Was bedeutet eigentlich… «Lab»?

Benno Maggi befasst sich in seiner Kolumne «Was bedeutet eigentlich…?» mit Begriffen aus dem Marketing- und Kommunikationsbereich. Dieses Mal behandelt er den Begriff «Lab».

Die Abkürzung des Wortes Labor ist grad ziemlich populär. Warum eigentlich? Zwei Gründe dafür scheinen offensichtlich: Hilflosigkeit und Risikobereitschaft. Ersteres führt zu fast exzessivem Sprachgebrauch mit null Output. Zweiteres wäre eigentlich der ursprüngliche Beschrieb des Ortes, der als Arbeits- und Forschungsstätte für experimentelle wissenschaftliche Arbeiten im Bereich von Naturwissenschaften und Medizin dient.

Zum Ersteren: In unserer Branche sind wir uns ja exzessiven Sprachgebrauch gewohnt. Verwenden wir sprachliche Trampolinsprünge doch dauernd, um eine Arbeit, ein Produkt oder eine Dienstleistung zu betonen und attraktiver erscheinen zu lassen. Egal, ob als Superlative («das beste Angebot aller Zeiten») oder als Pleonasmus («Jetzt profitieren und Gratis-Geschenk erhalten») oder kombiniert («die innovativste Idee»).

Orte mit den Namen Crea-, Idea-, Innovation-Lab sind solche Pleonasmen, denn Lab = Forschungsstätte. Kreativprozesse = Forschungsarbeiten. Okay, das ist jetzt vielleicht etwas übertrieben, ein Superlativ sozusagen. Zumindest für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, aber die lesen diese Kolumne nicht. Wir sind ja hier unter uns. Also: Kreativarbeit ist Forschungsarbeit, weil Kreativität mit der Kompetenz verbundene Fähigkeit ist, Neues, nie zuvor Gesehenes zu bilden und zu verstehen. Schaut man sich aber heute die Schweizer Werbung an – egal, ob gedruckt, digital, bewegt oder social, dann verhält sich das Resultat der Arbeiten diametral zur Verwendung des Wortes Lab. Nichts Neues versus viele Wortkreationen mit dem Präfix Lab. Und jeder Raum und Nichtraum in jedem Unternehmen der Branche wird zu einem «Lab» oder als solches bezeichnet.

Wie der Hase vor der Schlange

Zu Letzterem: der Risikobereitschaft. In wirtschaftlich schwierigen oder äusserst erfolgreichen Situationen wäre es angebracht, Risiken einzugehen, statt wie Werbehasen oder Versuchskaninchen vor der Krisenschlange in Hilflosigkeit und Angst zu erstarren. Unternehmen, die in ihren erfolgreichsten Zeiten nämlich in Arbeitsorte und -modelle für Experimente investieren, statt fette Löhne oder Dividenden an Führungskräfte und Aktionäre auszuzahlen, bleiben meist nachhaltig erfolgreich. Wer aber in Krisen aus Angst vor Verlust im Status Quo verharrt oder noch schlimmer, sich auf alte Muster besinnt, der ist verloren, beziehungsweise wird gefressen, um bei der Redewendung zu bleiben. Da nützt auch nichts, wenn in dieser Hilflosigkeit noch Möbel umgestellt, Wände angemalt und Post-it in allen Farben gekauft werden, um leergewordene Büros entlassener Mitarbeitenden in Labs zu verwandeln.

Denn ein Lab ist zwar ein Ort, aber letztendlich eher eine Geisteshaltung. Oder woher kamen all die Produktideen, Marketingkonzepte, Gassenhauer oder Verkaufsschlager, bevor alles ein Lab war? Aus Garagen (so die Legenden), Cubicles (diese engen eineinhalb-Quadratmeter-Grossraumbüroboxen) oder eben aus experimentierfreudigen Köpfen.


Benno Maggi ist Mitgründer und CEO von Partner & Partner. Er lauscht seit über 30 Jahren in der Branche und entdeckt dabei für uns Worte und Begriffe, die entweder zum Smalltalken, Wichtigtun, Aufregen, Scrabble spielen oder einfach so verwendet werden können.

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