Westschweizer Barrikaden

Kinomagazine Bewegung bei Westschweizer Filmzeitschriften: Der Kinovermarkter Cinecom akquiriert neu für das kleine Films, Konkurrent Mediavision legt seine Hand auf das grosse Live.

Kinomagazine Bewegung bei Westschweizer Filmzeitschriften: Der Kinovermarkter Cinecom akquiriert neu für das kleine Films, Konkurrent Mediavision legt seine Hand auf das grosse Live.Vorsicht! Der französische Kinovermarkter Mediavision (MV), der in der Westschweiz einen Marktanteil von 45 Prozent bei der Kinowerbung hält, hat mit Live, der grössten Gratis-Kinozeitschrift der Romandie (140000 Exemplare), direkt nichts zu tun. Und doch gibts seit jüngstem eine Verbindung zwischen MV und Live – ähnlich der schon bestehenden zwischen MV und der zweiten Westschweizer Gratis-Kinozeitschrift Avant première (AP) und deren Deutschschweizer Schwester Film demnächst.Die Verbindung funktioniert so: AP (97845 Exemplare) und Film demnächst (134210 Exemplare) werden von Promoéditions herausgegeben, eine 100-prozentige Verlagstochter der Westschweizer Quorum Communication. Die Vermarktung beider Hefte (auch mit Anzeigenkombi) erledigt
Promoguide, ebenfalls eine 100-Prozent-Tochter der Quorum-Gruppe. Für die beiden Hefte ist Kinobranchenkenner Jean-Pierre Grey zuständig, seit kurzem auch bei Live Verlagsleiter im Auftrag von Promoéditions.
Zwar gehört Live dem Lausanner Verlag Télimage, dieser hat aber im Februar 2003 Promoéditions die Produktion von Live übertragen – mit dem Ziel, Kosten zu senken. Grey richtete das bisherige Musik- und Filmheft ganz auf Film aus und lässt Journalisten von AP auch für Live schreiben. Er betont jedoch, dass kein Heft Artikel vom andern übernehme. Auch im Anzeigenbereich sei keine Kooperation geplant. Eine solche würde sich aber anbieten, weil beide zusammen die Romandie-Kinos vollständig abdecken: Live liegt in Kinos der Europlex-Kette (in Cinecom-Pacht!) auf, AP bedient die übrigen.
Worin besteht nun eine Verbindung zwischen MV und Live? Vor allem in der Person von Olivier Bloch, Direktor von Mediavision Suisse, aber auch über Roland Ray, VR-Präsident der Quorum-Gruppe. Die beiden sind befreundet und auch über VR-Funktionen in verschiedenen Firmen liiert. So ist Bloch bei beiden Quorum-Töchtern zeichnungsberechtigt und innerhalb von Promoéditions VR-Vizepräsident beim Verlag von Film demnächst. Umgekehrt sitzt Ray als VR-Präsident in Blochs Anzeigenagentur Mediapresse.
(Anzeigen-)Korb für Luchsinger
Diese Verbindungen sind vor allem aus der Warte der MV-Konkurrentin Cinecom brisant, die in der Deutschschweiz das Teleclub-Kinomagazin Close-up (159840 Exemplare) vermarktet und auch in der Westschweiz im Printbereich aktiv sein möchte. Anfang Jahr hat sie nun die Vermarktung der Abo-Zeitschrift Films (20000 Exemplare) übernommen. Zwar macht ein Kombi mit dem Gratisheft Close-up keinen Sinn, doch Cinecom kommt mit Films, das auch in Kinos mit MV-Pacht aufliegt, in die Häuser der Konkurrentin. Matthias Luchsinger, CEO und Mitinhaber von Cinecom, sieht das neue Engagement vor allem als Ausbau der Cinecom-Präsenz in der Westschweiz. Er verhehlt auch nicht, dass er an der Vermarktung von Live interessiert wäre und schon Gespräche geführt hat. Tatsächlich würde Live gut ins Cinecom-Portfolio passen, denn wie Live ist auch Close-up an eine Kinokette – Kitag – gebunden. Doch Luchsinger ist offenbar bei Télimage abgeblitzt. Jedenfalls hat Télimage im Februar seinen Vertrag mit der Lausanner Agentur General Media erneuert. Sie konnte das Inseratevolumen von Live im letzten Jahr um 6,5 Prozent steigern! Das ist auch in dieser Branche aussergewöhnlich: AP zum Beispiel hat 11,6 Prozent verloren.
Solange die MV-Quorum-Télimage-Connection besteht, dürfte es für Cinecom künftig noch schwieriger sein, an Live heranzu- kommen. Das Umgekehrte ist wahrscheinlicher: Dass Teleclub Close-up in neue Hände, etwa in jene von General Media oder Promoguide, gibt. Dann wäre der Weg für neue Kombis frei. Ob es dazu kommt, hängt davon ab, was stärker ist: Der Druck an der Anzeigenfront oder die Verbindungen zwischen Teleclub, Ringier, Sat1 (Schweiz) und Cinecom.
Verschlungene Verlags- und Anzeigenwege im Westschweizer Kinozeitschriftenmarkt führen in die Kassen von Ray, Grey und Bloch.
Nebst Close-up neu im Portfolio von Cinecom: Films.
Markus Knöpfli

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