«Ein Jaguar wird einem BMW immer ähnlicher»

Christian Monzel von Jung von Matt, Hamburg, über Kreativität in der Autowerbung

Christian Monzel von Jung von Matt, Hamburg, über Kreativität in der AutowerbungFür Kunde BMW sahnte Jung von Matt in verschiedenen Kategorien am Deutschen ADC 2000 gleich mehrere Nägel ab. Gewonnen hat JvM die Awards mit ideenreicher Werbung, wie Christian Monzel von der Hamburger Agentur erklärt.Worin unterscheidet sich gute von schlechter Autowerbung?
Christian Monzel: Immer noch durch die Idee. Eine Idee ist dann gut, wenn man sie mit einem Satz beschreiben kann. Ein gutes Beispiel: Der Spot mit dem Mann, der sich nicht erinnern kann, wo der Tank ist.
Können sich nur Prestigemarken wie BMW ADC-würdige Auftritte leisten?
Monzel: Das ist ein falscher Eindruck. Generell gewinnnen gerade auch beim ADC viele Social Etats oder auch kleine Marken. Insgesamt gewinnen beim ADC Unternehmen, die mutigere Kampagnen unterstützen. Prestigemarken haben kein Abo auf Preise. BMW zum Beispiel hat im Jahr 1998 keinen einzigen Preis beim ADC gewonnen. 1999 haben wir zwölf Preise für BMW erhalten. Die kleineren Automarken versuchen immer nur eins: Das Auto möglichst gross zu zeigen. Das ist der Tod jeder Idee und damit von guter Werbung.
Weshalb verhalten sich Auftraggeber gegenüber ausgefallenen Kampagnen in der Autowerbung so konservativ?
Monzel: Siehe vorherige Antwort. Aber auch große Marken folgen oft einer falsch verstandenen Form von CI. VW etwa macht in letzter Zeit ganz gute TV-Werbung. Die Printanzeigen folgen aber immer dem gleichen Muster und sind langweilig und nichts sagend. Bei Mercedes steht auch ein relativ starres Layout im Vordergrund. Springer & Jacoby schafft es auch immer wieder, das Format mit einer Idee zu füllen. Wir gehen bei BMW einen völlig anderen Weg mit einem flexiblen Layout und stützen die Produktsubstanz durch lange Copytexte. Ich glaube schon, dass die Marke etwas anderes zulässt und das auch benötigt. Die Frage ist nicht, ob es die Marke zulässt, sondern die Menschen, die diese Marke verwalten.
Autokampagnen sind meist Produkte einer zentralen Lead-Agentur. Eignen sich solche globalisierten nivellierten Umsetzungen überhaupt für die unterschiedlichsten Lokalmärkte?
Monzel: Hier gilt das Motto: so global wie möglich, so lokal wie nötig. Und die lokalen Automärkte sind sehr unterschiedlich. Deshalb brauchen wir ein dezentrales Korrektiv durch dezentrale Agenturen. Aber die Marke kann nur einen Markenkern, eine Positionierung haben. Deshalb ist es wichtig, die Marke international zu führen und zu steuern. Aber wir müssen die individuellen Marktgegebenheiten und -anforderungen berücksichtigen. Eine globale Kampagne macht deshalb im Automarkt wenig Sinn.
Erkennen Sie einen neuen Trend in der Autowerbung?
Monzel: Ja. Eine verstärkte Emotionalisierung. Aber auch das Abgleiten in Mainstream-Werbung. Man versucht, in Welten zu flüchten, die aber schon von anderen Konsumgütern oder Dienstleistungsunternehmen besetzt wurden. Dadurch verliert man an Profil. Allerdings ist das auch ein Trend, der sich aus der Produktpolitik der Marken ableiten lässt. Ein Lexus sieht genauso aus wie ein Mercedes. Ein Mazda, Toyota oder Nissan sind nicht mehr zu unterscheiden. Ein Jaguar wird einem BMW immer ähnlicher und so weiter.
Interview: Luca Aloisi

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