TKF und Greenpeace senden eine klare Botschaft für den Klimaschutz

Am Sonntag wird in der Schweiz über das Klimaschutz-Gesetz abgestimmt. Für Greenpeace Schweiz hat TKF eine nationale Abstimmungskampagne entwickelt, die speziell junge, urbane Schweizer:innen dazu bringen soll, dem Gesetz für mehr Klimaschutz zuzustimmen. Werbewoche.ch hat mit den Verantwortlichen über die Kampagne gesprochen.

Mit der Kampagne sollen vor allem junge, urbane Wähler:innen angesprochen werden. Eine grosse Herausforderung besteht darin, dass 40 Prozent dieser Zielgruppe noch unentschlossen sind oder nicht vorhaben, abzustimmen. Die Kampagne will speziell diese Menschen erreichen und sie für das Thema Klimaschutz sensibilisieren. Das Motto der Kampagne «JA klar» soll verdeutlichen, dass der Schutz des Klimas heutzutage selbstverständlich sein sollte.

Sympathie-Offensive statt Mahnfinger

Die Kampagne präsentiert sich formal aktivistisch, aber auf eine höfliche Art. Ein Klima-Wölkchen in Greenpeace-Grün dient als sympathischer Absender und kommt als Aufkleber, Patch, auf T-Shirts, Flyern und online in Form von Emojis, Stickern, GIFs und Memes in den sozialen Medien zum Einsatz.

Die crossmediale Online-Kampagne konzentriert sich hauptsächlich auf Display-Banner in nationalen Nachrichtenkanälen und Social-Media-Plattformen. Zum Einsatz kommen ausserdem reaktive Echtzeit-Banner, die direkt auf aktuelle Nachrichten reagieren können.

On- und Offline-Aktivismus mit Meme-Spreader und Ausreden-Generator

Ein zentrales Element der Kampagne ist die Landingpage, auf welcher die Greenpeace-Community aktiv teilnehmen, kommentieren und die «JA klar»-Botschaft teilen kann. Anhand eines «Online-Meme-Spreaders» kann die Community mit Memes auf die gängigsten Lügen der Gegner reagieren. Eine spezielle WhatsApp-Gruppe unterstützt zudem die Teilnehmenden kontinuierlich beim Verbreiten der Botschaft und beim Umgang mit Klima-Leugnern. Und ein «KI-Ausreden-Generator» soll für Unterhaltung sorgen und zum Teilen animieren, indem er absurde Ausreden für Nichtwähler generiert.

Ergänzt wird die Kampagne durch Upcycling-Events in der ganzen Schweiz. Teilnehmende können ihre gebrauchte Kleidung mit Siebdruck zur Kampagnenkleidung aufwerten. Die Landingpage bietet zudem Aktivist:innen Poster, Sticker und Flyer für individuelle Aktionen im ganzen Land.

Die Kampagne kommt an

Der Erfolg der Kampagne wird letztendlich daran gemessen, ob das Klimaschutz-Gesetz am Sonntag von der Bevölkerung angenommen wird. Bereits jetzt gebe es aber positive Reaktionen – insbesondere von der jungen, urbanen Bevölkerung, heisst es seitens der Verantwortlichen.

Die bis jetzt über vier Millionen generierten Impressions der Werbemittel zeigen erfreuliche Klickraten. Die Echtzeit-Banner, die sich inhaltlich auf jeweilige News-Artikel beziehen, weisen eine sogar doppelt so hohe Klickrate auf wie die regulär geschalteten. Zudem wurden die Memes auf der Landingpage eifrig von Unterstützer:innen geteilt, und der «Ausreden-Generator» sprudelt absurd vor sich hin. Auch die Upcycling-Events in verschiedenen Städten zogen hunderte von Personen an. Jetzt heisst es Daumendrücken fürs Klima und hoffen, dass die avisierte Zielgruppe den Aufruf verstanden hat und am 18.6. ein klares JA in die Urne wirft.


INTERVIEW

«Unterschiedliche, visuell ansprechende Inhalte sollen die junge Zielgruppe neugierig machen»

Werbewoche.ch hat mit Marco Piffaretti (Bild links) und Nathan Solothurnmann (Bild rechts) von Greenpeace sowie mit den weiteren Umsetzungspartnern Tim Stockmar von TKF, Sandro Covo von Digital/Organizing und Sonam Wieland von Forward über die massnahmenstarke Kampagne gesprochen.

Werbewoche.ch: Die «JA klar»-Kampagne setzt auf Höflichkeit und Sympathie. Wurde bewusst auf eine bestimmtere Tonalität verzichtet?

Tim Stockmar: Die Kampagne setzt in erster Linie darauf, dass es selbstverständlich sein muss, fürs Klima zu stimmen. Wir kombinieren die aktivistisch gestalteten Botschaften aber bewusst mit unserem sympathischen Klimawölkchen, weil wir überzeugt sind, dass unsere Zielgruppe die Botschaften dann in den sozialen Medien stärker wahrnimmt und mit einem guten Gefühl teilt.

Nathan Solothurnmann: Das Klimaschutzgesetz spricht keine Verbote aus, sondern will den Umstieg auf Erneuerbare mit staatlichen Subventionen fördern. Viele links-grüne Menschen sind sich der Dringlichkeit bezüglich Klimaerhitzung längstens bewusst. Bei der Kampagne geht deshalb vor allem darum, diese Menschen mit einer positiven Botschaft abzuholen und zum Abstimmen zu motivieren. Weiter soll die Kampagne auch Menschen in der politischen Mitte ansprechen und ihnen die Vorteile des neuen Gesetzes aufzeigen. Ein Klima-Alarmismus wäre darum fehl am Platz. Nichtsdestotrotz zeigt die Kampagne mit treffenden Bildern, was es zu schützen gilt, und erlaubt sich auch mal einen Seitenhieb gegen die Gegnerschaft – namentlich die SVP.

 

Die junge Zielgruppe zum Wählen zu bewegen, ist ein verbreitetes Problem: Was macht Ihre Kampagne anders?

Marco Piffaretti: Die visuelle Kampagne besteht hauptsächlich aus Schrift und dem ikonischen Wolken-Logo. Damit ergibt sich die Möglichkeit, auf einfache Weise unterschiedliche, visuell ansprechende Inhalte zu generieren, die die junge Zielgruppe neugierig machen. Um die Online-Welt zu dominieren, erstellten wir den Memes-Spreader. Mit gängigen und lustigen Memes wird damit reproduziert, was in den sozialen Medien – und insbesondere bei einem jungen Publikum – funktioniert.

 

Zudem setzen Sie für den «Ausreden-Generator» auf Künstliche Intelligenz.

Piffaretti: Durch die Nutzung der Künstlichen Intelligenz für den «Ausreden-Generator» kombinieren wir Technologie mit Humor und versuchten auch mit diesem Tool auf neue, attraktive Weise – junge – Nichtwähler:innen anzusprechen. Schlussendlich haben wir auch die Siebdruck-Events professionell abfotografieren lassen und somit wiederum auf den Online-Kanälen eine coole und selbstbewusste Bewegung darstellen. Für diese Kampagne liegt die Priorität auf Instagram.

 

Gab es Reaktionen aus dem gegnerischen Lager zum generierten Content?

Piffaretti: Die Reaktionen der Gegner:innenschaft beschränken sich auf die erwarteten Kommentare auf Social Media. Diese wurden entweder durch die «Social Media Warriors», einer Gruppe auf WhatsApp, anderen Nutzer:innen und von uns (Greenpeace) gekontert oder wir löschten sie.

 

Wie wurde der Ausreden-Generator realisiert?

Sandro Covo: Im Hintergrund läuft GPT 3.5, also ein Modell von OpenAI. Wir kombinieren die Eingabe der Nutzer:innen mit einem Prompt und daraus wird dann eine Antwort generiert.

 

Wo liegen die Grenzen der Funktion?

Covo: Das Modell kennt nur, was auch in den Trainingsdaten drin ist, den Nachbarn oder die Grossmutter kennt es deshalb in den meisten Fällen nicht. Auch ist es keine Witzmaschine, die immer die perfekte Pointe liefert. Witzig wird das ganze erst im Kontext der ganzen Kampagne und dank der Kreativität der Nutzer:innen. Auch mussten wir beim Prompt gut darauf achten, dass er möglichst keine diskriminierenden oder verletzenden Ausreden generiert.

 

Wie werden die reaktiven Echtzeit-Banner umgesetzt?

Sonam Wieland: Für blitzschnelle Werbeschaltungen auf handverlesenen Artikeln sind alle Buchungsvereinbarungen mit den Medien und die technischen Massnahmen vorgängig vorzunehmen. Ein Team überwacht laufend die Berichterstattung und fällt den Umsetzungsentscheid für reaktive Ads. Darauf basierend erstellt die Kreation Ads und die technische Implementierung erfolgt. Vordefinierte Prozesse und standardisierte Templates bringen die Reaktionszeit auf ein Minimum. Der Gesamtprozess resultiert in höherem Aufwand, erzeugt aber überraschende und aufmerksamkeitsstarke Werbeplatzierungen.

 

Der Aufwand für die reaktiven Banner scheint sich jedoch zu lohnen: Sie erzielen eine doppelt so hohe Klickrate wie die regulären. Werden Sie künftig vermehrt auf diese Art von Werbung setzen?

Wieland: Es handelt sich dabei um ein spannendes Kampagnenmodul, das wir gerne wieder einsetzen. Wir sind aber stark von der Berichterstattung der Medien zu bestimmten Themen abhängig, was der Skalierung klare Grenzen setzt. Die Kampagne sollte daher aus mehreren Modulen bestehen, um die gewünschte Reichweite sicherzustellen.


Verantwortlich bei Greenpeace Schweiz: Georg Klingler (Climate Campaigner); Marco Piffaretti (Digital Campaigner); Yara Hostettler (Volunteer Coordination); Nathan Solothurnmann (Project Coordination) Franziska Neugebauer (Visual Content Producer); Mathias Schlegel (Media Strategy). Verantwortlich bei TKF Kommunikation & Design: Tim Stockmar (Creative Direction); Alexander Fürer (Strategie & Text); Matthias Eberle (Art Direction); Nina Boschetti (Grafik); Larissa Ebneter (Beratung); Jan Thoma (Development). Verantwortlich bei Forward Advertising: Sonam Wieland (Digital Media Strategist); Andrea Kloter (Programmatic Trader).

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