Bauernverband fühlt sich von der SonntagsZeitung auf den Schlips getreten
Tierquälerei: Die SonntagsZeitung hat in der aktuellen Ausgabe von «skandalösen Zuständen auf Schweizer Höfen» berichtet. Der Bauernverband sieht im Artikel eine «ungerechtfertigte Pauschalverurteilung» und legt Beschwerde beim Presserat ein.
Kein gutes Zeugnis stellen die fünf Autoren, welche für die SonntagsZeitung über Tierschutz-Verstösse auf Schweizer Bauernhöfen berichteten, den Landwirten aus. Besonders häufig scheinen demnach Rinder zu leiden: 2018 sollen bei Kontrollen über 3900 Mängel beim qualitativen Tierschutz der Jungkühe festgestellt worden sein. Am Ende führte dies zu 613 Verurteilungen von Bauern oder Tiertransporteuren.
Die Rede ist im Artikel von «skandalösen Zuständen» – auch wenn betont wird, dass der Grossteil der Bauern die Tiere korrekt behandelt. Jedoch, so die Erkenntnis, könnten Konsumenten nicht sicher sein, dass das Fleisch auf ihrem Teller nicht von Tieren stamme, die gelitten hätten.
Verschiedene Fälle werden genannt, ausgehungerte, kranke Tiere, prekäre hygienische Zustände, durstende Kälber und der (seit 2013 bei Neubauten verbotene) elektrische, oft missbräuchlich angebrachte «Kuhtrainer» – ein unter Strom stehender Draht, der die Tiere zwingt, in die Rinne hinter sich zu koten. Meist sei Überforderung der Grund, wieso Landwirte gegen das Tierschutzgesetzt verstossen, so ein zitierter Kantonstierarzt. Vereinzelt würden die Tiere auch bewusst leiden gelassen.
«Brennpunkt Bauernhof» heisst das Projekt, für das Tamedia-Journalisten in der Landwirtschaft recherchiert und anonymisierte Daten des Bundes zu Direktzahlungen ausgewertet haben. Die Resultate erscheinen seit Sonntag in diversen Tamedia-Titeln.
Im Artikel der SonntagsZeitung kommt auch der Bauernverband zu Wort. Dieser betont, dass man die Behörden bei Kontrollen unterstützte und man selbst daran interessiert sei, fehlbare Bauern zur Rechenschaft zu ziehen – denn diese schadeten dem Image. Ausserdem wird daran erinnert, dass die Mehrheit der Bauern gut für die Tiere sorge.
Über den fertigen, «reisserischen» Artikel zeigt man sich beim Verband dennoch wenig erfreut. Von «verzerrter Berichterstattung» ist in der Stellungnahme vom Dienstagabend die Rede.
Der Bauernverband betont, dass 2018 bei 87 Prozent der Kontrollen keine «Tierschutz-Mängel» festgestellt wurden. Die von der SonntagsZeitung genannte Zahl von 613 angezeigten Fällen wird als «unschön» und «hoch» bezeichnet. Das seien aber nicht «Tausende von Bauernbetrieben, sondern 1,3 Prozent der Tierhalter». Ebenso wenig könne man daraus auf generell skandalöse Zustände auf Schweizer Bauernhöfen schliessen.
Und weiter heisst es in der Stellungnahme: «Diese ungerechtfertigte Pauschalverurteilung ist ein Schlag ins Gesicht der grossen Mehrheit der Bauernfamilien, die sich tagtäglich vorbildlich um ihre Tiere kümmern. Der SBV reicht deshalb beim Presserat eine Beschwerde gegen die Berichterstattung der Tamedia-Gruppe und speziell der SonntagsZeitung ein.»
Wie der Presserat den Fall nun beurteilt, bleibt abzuwarten.