YouTube-Creator Kris8an: «Konstanz ist der Schlüssel»
Kris8an aus der Schweiz, mit über fünf Millionen YouTube-Abonnenten, nutzt die Plattform meisterhaft. Andreas Briese, YouTube Regional Director, erklärt die Unterstützung für Creators und aktuelle Trends. Beide geben sie Einblicke in Shortform-Videos und die Zukunft der Content-Produktion mit KI. Das exklusive Interview fand in Zürich statt.
In der hyperdynamischen Welt der Online-Inhalte gewinnen Creator wie der Schweizer Kris, bekannt als Kris8an, zunehmend an Bedeutung. Mit weit über fünf Millionen Abonnenten auf YouTube hat er die Kraft der YouTube-Plattform voll ausgeschöpft. Andreas Briese, Regional Director bei YouTube, der die Märkte in Zentraleuropa, Nordeuropa und Osteuropa betreut, erläutert im Interview, wie YouTube Creators unterstützt und welche Trends die Videoplattform dominieren. Kris selbst teilt seine Erfahrungen und Einblicke in die Welt der Content-Erstellung. Das exklusive Gespräch fand im Rahmen eines Treffens von über 70 YouTube Creators in Zürich statt und gibt einen Einblick in die Strategien erfolgreicher Content-Erstellung, die Bedeutung von Shortform-Videos, ihrer Verknüpfung mit anderen Inhalten, sowie die Rolle der künstlichen Intelligenz in der Zukunft der Content-Produktion.
m&k Werbewoche.ch: Andreas Briese, was ist Ihre Funktion bei YouTube?
Andreas Briese: Ich kümmere mich bei YouTube als Regional Director um die Regionen Zentraleuropa, das sind Deutschland, Österreich, Schweiz, sowie Osteuropa und Nordeuropa, also Schweden, Benelux und so weiter.
Und was machen Sie da genau?
Andreas Briese: Zum einen leite ich das Content-Partnerschaftsprogramm, unter dem wir mit Creators wie Kris zusammenarbeiten, aber auch mit vielen Medienfirmen, Sportorganisationen und Musiklabels. Zum anderen ist mein Job, dafür zu sorgen, dass alle, die generell mit YouTube zu tun haben, möglichst gut zusammenarbeiten. Das nennt sich dann YouTube Country Manager, Regional Director.
m&k Werbewoche.ch: Kris, wie würdest du selber als Creator einen Creator beschreiben?
Kris: Das ist eine spannende Frage. Es ist sehr unterschiedlich, weil jeder Creator sehr individuell ist. Bei mir zum Beispiel geht es in ganz verschiedene Richtungen. Ich zeige viel von meinem Leben, aber wiederum gibt es auch andere Creator, die komplett andere Sichten zeigen. Da unterscheidet man sich sehr, aber Creator an sich würde ich beschreiben als jemand, der auf Social Media Content für andere Leute erstellt. Die Grösse spielt dabei erstmal keine riesige Rolle, weil jeder Creator sein kann.
Du bist aber ein grosser Creator, du hast über fünf Millionen Abonnenten auf YouTube. Was war Dein Moment, in dem Deine Abonnentenzahl explodiert ist?
Kris: Letztes Jahr hat es plötzlich angefangen zu boomen. Es gab einen Switch. Ein Video entstand, dann das nächste, und es gab einen Flow. Dann ist die Followerzahl explodiert. Ich denke, das passiert vielen Leuten. Sie fangen klein an, posten jeden Tag und irgendwann kommt der Tag, an dem ein Video diesen Switch bringt und man plötzlich eine riesige Anzahl an Abonnenten hat. Das erwartet man selbst gar nicht.
Welche Rolle spielt da die Häufigkeit?
Kris: Was ich persönlich gelernt habe, ist, dass Konstanz sehr wichtig ist. Ich habe schon 2021 meine ersten Shorts gepostet, aber nicht konstant. Erst als ich dann täglich nach einem Plan gepostet habe, hat es nach ein paar Monaten angefangen, wirklich Fahrt aufzunehmen.
Welche Rolle hat dabei die YouTube-Form der Shorts gespielt?
Kris: Bei mir persönlich eine sehr grosse Rolle. Ich komme aus dem Bereich Shortform-Videos, 9:16-Videos. YouTube hat mir die Möglichkeit gegeben, das auf YouTube zu expandieren. Das hat einen riesigen Unterschied gemacht. Heutzutage konsumieren viele diesen Content, und es ist eine gute Möglichkeit, eine Followerschaft zu generieren. Long-Form-Videos kommen auch wieder zurück, aber Short-Form-Videos sind momentan sehr beliebt.
Andreas, wie unterstützt ihr Creators wie Kris?
Andreas Briese: Kris ist in unserem YouTube-Partnerprogramm und hat somit einen persönlichen Ansprechpartner auf YouTube. Wir fördern auch den Austausch zwischen Creators, zum Beispiel durch Creator-Treffen wie heute hier in Zürich. Wir bieten viele Produkte, die Creators helfen, wie die Shorts-Kamera und verschiedene AI-Tools. Zudem haben wir Monetarisierungsprodukte, um Creators zu unterstützen, auf YouTube Geld zu verdienen.
Welche Trends beobachtet ihr hinsichtlich der Wirksamkeit von Videos?
Andreas Briese: Shortform-Video ist ein Riesentreiber. Wir haben weltweit 70 Milliarden Shorts-Aufrufe pro Tag. Genau genommen begann YouTube ja als Shortform-Video-Plattform mit dem allerersten Video «Me at the zoo» mit 19 Sekunden. Shorts sind heute eine gute Eintrittstür in die YouTube-Welt. Aber YouTube ist eine Multi-Format-Plattform mit Shortform, Longform, Live und Podcasts. Unser Ziel ist es, Creators kreative Freiheiten und vielfältige Möglichkeiten zu bieten.
Was macht Shorts besonders attraktiv im Vergleich zu anderen Plattformen wie Reels oder TikToks?
Kris: Shorts bieten den Vorteil der Monetarisierung, was in der Schweiz so mit einzigartig ist. Creators können für ihre Klicks bezahlt werden, was Shorts besonders attraktiv macht.
Welche Rolle spielen Interaktionen mit der Community?
Kris: Interaktionen sind eine super Möglichkeit, sich mit der Community zu verbinden und Austausch zu haben. Das baut eine starke Bindung zur Community auf. Ich habe zum Beispiel eine Umfrage gemacht, und da haben um die hunderttausend Leute abgestimmt. Das ist eine enorme Interaktion und zeigt, dass solche Videos gut ankommen, wenn die Leute mit dem Creator interagieren können.
Welche Beobachtungen macht ihr mit Interaktionen von Brands auf YouTube?
Andreas Briese: Interaktion ist sehr wichtig. YouTube ist keine Einweg-Plattform, sondern immer eine Zweiweg-Plattform. Diskussion und Interaktion sind ein wesentlicher Bestandteil. Ein Follower auf YouTube ist oft ein richtiger Fan. Wenn man es schafft, sich eine Abo-Basis aufzubauen, ist diese wirklich belastbar und bringt viele Views und Interaktionen. Marken verstehen das und bauen entweder eigene Brand Channels auf oder arbeiten mit Creators zusammen, um ihr Publikum zu erreichen.
Stichwort Kollaboration. Kris, in anderen Videos habe ich gesehen, wie du dich mit einer Tagescreme die Haut schön hältst. Wie viele solcher Kollaborationen hast du aktuell am Laufen?
Kris: Mein Ziel ist es, Langzeit-Kooperationen mit Brands einzugehen. Momentan sind das vier bis fünf Marken, mit denen ich das ganze Jahr 2024 geplant habe. Ab und zu gibt es dann mal einzelne Kooperationen für Events, aber ich fokussiere mich auf nachhaltige Langzeitkooperationen.
Authentizität ist ein wichtiges Stichwort. Wie viel von dir persönlich steckt in deiner Figur, die du in deinen Shorts darstellst?
Kris: Ich denke, der Vorteil ist, dass ich viel von mir zeigen kann, weil ich mein Leben zeige. Natürlich versucht man, sich immer von der besten Seite zu zeigen, aber ich kann auch viel von mir preisgeben, weil die Leute mich in vielen Situationen begleiten. Ich mache auch Live-Videos, und so können die Leute sehen, wie ich als Person bin. Es gibt natürlich private Dinge, aber die Leute wissen inzwischen recht viel über mich, da ich das schon seit vier Jahren mache.
Hast du Tipps für Einsteiger?
Kris: Auf jeden Fall. Am Anfang keine Angst haben, Fehler zu machen. Man muss ausprobieren und seine Richtung und Nische finden. Sich nicht demotivieren lassen, auch wenn die Videos am Anfang wenige Views bekommen. Man muss dranbleiben und seine Leidenschaft ausleben, ohne von Anfang an 20 Millionen Abos zu erwarten. Es geht darum, seine Leidenschaft zu verfolgen und langsam aufzubauen.
Andreas, was rätst du Brands, die loslegen wollen mit Shorts und mehr im Style der Creators auftreten wollen?
Andreas Briese: Als Brand muss man sich zunächst als Creator verstehen. Authentizität ist wichtig, also muss man sich über den Markenkern klar sein und überlegen, wie man diesen auf YouTube transportiert. Es geht darum, Personen als Markenbotschafter zu nutzen, viel auszuprobieren und dem Publikum zuzuhören. Zudem sollte man die analytischen Tools nutzen, um zu verstehen, welche Videos funktionieren, und darüber das Handwerk auf YouTube lernen.
Du hast das Thema Multiformate angesprochen. Wie bringt man eine solche Verknüpfung zustande? Kannst Du ein Beispiel nennen, bitte.
Andreas Briese: Ein gutes Beispiel ist die Formel 1. Sie nutzen Short-Form-Videos, um auf Events aufmerksam zu machen, Live-Streams für Vorberichte und VOD-Inhalte für tiefere Einblicke. Teilweise nutzen sie auch Podcasts für Audiokommentare. Wenn man alle Formate zusammen nutzt und sich überlegt, wann man das Publikum am besten erreicht, entsteht eine gegenseitige Befruchtung der Formate.
Ein weiteres Thema, das ich anschneiden möchte, ist KI – Künstliche Intelligenz. Welche Rolle spielt sie bei YouTube?
Andreas Briese: Bei YouTube spielt sie in allen Bereichen eine Rolle und auch schon seit langer Zeit eine Rolle. Zum einen helfen wir Creators wie Kris Videos einfacher und besser zu kreieren, und zwar auch mit Hilfe von künstlicher Intelligenz. Wir haben im letzten Jahr und auch in diesem Jahr eine Menge Tools gelauncht. Dream Screen ist ein Tool, in welchem man künstliche Hintergründe schaffen kann. Wir werden ein Tool launchen, welches zu mehr Analytik über künstliche Intelligenz verhilft, sozusagen den Kanal besser zu verstehen und bessere Vorschläge zu erhalten, wie das nächste Video aussehen kann.
Wir haben seitens YouTube und Deepmind gerade im Musikbereich viel mit Musik-Label zusammengearbeitet, um über künstliche Intelligenz neue Musik zu kreieren. Was ein wahnsinnig spannendes Thema ist. Siehe hier ein Video, welches die Arbeit mit einigen dieser Musik-Artists zeigt.
Auf der Viewer-Seite helfen wir, Barrieren zu entfernen. Es gibt schon seit längerer Zeit künstliche Übersetzer, also Audio-Kommentare, die in Texte übersetzt werden und dann automatisch in andere Sprachen übersetzt werden. Das hat dazu geführt, dass viele Nutzer:innen, die vielleicht Französisch nicht können, auf einmal französische Videos auch in Deutschland oder in Spanien sehen können.
Die nächste Fortentwicklung dazu sind automatische Dubbing-Tools. Aloud ist ein Tool, was wir vor einiger Zeit angekündigt haben, was sicherlich auch ganz spannend ist.
Was hat YouTube im KI-Bereich Neues für Werbetreibende geplant?
Andreas Briese: Auf der Werbeseite ist ein ganz, ganz spannender Bereich. Da helfen wir Werbetreibenden zum einen auch einfacher Werbeassets zu generieren über künstliche Intelligenz und Kampagnen besser und effektiver auszusteuern und dann eine Sache, die wir schon ganz lange machen, die Plattform sicher zu halten mit Hilfe von “Classifiers”, das sind im Endeffekt nichts anderes als über künstliche Intelligenz trainierte Robots, die schauen, ob Videos im Rahmen unserer Community Guidelines auf der Plattform erlaubt sind oder nicht 90 Prozent der Inhalte, die von YouTube entfernt werden, werden imEndeffekt über AI-Classifier identifiziert.
Kris, wo setzt du KI schon ein?
Kris: Ich persönlich vor allem beim Video-Editing, da kann ich einerseits die Untertitel generieren, ich kann Autocuts machen, so meine Videos kürzer schneiden und auch teilweise um Skripte zu erstellen. Ich habe mehrere Accounts, ich habe diese auf verschiedenen Sprachen, teilweise auch ein bisschen informativere Videos und mit der KIein kleines Skript zu kreieren, Sachen nachzuforschen, kann sehr hilfreich sein. Aber ich denke vor allem eben momentan, was ich am meisten benutze sind wirklich diese Untertitel und das Schneiden von Videos mithilfe von KI.
Was bringt die Zukunft Deines Creator-Account?
Kris: Ich glaube langfristig auf jeden Fall mehr Longform-Projekte. Ich glaube, das YouTube wirklich diese Möglichkeit bietet, diese Longform-Projekte umzusetzen, ich will auf jeden Fallin diese Richtung gehen. Meine Follower fragen mich auch immer, wollen längere Videos von mir sehen. Ich glaube, dass Short Form der “way to go” ist, gerade auch um einzusteigen. Ich bin jetzt mittlerweile über drei Jahre auf YouTube, kann langsam diesen Switch machen und habe auch sehr Lust darauf, auch längere Projekte umzusetzen. Was mich auf YouTube auch unterscheiden würde von anderen Plattformen.
Worauf dürfen wir uns bei den Shorts freuen?
Andreas Briese: Sicherlich ganz spannende KI, also AI Creation Tools, da werden wir eine ganze Menge machen in dem Bereich. Eine engere Verzahnung noch von Shorts mit all den anderen Inhaltsformen, mit Long Form, mit Live und mit Podcasts und sicherlich auch ganz spannend erweiterte Monetarisierungsmöglichkeiten auf YouTube. Kreativität muss sich lohnen, da werden wir ganz besonders in den Bereich Shopping investieren, also dass Creator ihre eigenen Produkte auf YouTube verkaufen können.
Zum Schluss bitte ich Euch, je eine Botschaft an die Schweizer Werbeauftraggeberschaft zu richten, um aufzuzeigen, wo ihr denkt, dass deren grösstes Potenzial liegt, ihre Botschaften kreativer und mediengerechter zu machen, damit sie eben auch in diesen neuen Formen wie Shorts bestehen können?
Kris: Ich denke, dass es zahlreiche Möglichkeiten gibt. Man muss sich auf jeden Fall auch trauen. Ich glaube, momentan gibt es noch nicht so viele Beispiele, aber sobald sich jemand mal traut und man sieht, es funktioniert, dann werden immer mehr einsteigen und so kann sich das etablieren. Und eben, ich glaube, es ist eine super Möglichkeit, die neue Generation zu erreichen, auch etwas jüngere Leute genau über diese Plattform. Und ich glaube, es gibt fast keine anderen Möglichkeiten, so direkt dieses Publikum zu erreichen, beispielsweise via Shorts.
Andreas Briese: Zum einen bietet YouTube Werbetreibenden hocheffiziente und wirksame Formate, egal in welchem Bereich des Werbe-Funnels, sei es auf der Awareness-Seite, sei es auf der Consideration-Seite, welche wirklich einen ganz tollen Return-on-Investment bietet. Aber eine Sache, die ganz wichtig ist – man sollte YouTube insbesondere beim Thema Social Budgets nicht unterschätzen.
Wir sehen das. YouTube erreicht 90 Prozent der Gen Z. Das ist mehr als die meisten anderen Plattformen bieten. YouTube ist die Nummer eins, was relevante Inhalte angeht. Wir haben ein riesiges Creator-Ökosystem. Wir bieten Werbeformate, wie auch immer die Marketingziele lauten, die gerade im Social-Bereich jede Art von Bedürfnis der Werbetreibenden bedient. Und von daher kann ich die Werbekund:innen, die ja gerne auch immer zwischen Branding und Social Budgets trennen, nur ermutigen, auch ihre Social Budgets stärker auf YouTube auszubauen.
Wir gehen nach Cannes ans Lions Festival. Eine Frage, die Ihr gerne beantwortet gehabt hättet, die ich da vor Ort den Kreativsten der Welt stellen kann?
Andreas Briese: Was ist der entscheidende menschliche Faktor in Kreativität in den nächsten fünf Jahren?
Noch ein Gedanken zum Schluss?
Andreas Briese: Ich denke, es bieten sich riesige Möglichkeiten mit YouTube. Und man sollte sich auf jeden Fall trauen, diese Möglichkeit zu nutzen. Und um so den anderen gegebenenfalls auch ein bisschen voraus zu sein.
Kristian «Kris» Grippo @kris8an aus Basel
Auf Social Media ist Kris auf allen wichtigen Plattformen und mit mehrsprachigen Accounts vertreten, wobei er sich auf den internationalen und deutsch-schweizerischen Markt konzentriert. Er teilt viel von seinem Leben mit seiner Community, ist aber vor allem für seine Haarvideos, GRWM’s („Get Ready with Me“-Videos) und lustige Trends bekannt. Sein grundlegendes Ziel auf seinen Plattformen ist es, ein Vorbild und eine Inspiration für andere Menschen zu sein und typische Geschlechterstereotypen zu durchbrechen.
Andreas Briese – Director, YouTube Content Partnerships, Central and Northern Europe
Andreas Briese kam 2008 zu Google, wo er verschiedene Positionen im YouTube-Content-Partnerschaftsteam innehatte. Derzeit leitet er die deutschsprachigen Gebiete sowie Zentral- und Osteuropa, wo er und sein Team für Partnerschaften mit Sendern, Produktionsfirmen, Rechteagenturen, Multi-Channel-Netzwerken und YouTube-Creatorn verantwortlich ist. Darüber hinaus ist er als Regional Director YouTube verantwortlich für die funktionsübergreifende Steuerung in der Region. Vor Google war Andreas in verschiedenen Positionen bei der RTL Group, der ARD und ProSiebenSat1 tätig. Andreas hat Physik, Mathematik und Wirtschaftswissenschaften in Münster, Edinburgh und München studiert.