Trendtagung Fach- und Spezialmedien 2022: Mehr Mut zu «Trial and Error»

Am Mittwoch trafen sich im Zürcher Folium etwa hundert Vertreter:innen der Schweizer Fach- und Spezialmedien, um die Zukunft der Branche zu diskutieren. Der Tenor bei Referent:innen wie Besucher:innen war eindeutig: Ohne Mut zu «Trial and Error» wird’s nicht gehen.

Die Trendtagung Fach- und Spezialmedien, ausgerichtet vom Verlegerverband Schweizer Medien und dem zugehörigen Medieninstitut, ist festes Element im Kalender vieler Journalist:innen. Insbesondere jener, die bei kleinen und mittelgrossen Verlagshäusern tätig sind – oder für Nischen-Publikationen verantwortlich zeichnen. Wie die «Grossen» kämpfen auch sie mit sinkenden Anzeigeneinnahmen, der Suche nach neuen Geschäftsmodellen und steigenden Materialpreisen; müssen aber auf Grund begrenzter Ressourcen diesen Herausforderungen oft mit besonders grosser Kreativität begegnen. Dazu passte auch der Tenor der Tagung: «Trial and Error» ist 2022 das Gebot der Stunde.

Digitalisierung und Social Media in Fachverlagen: Quo vadis?

Die Unternehmerin und Digital-Expertin Sunnie Groeneveld machte mit einem Input-Referat über Digitalisierung und Social Media in Fachverlagen den Aufschlag. Sie kennt sich mit dem Thema bestens aus – sitzt sie doch unter anderem im Verwaltungsrat der Galledia Group, zu der (neben werbewoche.ch und m&k) diverse auf Special Interest-Themen fokussierte Publikationen gehören. Groeneveld sprach in ihrer Keynote kaum über praktische Anwendungsbeispiele – diese seien je nach Verlag und Medium allzu divers – sondern betonte stattdessen, in welchem unternehmerischen Klima respektive unter welchen Bedingungen digitale Transformation gelingen kann. «In einer Atmosphäre der Angst, wo Menschen Sorge haben, mal einen Fehler zu machen – sicher nicht!», hielt sie fest. In einem von kontinuierlicher Entwicklung geprägten Markt sei es wichtig, verschiedene Ideen zur Anwendung zu bringen – sei dies nun in Bezug auf Social Media-Channels, die man ausprobieren oder in Bezug auf neue Geschäftsmodelle, die man implementieren wolle. «Wenn mal etwas nicht funktioniert, ist das kein Weltuntergang, sondern eine Gelegenheit, dazu zu lernen», gab sich die Unternehmerin überzeugt.

Sunnie Groeneveld hielt die Keynote.
Sunnie Groeneveld hielt ein Input-Referat über Digitalisierung und Social Media in Fachverlagen. (Bild: m&k)

«TierWelt»: Ein Relaunch mit Hindernissen

Danach berichtete die Geschäftsführerin der Schweizer Agrarmedien, Barbara König, «aus der Praxis» über die Akquisition und den Relaunch des Mediums «TierWelt» durch ihren Verlag. Lange primär als Verbandsheft geführt, musste das Magazin nach dem Kauf auf ein komplett neues Fundament gestellt werden. In einer «tour de force» wurden nicht nur Team und redaktionelles Konzept, sondern auch Layout, Verkaufs- und Erscheinungsstrukturen (mehr Seiten pro Ausgabe, dafür weniger Ausgaben pro Monat) verändert. Gerade letzteres, wie König zugab, habe bei ihr mitunter für schlaflose Nächte gesorgt – und bei den Leser:innen für eine Menge Erklärungsbedarf. Am Ende wurde aber alles gut: «Wenn Sie von einer Idee überzeugt sind, dann müssen Sie das durchziehen und dürfen nicht ewig diskutieren», so die Geschäftsführerin.

«Publisher»: Print als Premium-Produkt

Vom Wert starker Ideen, der «Trial and Error»-Philosophie und dem konstanten Mut zum Ausprobieren sprach auch Laurent Gachnang, Verleger des Print- und Verlagsmagazins «Publisher». Als er dort das Ruder übernahm, berichtete Gachnang, habe er immer wieder die Frage beantworten müssen, ob (und wenn ja, wann) er das Heft vollständig digitalisiere. Aus der Startup-Branche kommend, habe sich kaum jemand vorstellen können, dass Gachnang das Print-Heft hochhalten wolle. Doch genau das tat er: Statt den «Publisher» einzustampfen, machte der Verleger ihn zum Premium-Produkt. Manches in der Markenwelt drumherum gelang – etwa der Webshop mit Profi-Print-Zubehör – und manches nicht («Beim Merchandise sind wir bis heute unsere eigenen, besten Kunden!»), aber das trübte die Laune des jungen Verlegers keineswegs. «Testen Sie, nutzen Sie Tools und lassen Sie das, was nicht fliegt, einfach wieder fallen», gab er dem Publikum mit auf den Weg.

Laurent Gachnang sprach über neue Ansätze in der Monetarisierung von Fachmagazinen. Bild: m&k
Laurent Gachnang sprach über neue Ansätze in der Monetarisierung von Fachmagazinen. (Bild: m&k)

Newsletter: Alles andere als Abfall

Mit Dr. Peter Hogenkamp, dem CEO der Scope Content AG, kam dann noch ein Thema auf’s Tableau, von dem man (eigentlich!) denken könnte, die Branche wisse dazu schon eine Menge. Hogenkamp sprach über «Do’s and Don’ts für Newsletter von Verlagen» und zeigte anhand verschiedener (Negativ-)Beispiele, dass der Kenntnisstand bei vielen Medienhäusern wohl doch geringer ist, als man antizipiert hätte. Newsletter, so konstatierte Hogenkamp, würden oft als Nebenprodukt des «eigentlichen» redaktionellen Arbeitens oder lästige Pflicht im journalistischen Alltag betrachtet; dabei seien sie – richtig gemacht – das genaue Gegenteil. «Wer Sorgfalt und Leidenschaft in Newsletter investiert, wird dafür belohnt», so der Experte.

Bei Dr. Peter Hogenkamp ging es um Do’s and Don’ts für Newsletter von Verlagen. (Bild: m&k)

Panel zur Zukunft der Fachmedien

Vor dem Apéro wagte Wirtschaftsredaktorin Edith Hollenstein zusammen mit Velojournal-Herausgeber Peter Mijnssen, Media-Profi Sacha Steiner und Pro Holzbau Schweiz-Verlagsleiterin Dorothee Bauland dann noch den Blick auf das grosse, Ganze: Wie wird sich die Welt der Fach- und Spezialmedien in der Schweiz in Zukunft entwickeln? Aller Krisen zum Trotz zogen die Beteiligten eine positive Bilanz: Ja, gerade in Bezug auf bezahlte Kooperationen und Anzeigeneinnahmen habe eine Epoche der Unsicherheit begonnen. Aber: Mit Einfallsreichtum, cleveren Innovationen und vor allem hoher Qualität könne besagter Unsicherheit begegnet werden. Ein versöhnlicher Ausklang also – und eine grundsätzlich optimistische Überleitung zum informellen Teil des Abends.

 

 

 

 

 

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