«Da würde ich lieber nicht arbeiten wollen»: Die Entwicklung der Arbeitgeberreputation der letzten 20 Monate
Wer als Unternehmen in Zeiten des Fachkräftemangels ausreichend gut qualifiziertes Personal rekrutieren will, muss sich entsprechend positionieren und verhalten. Denn Fehlverhalten und falsche Versprechungen werden heutzutage schnell entlarvt. Um hervorzustechen, gibt es zahlreiche Bewertungen und Auszeichnungen durch Arbeitnehmende. Doch was denkt die Grundgesamtheit an potenziellen Mitarbeitenden eigentlich über die eigene Marke? Ein repräsentatives Markentracking von Link gibt Auskunft.
Als Arbeitgeber:in attraktiv zu sein, war schon immer wichtig, um die besten Arbeitnehmer:innen für sich zu gewinnen und zu halten. Doch mit dem Fachkräftemangel in vielen Branchen hat dieses Thema nochmals an Bedeutung gewonnen. Wer heute in einer Branche arbeitet, die mit Personalproblemen zu kämpfen hat oder allgemein um begehrte Fachspezialist:innen kämpft, für den ist das Thema Employer Branding besonders wichtig.
Unterdessen gibt es einige Anbieter, die mit Bewertungen oder Auszeichnungen / Labels durch (ehemalige) Arbeitnehmende Licht ins Dunkel bringen. Anbieter wie Kununu oder Great Place to Work geben (ehemaligen) Mitarbeitenden eine Stimme. Doch was denkt eigentlich die Bevölkerung über verschiedene Arbeitgebende?
Arbeitgebende sind grundsätzlich immer auch Marken. Manchmal treten sie unter demselben Namen sowohl als Arbeitgebende als auch auf dem Absatzmarkt als Corporate Brand auf, wie zum Beispiel Swiss Life oder Freitag. Andere Anbieter:innen haben eine komplexere Markenorganisation und sind beispielsweise mit Familienmarken, wie zum Beispiel Beiersdorf mit Nivea oder Eucerin, oder Subbrands – hier kann die Rivella Group mit Rivella, Focuswater oder Enertea by Rivella genannt werden – auf dem Markt aktiv.
Google von 120 Marken die Nr. 1
Egal um welche Markenstrategie es sich handelt: Eine der besten Auszeichnungen ist die möglichst positive Wahrnehmung einer Marke in der Bevölkerung. Kommt zu einem allfälligen Fachkräftemangel eine schlechte Arbeitgebermarke hinzu, wird es noch schwieriger, qualifizierte Arbeitnehmende auf dem Markt zu finden. Eine Marke kann von ihren aktuellen oder bisherigen Mitarbeitenden zwar als gut oder gar hervorragend wahrgenommen werden, was aber nicht heissen muss, dass dieses Bild auch so (stark) in der Bevölkerung existiert.
Das kontinuierliche Markentracking von YouGov, der BrandIndex, misst seit über drei Jahren – neben vielen anderen Kennzahlen – die (Arbeitgeber-)Reputation von 120 Marken in der Schweizer Bevölkerung. YouGov ist seit Ende 2021 Mutterhaus des Marktforschungsunternehmens Link und beobachtet mit seinem BrandIndex weltweit tausende von Marken. In der Schweiz werden pro Jahr und Marke dadurch über 10’000 Online-Interviews gesammelt, welche unter anderem auch Antworten auf die Frage enthalten, ob die Befragten stolz darauf wären, für eine bestimmte Marke zu arbeiten, oder ob es ihnen unangenehm wäre.
Beobachtet werden aktuell rund 30 Marken aus den 4 Bereichen Automobile, Banken/Finanzdienstleister, Versicherungen/Krankenkassen und Onlinebrands. Sowohl im vollständigen Kalenderjahr 2022 als auch in den ersten zwei Dritteln des 2023 (bis Ende August) steht Google auf Rang 1, gefolgt von Mercedes-Benz, Raiffeisen, Audi und Mobiliar. In den Top 7 sind mit Porsche (Rang 6) und BMW (Rang 7) gleich vier Automobilmarken vertreten.
Bei Google zeigt sich: Je jünger die Befragten sind, desto grösser war anfänglich der sogenannte Net-Score. Um diesen Net-Score zu erhalten, werden diejenigen Personen, welche stolz darauf wären, für diese Marke zu arbeiten (Positiv) mit den Personen, denen es unangenehm wäre (Negativ) verrechnet (Positiv – Negativ = Net-Score). In der jüngsten Zeit hat sich die Bewertung durch die verschiedenen Altersgruppen jedoch angenähert. Die ganz Jungen (18- bis 24-Jährige) verleihen Google im noch laufenden 2023 eine signifikant tiefere Reputation als noch Anfang 2022 und wären entsprechend nicht mehr ganz so stolz darauf, für den Onlinegiganten zu arbeiten. In diesem Fall resultiert die schlechtere Bewertung aus einem abnehmenden Anteil an positiven Ratings, wobei der negative Anteil bei rund 6 % konstant tief geblieben ist.
Insgesamt zeigte sich auch bei anderen Tech-Brands wie Instagram oder Facebook ein Rückgang bei den Jungen per Ende 2022. Das Ausgangslevel der beiden letzteren Marken war jedoch bereits tiefer, weshalb diese entsprechend weniger verlieren konnten. Facebook ist für die unter 25-Jährigen weiterhin die am wenigsten beliebte Social Media Marke (Rang 120).
Der Blick auf andere Branchen zeigt: Während sich Mercedes Benz sowohl im Kalenderjahr 2022 als auch in den ersten acht Monaten 2023 auf Rang 2 von 120 halten konnte, hat die Raiffeisen Bank im selben Zeitraum drei Plätze gut gemacht und ist neu auf Rang 3. Die 18- bis 24-Jährigen äussern am meisten Stolz, wenn es darum geht für die Bank zu arbeiten. Der Finanzdienstleister, der am zweitbesten abschneidet, ist Twint. Im Mai berichtete m&k Werbewoche.ch ausserdem bereits von dessen ausgezeichnetem Ruf in der Schweizer Bevölkerung. Dieser widerspiegelt sich auch bei der Reputation als Arbeitgeber. Im Zwei-Drittel-Jahresranking liegt der Mobile-Payment-Anbieter auf Rang 8. Diesen Platz hatte er bereits im Jahr 2022 belegt. Bei den 18- bis 24-Jährigen liegt Twint neu auf Platz 1 (Rang 4 im 2022).
Keine Überraschungen am unteren Ende der Skala
Am anderen Ende der Skala liegt die Credit Suisse, die vor Kurzem vollständig von der UBS übernommen wurde. Der Score liegt mit -28 für Januar bis August 2023 massiv tiefer als noch im Jahr 2022 (-11). Im Vorjahr belegte die scheidende Grossbank noch Rang 27. Auch die UBS hat eingebüsst und ist im temporären Ranking 2023 (Januar bis August) 24 Plätze schlechter platziert als noch 2022 (neu auf Rang 101 mit -0.4).
Um diese Zahlen einzuordnen: Ein Score von 0 bedeutet, dass gleich viele Personen angeben, stolz zu sein, wie es Personen gibt, denen eine Arbeit bei dieser Marke unangenehm wäre. Ein Score von -100 würde bedeuten, dass es allen befragten Personen unangenehm wäre, bei der ehemaligen Grossbank zu arbeiten, ein Score von +100, dass alle stolz darauf wären.
Ebenfalls nicht rosig sieht es bei Uber aus: Mit seinen beiden Marken Uber und Uber Eats ist der Dienstleister gleich zwei Mal in den Bottom 5, also unter denjenigen fünf Marken vertreten, die bei der Arbeitgeberreputation am schlechtesten abschneiden. Mit Twitter (neu «X»), Facebook und Snapchat sind drei Social-Media-Brands ebenfalls auf den hintersten Rängen zu finden. Und während Mercedes-Benz, Audi, Porsche und BMW sehr gut ankommen, sind Dacia und Fiat diejenigen beiden Automobilmarken, für die es den Befragten am unangenehmsten wäre, zu arbeiten.
Elon Musk und seine Marken: Keine Publikumslieblinge
Gerade bei X, dem ehemaligen Twitter, hat sich in den letzten Monaten viel getan: Die Übernahme durch Elon Musk, die Entlassung eines Grossteils der Belegschaft und damit tausender Personen, diverse Änderungen an der Plattform selbst, unter anderem die Einführung des Abonnements Twitter Blue, und Weiteres. Twitter wurde entsprechend kaum positiv in den Medien erwähnt. Neben der Credit Suisse und Uber Eats ist die Social-Media-Plattform die einzige von 120 Marken, die in den ersten acht Monaten 2023 einen zweistelligen negativen Net-Score bei der (Arbeitgeber-)Reputation aufweist.
Den grössten Absturz erlebte hingegen Musks ältestes «Kind» Tesla. 2022 war Tesla vermehrt negativ in den Schlagzeilen, mehrmals mussten tausende Elektroautos aufgrund von Hard- oder Softwarefehlern zurückgerufen werden. Während Tesla im gesamten Kalenderjahr 2022 noch auf Rang 32 und mit knapp 9 Punkten deutlich im positiven Reputationsbereich lag, ist die Marke seither um über 60 Ränge zurückgefallen und liegt mit einem Net-Score von praktisch null nach den ersten zwei Dritteln des 2023 auf Rang 95. Immerhin hat die Talfahrt im Februar ihren vorläufigen Tiefpunkt erreicht, die Reputation hat sich seither (bisher) um +/-0 herum stabilisiert.
Methodensteckbrief
- Grundgesamtheit: Schweizer Wohnbevölkerung im Alter von 18 bis 79 Jahren
- Zeitreihen-Analyse: pro Monat ca. n=850
- Rankings: pro Jahr ca. n=10’400 Interviews pro Marke, pro 8 Monate (2023) pro rata
- Vertrauensintervall für Gesamtstichprobe: max. +/- 1% (bei 1 Jahr)
- Forschungsmethode: Online-Interviews
- Quotierung / Gewichtung: nach Alter, Geschlecht und Region interlocked
- Panel: YouGov Online Panel
- Befragungszeit: 01.01.2022 bis 31.08.2023
- Ansprechpartner: Link Zürich, Matthias Biedermann (Research Consultant)