«Philip Morris tritt eher für einen Verzicht auf Kinowerbung ein»
Louis Paquier von Philip Morris Schweiz zur Werbung fürs Nichtrauchen und für Zigaretten
Louis Paquier von Philip Morris Schweiz zur Werbung fürs Nichtrauchen und für ZigarettenDie Vereinigung der Schweizerischen Zigarettenindustrie (CISC) diskutiert derzeit zwei brisante Themen: Soll künftig auf Zigarettenwerbung im Kino ganz verzichtet werden? Und soll die CISC eine Kinokampagne für das Nichtrauchen lancieren? Die Initiative dazu kommt wohl in beiden Fällen vom Branchenersten Philip Morris (PM). Louis Paquier, Director Corporate Affairs von PM Schweiz, nimmt dazu Stellung. Herr Paquier, wie wirkt Zigarettenwerbung?
Louis Paquier: Zigarettenwerbung ist wie Werbung für andere Produkte ein Wettbewerbsinstrument, mit dem die Konsumenten vom Produkt A zum Produkt B gebracht werden sollen. Anders als gemeinhin angenommen animiert Zigarettenwerbung aber nicht zum Rauchen. Dass jemand raucht, hat in der Regel soziale Gründe. Das zeigt im Übrigen auch die WHO-Studie «Health and Health Behaviour 2000»: So gibt es in Norwegen und Finnland deutlich mehr jugendliche Raucher als etwa in der Schweiz. In diesen Ländern wurde vor über 20 Jahren jede Form der Zigarettenwerbung verboten.
Zigarettenwerbung zeigt ja nicht nur Produkte und ein angeblich entsprechendes Lebensgefühl, sondern diffamiert bisweilen auch Nichtraucher als verklemmte, kontaktscheue Typen. Das schlägt doch bei Jugendlichen ein.
Paquier: Das kaufe ich Ihnen nicht ab. Natürlich will Zigarettenwerbung ein Image transportieren, aber ohne Nichtraucher zu diskriminieren.
In Deutschland und andern Ländern macht PM jetzt Kinowerbung fürs Nichtrauchen. Warum?
Paquier: Ich habe davon gehört, weiss aber nichts Genaueres darüber. Hingegen gibt es ein ähnliches Projekt der Vereinigung der Schweizerischen Zigarettenindustrie (CISC). Mitte Jahr werden wir mehr darüber sagen können. Wir sind im Gespräch mit verschiedenen Institutionen, unter anderem auch mit dem Bundesamt für Gesundheitswesen (BAG). Denn ohne BAG funktioniert so etwas natürlich nicht.
Kam der Anstoss dazu auch von Philip Morris?
Paquier: Er kam von der CISC.
Mitte Februar erklärte Geoffrey C. Bible, CEO von Philip Morris (PM) International, gegenüber dem deutschen Magazin Focus, dass Marlboro sich fast ganz aus dem Sponsoring von Ferrari und damit aus der Formel 1 zurückziehen werde. Am 23. Februar erfuhr man dann aber, dass Marlboro Ferrari nun doch bis 2006 mit über 500 Millionen Franken weiter sponsert. Wie passen diese Meldungen zusammen?
Paquier: Fest steht, dass das Sponsoring von Ferrari weitergeht. Auch ich war damals erstaunt über den Focus-Bericht. Soweit ich aber informiert wurde, hat Focus gar nicht mit Bible gesprochen.
Heisst das, die Bible-Zitate von Focus sind frei erfunden worden?
Paquier: Ich nehme an ja.
Fest steht hingegen, dass PM Schweiz der CISC beantragt hat, künftig in der Schweiz ganz auf Kinowerbung zu verzichten. Weshalb?
Paquier: Einerseits weil sich das Publikum im Kino der Werbung nicht entziehen kann. Zweitens gibt es eine Vereinbarung zwischen der CISC und der Kommission für Lauterkeit in der Werbung, wonach Zigarettenwerbung erst ab 20 Uhr gezeigt werden darf. So soll verhindert werden, dass Jugendliche unter 18 der Zigarettenwerbung ausgesetzt sind. Doch in den letzten Jahren hat sich das Publikum in den Abendvorstellungen verjüngt. Zudem kommt es immer wieder zu Reklamationen, weil einige Operateure die Werbefilme auch schon am Nachmittag zeigen. All das führte zu unserem Vorstoss. Dieser wurde innerhalb der CISC sehr gut aufgenommen, ist aber noch nicht zu Ende diskutiert.
Ist die Rücksicht auf Jugendliche wirklich echt? Geht es nicht eher darum, das Image der Zigarettenindustrie aufzupolieren?
Paquier: Wenn Jugendliche rauchen, dann ist das ein echtes gesellschaftliches Problem. Wir Zigarettenfabrikanten wollen das nicht. Ich habe zwei mittlerweile erwachsene Töchter. Wir hatten damals mit ihnen ein Rauchverbot bis zum Alter von 18 Jahren vereinbart. Ich habe Glück gehabt: Vor 20 hat keine der beiden geraucht.
Man hört, dass sich in der CISC insbesondere British American Tobacco dem PM-Vorstoss widersetzt.
Paquier: Das ist deren gutes Recht. Gegensätzliche Meinungen machen das Diskutieren erst spannend.
Was sagen Sie zu der These, dass PM mit dem Vorschlag, auf Kinowerbung zu verzichten, primär die eigene Position als Nummer eins unter den Schweizer Zigarettenanbietern zementieren will?
Paquier: Nein, darum geht es uns nicht. Seit mehr als drei Jahren verteilt PM generell keine Zigarettengratismuster mehr. Dennoch ist unser Marktanteil in der Schweiz weiter gewachsen. Zudem geht es bei unserem Vorstoss ja nicht um einen totalen Werbeverzicht. Aber die Tabakbranche muss sich entscheiden, ob sie die Verjüngung des Kinopublikums in Betracht ziehen will oder nicht. PM jedenfalls tritt eher für einen Verzicht auf Kinowerbung ein.
Könnte sich PM einen Rückzug aus der Kinowerbung auch im Alleingang vorstellen?
Paquier: Das schliessen wir nicht aus, aber uns ist eine Branchenlösung lieber. Eine weitere Möglichkeit bestände darin, künftig Zigarettenwerbung erst nach 22 Uhr zeigen zu lassen, falls wir dann tatsächlich die Gewähr hätten, nur Erwachsene anzusprechen.
Macht sich PM solche Überlegungen bloss in der Schweiz, oder werden sie europa- oder gar weltweit angestellt?
Paquier: Soviel ich weiss, werden solche Überlegungen nur in der Schweiz angestellt, doch ist es durchaus möglich, dass sich das noch auf andere Länder ausdehnt. Aber es gilt festzuhalten, dass wir nicht gegen Kinowerbung per se sind, sondern dagegen, dass Jugendliche im Kino Zigarettenwerbung ausgesetzt sind.
Nun ist aber weiter zu hören, dass nicht nur PM, sondern die ganze CISC darüber diskutiert, künftig sogar auf jegliche Art Werbung zu verzichten. Der Anstoss dazu soll aus Deutschland kommen.
Paquier: Das ist ganz klar falsch. Die CISC vertritt die Meinung, dass Zigarettenwerbung weiterhin erlaubt sein soll und auch
ein wichtiges Wettbewerbsinstrument darstellt. Aber sie soll sich an Erwachsene, nicht an Jugendliche richten. Und sie soll auch nur Erwachsene erreichen.
Und PM allein strebt auch keinen vollständigen Werbeverzicht an?
Paquier: Nein. Ein totaler Werbeverzicht entspricht nicht der Sicht unserer Firma. Der Markt entwickelt sich weiter, und neue Produkte, auch solche von PM, sollten gezeigt werden können. Aber wir sind immer bereit, mit den interessierten Kreisen über das Thema Zigarettenwerbung zu diskutieren.
Interview: Markus Knöpfli
Louis Paquier: Zigarettenwerbung ist wie Werbung für andere Produkte ein Wettbewerbsinstrument, mit dem die Konsumenten vom Produkt A zum Produkt B gebracht werden sollen. Anders als gemeinhin angenommen animiert Zigarettenwerbung aber nicht zum Rauchen. Dass jemand raucht, hat in der Regel soziale Gründe. Das zeigt im Übrigen auch die WHO-Studie «Health and Health Behaviour 2000»: So gibt es in Norwegen und Finnland deutlich mehr jugendliche Raucher als etwa in der Schweiz. In diesen Ländern wurde vor über 20 Jahren jede Form der Zigarettenwerbung verboten.
Zigarettenwerbung zeigt ja nicht nur Produkte und ein angeblich entsprechendes Lebensgefühl, sondern diffamiert bisweilen auch Nichtraucher als verklemmte, kontaktscheue Typen. Das schlägt doch bei Jugendlichen ein.
Paquier: Das kaufe ich Ihnen nicht ab. Natürlich will Zigarettenwerbung ein Image transportieren, aber ohne Nichtraucher zu diskriminieren.
In Deutschland und andern Ländern macht PM jetzt Kinowerbung fürs Nichtrauchen. Warum?
Paquier: Ich habe davon gehört, weiss aber nichts Genaueres darüber. Hingegen gibt es ein ähnliches Projekt der Vereinigung der Schweizerischen Zigarettenindustrie (CISC). Mitte Jahr werden wir mehr darüber sagen können. Wir sind im Gespräch mit verschiedenen Institutionen, unter anderem auch mit dem Bundesamt für Gesundheitswesen (BAG). Denn ohne BAG funktioniert so etwas natürlich nicht.
Kam der Anstoss dazu auch von Philip Morris?
Paquier: Er kam von der CISC.
Mitte Februar erklärte Geoffrey C. Bible, CEO von Philip Morris (PM) International, gegenüber dem deutschen Magazin Focus, dass Marlboro sich fast ganz aus dem Sponsoring von Ferrari und damit aus der Formel 1 zurückziehen werde. Am 23. Februar erfuhr man dann aber, dass Marlboro Ferrari nun doch bis 2006 mit über 500 Millionen Franken weiter sponsert. Wie passen diese Meldungen zusammen?
Paquier: Fest steht, dass das Sponsoring von Ferrari weitergeht. Auch ich war damals erstaunt über den Focus-Bericht. Soweit ich aber informiert wurde, hat Focus gar nicht mit Bible gesprochen.
Heisst das, die Bible-Zitate von Focus sind frei erfunden worden?
Paquier: Ich nehme an ja.
Fest steht hingegen, dass PM Schweiz der CISC beantragt hat, künftig in der Schweiz ganz auf Kinowerbung zu verzichten. Weshalb?
Paquier: Einerseits weil sich das Publikum im Kino der Werbung nicht entziehen kann. Zweitens gibt es eine Vereinbarung zwischen der CISC und der Kommission für Lauterkeit in der Werbung, wonach Zigarettenwerbung erst ab 20 Uhr gezeigt werden darf. So soll verhindert werden, dass Jugendliche unter 18 der Zigarettenwerbung ausgesetzt sind. Doch in den letzten Jahren hat sich das Publikum in den Abendvorstellungen verjüngt. Zudem kommt es immer wieder zu Reklamationen, weil einige Operateure die Werbefilme auch schon am Nachmittag zeigen. All das führte zu unserem Vorstoss. Dieser wurde innerhalb der CISC sehr gut aufgenommen, ist aber noch nicht zu Ende diskutiert.
Ist die Rücksicht auf Jugendliche wirklich echt? Geht es nicht eher darum, das Image der Zigarettenindustrie aufzupolieren?
Paquier: Wenn Jugendliche rauchen, dann ist das ein echtes gesellschaftliches Problem. Wir Zigarettenfabrikanten wollen das nicht. Ich habe zwei mittlerweile erwachsene Töchter. Wir hatten damals mit ihnen ein Rauchverbot bis zum Alter von 18 Jahren vereinbart. Ich habe Glück gehabt: Vor 20 hat keine der beiden geraucht.
Man hört, dass sich in der CISC insbesondere British American Tobacco dem PM-Vorstoss widersetzt.
Paquier: Das ist deren gutes Recht. Gegensätzliche Meinungen machen das Diskutieren erst spannend.
Was sagen Sie zu der These, dass PM mit dem Vorschlag, auf Kinowerbung zu verzichten, primär die eigene Position als Nummer eins unter den Schweizer Zigarettenanbietern zementieren will?
Paquier: Nein, darum geht es uns nicht. Seit mehr als drei Jahren verteilt PM generell keine Zigarettengratismuster mehr. Dennoch ist unser Marktanteil in der Schweiz weiter gewachsen. Zudem geht es bei unserem Vorstoss ja nicht um einen totalen Werbeverzicht. Aber die Tabakbranche muss sich entscheiden, ob sie die Verjüngung des Kinopublikums in Betracht ziehen will oder nicht. PM jedenfalls tritt eher für einen Verzicht auf Kinowerbung ein.
Könnte sich PM einen Rückzug aus der Kinowerbung auch im Alleingang vorstellen?
Paquier: Das schliessen wir nicht aus, aber uns ist eine Branchenlösung lieber. Eine weitere Möglichkeit bestände darin, künftig Zigarettenwerbung erst nach 22 Uhr zeigen zu lassen, falls wir dann tatsächlich die Gewähr hätten, nur Erwachsene anzusprechen.
Macht sich PM solche Überlegungen bloss in der Schweiz, oder werden sie europa- oder gar weltweit angestellt?
Paquier: Soviel ich weiss, werden solche Überlegungen nur in der Schweiz angestellt, doch ist es durchaus möglich, dass sich das noch auf andere Länder ausdehnt. Aber es gilt festzuhalten, dass wir nicht gegen Kinowerbung per se sind, sondern dagegen, dass Jugendliche im Kino Zigarettenwerbung ausgesetzt sind.
Nun ist aber weiter zu hören, dass nicht nur PM, sondern die ganze CISC darüber diskutiert, künftig sogar auf jegliche Art Werbung zu verzichten. Der Anstoss dazu soll aus Deutschland kommen.
Paquier: Das ist ganz klar falsch. Die CISC vertritt die Meinung, dass Zigarettenwerbung weiterhin erlaubt sein soll und auch
ein wichtiges Wettbewerbsinstrument darstellt. Aber sie soll sich an Erwachsene, nicht an Jugendliche richten. Und sie soll auch nur Erwachsene erreichen.
Und PM allein strebt auch keinen vollständigen Werbeverzicht an?
Paquier: Nein. Ein totaler Werbeverzicht entspricht nicht der Sicht unserer Firma. Der Markt entwickelt sich weiter, und neue Produkte, auch solche von PM, sollten gezeigt werden können. Aber wir sind immer bereit, mit den interessierten Kreisen über das Thema Zigarettenwerbung zu diskutieren.
Interview: Markus Knöpfli