Ombudsmann verteidigt DOK-Film «Die schweigende Mehrheit»

Ein DOK-Film des Schweizer Fernsehens SRF über Grenchen hat hohe Wellen geworfen und zu einer Flut von Beanstandungen beim Ombudsmann geführt. Dieser bezeichnet  «Die schweigende Mehrheit» als anschauliche Reportage und gibt den Kritikern nur in Sachdetails recht.

dok-t

Das Bild, welches am 12. April im rund fünfzigminütigen DOK-Film «Die schweigende Mehrheit – Schweizer Nabelschau in Grenchen» auf SRF 1 von der Solothurner Stadt gezeigt wurde, sorgte für Empörung. In den lokalen Medien erschienen mehrere Artikel, wütende Bürgerinnen und Bürger meldeten sich zu Wort. Als «tendenziös», «polemisch», «komplett daneben» wurde der Film etwa bezeichnet.

Neben dem FDP-Stadtpräsidenten, François Scheidegger, beschwerten sich fünf weitere Kritiker beim Ombudsmann von SRF. Dieser veröffentlichte am Dienstag seinen Bericht dazu. Er gibt den Beschwerdeführern aber nur in einzelnen Sachdetails recht.

Anhand von drei Ehepaaren stellte die SRF-Journalistin in ihrem DOK-Film das Problem der schweigenden Mehrheit in der Schweiz dar. Zeigte Leute, die politisch verunsichert sind, Angst vor der Globalisierung haben und nicht abstimmen gehen. Grenchen wählte sie aufgrund statistischer Daten aus, wie der Ombudsmann schreibt. Grenchen spiegelt die Argumente «Die dauerhaft grosse Stimmenthaltung, hohe Sozialhilfe- und Ausländerquoten oder auch der deutliche politische Umschwung von den Bilateralen zur Masseneinwanderungsinitiative haben die Autorin nach Grenchen geführt», sagte Ombusmann Roger Blum am Dienstag gegenüber Keystone-SDA. Das sei legitim und nachvollziehbar.

Die Programmautonomie erlaube es, ein Thema aufzugreifen und es dort festzumachen, wo sich die Argumente dazu spiegelten. «Dem Publikum wird rasch klar, dass die drei Ehepaare im Zentrum stehen und nicht Grenchen als Stadt», sagte Blum. Es sei für den Zuschauer deshalb gut möglich, sich ein eigenes Bild zu machen.

Die sechs Kritiker hatten beim Ombudsmann eine ganze Liste von Beanstandungen eingereicht. Diese reichten von Verletzung der journalistischen Sorgfaltspflicht und Sachgerechtigkeit über Manipulation und Thesenjournalismus bis hin zur Diskriminierung, Beleidigung und Instrumentalisierung der Beteiligten.

Den grössten Teil dieser Einwände weist der Ombudsmann in seinem Bericht ab. Er verstehe, dass der Film als Porträt von Grenchen gelesen werden könne, sagte Blum. «Aber die Fokussierung auf die negativen Aspekte ist bei einem Film zu diesem Thema legitim.» Auch sei weder jemand diskriminiert noch das Publikum manipuliert worden.

Unglückliche Auswahl der Paare

Als unglücklich bezeichnet der Ombudsmann jedoch die Auswahl der Ehepaare, weshalb auch der Titel «Die schweigende Mehrheit» nicht eingelöst werden könne. Eines der drei Paare beteilige sich nämlich durchaus politisch und das Paar aus Bosnien könne dies mangels Stimmrecht gar nicht tun. «Hingegen stehen alle drei für Identitäts- und Zukunftsängste.»

Insgesamt erachtete der Ombudsmann vier von 13 Beanstandungen als gerechtfertigt. Bei diesen ging es vorwiegend um Details. So wurden etwa eine falsche Angabe zur SP-Vertretung im Gemeinderat gemacht, der Verwalter der Bürgergemeinde falsch bezeichnet oder auch die Integration des bosnischen Paares zu wenig deutlich gezeigt.

Die Ombudsstelle fällt keine rechtsgültigen Entscheide. Sie berät und vermittelt bloss. Die Beanstander können noch bis zum 27. Juli bei der Unabhängigen Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen (UBI) eine Beschwerde einreichen.

Bereits kurz nach der Ausstrahlung hatten sich SRF und der Grenchner Stadtpräsident darauf geeinigt, auf der Homepage der Sendung DOK eine Ergänzung zu publizieren. Darin wird darauf hingewiesen, dass aus Sicht des Stadtpräsidenten Grenchen zu negativ dargestellt und nicht auf die positiven wirtschaftlichen Entwicklungen der letzten Jahre eingegangen werde. Zudem wurde eine Szene aus dem Film herausgeschnitten, weil darin eine Frau zu sehen war, die ihr Einverständnis dafür nicht gegeben hatte. Im Internet wurde ausserdem eine Sequenz mit präzisierenden Informationen redaktionell ergänzt, wie SRF auf Anfrage bekanntgab. (SDA)

Weitere Artikel zum Thema