Wir gratulieren!

Das Editorial aus der Werbewoche 7/2018 zum frischgekürten «Werber des Jahres».

egon-werber-des-jahres-t-t

Gut Ding will Weile haben. Beim dritten Anlauf in Folge hat es geklappt: Livio Dainese ist neuer «Werber des Jahres». Dass der Titel nach mehrmaliger Nomination nicht automatisch zum Selbstläufer wird, hat die Vergangenheit wiederholt gezeigt. Der heutige ADC-Präsident Frank Bodin etwa benötigte neun Anläufe, ehe ihn die Leserschaft der Werbewoche 2009 zum «Werber des Jahres» kürte.

Und so wurde die Wahl auch für das Kreativ-Mastermind von Wirz nicht zum Spaziergang. Lange sah es nach einem Kopf-an-Kopf-Rennen mit offenem Ausgang aus. Am Ende erhielt Dainese 51 Prozent der abgegebenen Leser- und 43 Prozent aller Jurystimmen.

Das Gesamtscore von 47 Prozent reichte am Ende aus, um mit einem doch ziemlich komfortablen Vorsprung auf die Mitstreiter Pascal Deville (Freundliche Grüsse) und Daniel Zuberbühler (Sir Mary) den Egon an die Zürcher Uetlibergstrasse zu holen.

Im 41. Jahr des Awards ist Dainese der 45. Branchenvertreter, dem der Titel «Werber des Jahres» verliehen wird – in der «Hall of Fame» auf den Seiten 6 und 7 bilden wir sie alle ab. Einen Egon haben aber längst nicht alle von ihnen im Regal stehen.

Denn die vom Zürcher Künstler Max Grüter entworfene Statue wird erst seit Januar 2002 vergeben. In jenem Jahr änderte sich auch die bis dahin gängige Praxis, im Folgejahr den Vorjahreswerber zu küren. Dominique von Matt ging deshalb als eine Art «Doppel-Werber-des-Jahres» (2001 und 2002) in die Geschichte des Awards ein.

Und wenn wir schon in den Geschichtsbüchern stöbern: Erfunden hat den Namen «Egon» Markus Ruf. «Ich habe den Namen vorgeschlagen, weil er zu drei Vierteln aus Ego besteht. Und das ist bei Werbern mitunter ja ziemlich ausgeprägt», erklärte er später im Interview.

Ruf arbeitete damals als Freelancer für Ruedi Wyler – «Werber des Jahres» 1983. Dieser hatte seinerzeit das Werbewoche-Budget inne und wurde beauftragt, einen geeigneten Namen für die neue Trophäe zu finden. «Das Werbewoche-Budget» . . . man könnte schon fast etwas wehmütig werden.

Darum zurück in die Gegenwart. Die Schweiz hat einen weiteren hochverdienten «Werber des Jahres». Nicht, weil wir beide – wie wir herausgefunden haben – demselben Garagisten in der Aargauer Provinz vertrauen. Nicht, weil sich nach dem Wahl-Aargauer Lück nun auch noch ein geborener Aargauer in die Annalen der Kreativwirtschaft einträgt – Kreativkanton Aargau.

Sondern weil Livio Dainese den Titel ganz einfach verdient hat. Die vielbeachtete, weltweit gefeierte Migros-Wichtel-Kampagne war lediglich der Abschluss eines grossartigen Werbejahres, das wiederum nur die konsequente Fortführung einer bemerkenswerten Laufbahn darstellte. Dainese mag weder auf Wichtel Finn noch auf die Steinböcke Gian und Giachen reduziert werden. Ihm geht es darum, mit seinem Team wirksame und vor allem populäre Kommunikation zu machen. Er will Themenfelder komplett anders angehen und Kategorien neu definieren. Am liebsten im Auftrag von grossen, komplexen und vor allem zahlenden Kunden. Als CCO arbeitet er an Schlüsselprojekten kreativ mit und entwickelt als Co-CEO gleichzeitig die Agentur konsequent weiter. Man hat das Gefühl, ihm gelinge das eigentlich alles ganz gut.

Nichtsdestotrotz sind sowohl Wichtel wie auch Steinböcke eindrückliche (und rar gewordene) Beispiele dafür, dass klassische Werbung grosse Teile der Schweizer Bevölkerung noch vorbehaltslos begeistern kann. Auch in Zeiten von Influencer Marketing, Native Advertising und Werbemüdigkeit. Wenn die Menschen auf YouTube aktiv nach Werbespots suchen und darunter euphorische Kommentare zu hinterlassen, hat man als Werber wohl irgendetwas richtig gemacht.

Dainese wird die Schweizer Kreativbranche in den nächsten zwölf Monaten als «Aushängeschild» würdig – und auf seine ganz eigene Art – vertreten. Wir freuen uns darauf!

Last but not least möchten wir uns aber natürlich auch bei den anderen beiden Nominierten, Daniel Zuberbühler und Pascal Deville, für die konstruktive und angenehme Zusammenarbeit während der Nominations- und Wahlphase bedanken. Das positive Feedback, das wir zu ihrer Nomination erhalten haben, lässt vermuten: Man hat wohl auch im Zusammenhang mit dem «Werber des Jahres» nicht zum letzten Mal von ihnen und ihren Agenturen gehört. Wie anfangs erwähnt: Manchmal sind ein paar Anläufe nötig – es müssen ja nicht immer gleich deren neun sein.

Thomas Häusermann, Chefredaktor a.i. Werbewoche

Weitere Artikel zum Thema