«PR im Social-Web ohne Strategie – diese Zeit ist vorbei»
Content is king, context is queen. Aber das ist noch nicht alles, was man beachten sollte, wenn man erfolgreich PR im Social-Web machen will. Wie Unternehmen, Organisationen und Private ohne Stolpern den Schritt in die Social-Media schaffen, wo sie sich Hilfe holen können und wie sie den Kommunikations-GAU umgehen, erklärt PR- und Social-Media-Spezialistin Marie-Christine Schindler im Gespräch mit der Werbewoche.
Werbewoche: PR bedeutet heutzutage nicht mehr nur, Pressemeldungen zu verfassen, die vom Vorstand des Unternehmens vor der Freigabe noch drei Mal umgeschrieben werden, einen Internetauftritt zu betreuen und vielleicht ein paar E-Mails zu beantworten. PR 2.0 ist Dialog auf allen Kanälen, oft mit sehr kurzen Reaktionszeiten. Was bedeutet das für Öffentlichkeitsarbeiter?
Marie-Christine Schindler: Das bedeutet, dass Öffentlichkeitsarbeiter heute etwas anderen Regeln folgen, wenn sie Informationen aufbereiten. Sie müssen sich nicht mehr allein nach den Spielregeln von Medien und Journalisten richten, die ganz genaue Vorstellungen davon haben, wie sie Informationen aufbereitet haben möchten, nämlich möglichst neutral, objektiv, als Arbeitsgrundlage eben. Zusätzlich haben Unternehmen heute die Möglichkeit, Informationen so zu gestalten, wie sie das möchten und einen Informationsfluss aufzubauen. Das heisst nicht, dass Medienarbeit tot ist. Aber Social-Media sind für Unternehmen und Organisationen eine ergänzende Möglichkeit, sich online zu profilieren.
Wenn eine PR-Abteilung rasch reagieren muss, zum Beispiel auf Tweets, ist es unmöglich, diverse Freigabeschleifen zu durchlaufen. Müssen Chefs und Vorstandsetagen in Zukunft mehr Vertrauen in ihr PR-Team haben? Ihm mehr Handlungsspielräume zubilligen?
Die Position von PR-Verantwortlichen hat sich mehrfach verändert und ist sehr komplex geworden. Denn die Broadcastkommunikation, bei der Pressesprecher im Namen von Unternehmen Meldungen herausgeben, ist vorbei. Gefragt sind inzwischen mehrere Stimmen aus dem Unternehmen. Es etabliert sich das Bewusstsein, dass jeder Mitarbeiter ein Teil vom Ganzen ist und jeder ein Fachmann in seinem Arbeitsgebiet. Das heisst nicht, dass jeder Einzelne im Unternehmen zum Kommunikator wird. Aber mehr denn je sollten die verschiedenen Abteilungen einen Social-Media-affinen Mitarbeiter benennen und ihn in der Kommunikation fördern. Das macht die Abstimmung noch viel anspruchsvoller, denn das minutiöse Abklären von Beiträgen ist nicht mehr möglich. Das geht noch beim Ursprungstext und bei der Kernbotschaft. Ist der Text publiziert, lassen sich die Reaktionen aus dem Social-Web nicht mehr kontrollieren und verlangen flexibles Handeln.
Im Unternehmen der Zukunft kümmern sich also mehrere Leute um die PR, es gibt nicht mehr einen Verantwortlichen, über dessen Tisch alles läuft?
Den PR- oder Kommunikationsverantwortlichen gibt es nach wie vor. Er hat zwei Aufgaben: Zum einen muss er die Fäden zusammenhalten, damit alles, was kommuniziert wird, gut zusammenspielt und miteinander einen Sinn ergibt. Damit nicht jeder macht, was er will, braucht ein Unternehmen eine Instanz, die die Gesamterscheinung steuert. Zum anderen muss der PRler eine Art Coachingfunktion übernehmen. Er sollte den Leuten, die aus ihrem Arbeitsbereich heraus viel authentischer als er berichten und Antworten geben können, beibringen, welches die Ziele und die Botschaften des Unternehmens sind, wie die Kommunikation im Social-Web läuft, worauf man achten und was man vermeiden muss. Die grösste Herausforderung ist, die Mitarbeiter auch sprachlich fit zu machen.
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