende durchläuft ein mehrstufiges Ausbildungsprogramm und lernt so nicht nur das Handwerk, sondern auch die Firma und sämtliche Disziplinen kennen. Dadurch schaffen wir ein Umfeld, in dem Innovation und Pioniergeist gelebt und gefördert werden. Dennoch müssen auch wir im Management in diesem dynamischen Arbeitsumfeld immer neue Modelle entwickeln, um den besten Arbeitsplatz für unsere Mitarbeitenden zu schaffen.
Worin sind Sie besonders gut – und wobei lassen Sie Ihrem Team den Vortritt?
In der frühen Erkennung von neuen Trends und der Identifikation von Themen, mit denen wir uns in Zukunft befassen wollen – oder eben auch bewusst nicht. Im Umfeld des Digitalmarketing vergeht kaum ein Monat ohne neues Tool oder Feature. Umso wichtiger ist es zu erkennen, welche davon Potenzial bergen und bei welchen es sich um einen kurzfristigen Hype handelt. Nebst dem Entwerfen der Firmenstrategie ist auch die Aufklärung des Marktes ein wichtiger Teil meines Jobs. Ich engagiere mich bei verschiedenen Universitäten und Verbänden wie der UZH, ZHW oder dem LSA.
In unserer Firma agiere ich als Schnittstelle zwischen Agentur, Kunde und Branche. Dafür braucht es Weitblick und vor allem auch die Kenntnis und das Verständnis aller Parteien. Auch wenn ich nach wie vor einzelne Kunden als Management-Partner betreue, übernimmt mein Team den operativen Teil heute vollständig. Zwar liebe ich die sehr enge Zusammenarbeit mit den Kunden immer noch, aber um die beste Qualität zu liefern, braucht es Project Manager und Fachleute, die sich voll und ganz auf einzelne Projekte und Disziplinen konzentrieren.
Was waren Ihre beruflichen Highlights seit dem Frühjahr 2019?
Im letzten Jahr gab es einige Meilensteine in unserer Agentur. Wir haben unser grösstes organisatorisches Upgrade seit der Gründung 2009 durchgeführt, mit dem Ziel, Entscheidungswege zu beschleunigen und bei den einzelnen Abteilungen anzusiedeln. Ebenfalls 2019 reichten wir zum allerersten Mal eine Kampagne bei den Cannes Lions ein: Konzeption, Begleitung und Umsetzung der Strategie für die kommerziellen digitalen Kampagnen der FIFA-WM 2018 und seiner Sponsoren, weltweit. Es hat uns sehr gefreut, dass auch in Cannes ein Umdenken zu spüren ist: Neue Kategorien und Unternehmen vor Ort zeigten, dass die Digitalisierung angekommen ist. Zwar konnten wir keinen «Löwen» mit nach Hause nehmen – dafür eine «Boje» am Best of Swiss Web und dieses Jahr unseren ersten «Effie». Auf persönlicher Ebene freue ich mich, mich als Beirat der Universität Zürich, Schulrat der Ad School und Vorstandsmitglied der LSA für die Themen Bildung und Branchenentwicklung zu engagieren.
Wer oder was hat Sie beruflich besonders geprägt?
Meine Eltern sowie Gabriele Siegert als Dozentin an der Universität Zürich und auch Webrepublic-CEO Tom Hanan als Chef während meiner Zeit bei Google. Sie alle haben mir beigebracht, über den Tellerrand zu schauen, den Pioniergeist immer beizubehalten und haben mich auch ermutigt, meinen Interessen und Talenten zu folgen. Ich habe schon früh Websites für Firmen und Vereine erstellt und auch mit der Vermarktung von Websites experimentiert. Dadurch habe ich mich noch lange vor den ersten Google-Bannerwerbungen mit diesem Thema auseinandergesetzt. Schliesslich war viel, was ich in meiner Lizentiatsarbeit zum Thema «Onlinewerbung – das Stiefkind der Mediaagenturen?» untersuchte, die Grundlage für das Geschäftsmodell von Webrepublic. Bereits damals standen ein wissenschaftlicher, datengetriebener Ansatz und der Mut, als Pioniere Neues zu entdecken im Fokus. Das sind bis heute zwei der Grundwerte von Webrepublic.
In Zürich geboren und aufgewachsen, studierte Tobias Zehnder an der Universität Zürich Publizistik und absolvierte währenddessen mitunter ein Praktikum bei Google. Nach dem Studium gründete er mit Tom Hanan die Agentur Webrepublic, die heute 190 Mitarbeitende und 120 Kunden zählt. Zehnder führt die Firma strategisch, referiert an Hochschulen und ist im Vorstand des LSA. Neben der Arbeit verbringt der 38-Jährige seine Zeit mit seiner Frau und seinen zwei Kindern, mit denen er in Zürich-Albisrieden wohnt. Wegen mangelnder Präsenz an den Übungssessions flog er kürzlich aus der Firmenband.
Infos zu allen Nominierten und zur Wahl «Werber*in des Jahres» finden Sie hier. Die Onlinewahl startet am Mittwoch, 16. September 2020 via Newsletter. Wahlberechtigt sind alle Abonnentinnen und Abonnenten des Newsletters von Werbewoche und m&k. Hier kostenlos registieren. Wer am Ende die «Egon»-Trophäe gewinnt, wird zu je 50 Prozent von der Newsletter-Leserschaft und der «Werber des Jahres»-Jury bestimmt.