David Schärer: Mister Werbung

David Schärer gewinnt den Titel «Werber des Jahres» 2021/22. Als Mitgründer der Agentur Rod Kommunikation setzt er neben vielem anderen mit seinem Team die Corona-Kampagnen mit dem BAG um. m&k Werbewoche.ch gratuliert und «beleuchtet» den Sieger.

David Schärer
David Schärer ist «Werber des Jahres» 2021/22. (Bild: Chris Reist)

Es ist sein Sieg. Er hat ihn sich hart erarbeitet. Schon viermal ist der gebürtige Basler für den Werber des Jahres nominiert worden. «Ich bin der Leonardo Di Caprio der Werbung», ist denn auch sein Kommentar, als 2019 Petra Dreyfus das Rennen macht. Aber eben, so wie Di Caprio für «The Revenant» schliesslich den Oscar gewonnen hat, gewinnt Schärer nun den «Egon», die Statue, die ihren Namen ursprünglich aus dem Wort Ego erhielt, angelehnt an das Gerücht, Werberinnen und Werber hätten ein arg grosses. Aber das sind alte Kamellen. Und haben nichts mit David Schärer zu tun. Denn wenn jemand brennt für die Sache und sein eigenes Ego hinten anstellt, dann ist das David Schärer.

Ein Blick hinter die Kulissen

So leidenschaftlich er über Kampagnen, Philosophie und Politik redet, so wenig stellt er seine eigene Person ins Scheinwerferlicht. Die Rolle des Kommunikationsberaters sei grundverschieden zur Kommunikation als Privatperson. Dies habe er gespürt, als er in der TV-Sendung Arena auftrat, zu Beginn der Pandemie. «Die Rolle des Beraters fällt mir leichter», sagt er. Was hat ihn zu dem Werber gemacht, der er heute ist? David ist schon früh fasziniert von Werbung. Grafik und Gestaltung scheint ihm ein Weg hinein in die Branche; nach zwei Jahren aber bricht er die Schule für Gestaltung ab und wendet sich der Öffentlichkeitsarbeit zu. Ein Praktikum am Theater Basel und dann sieben Jahre Jung von Matt Limmat folgen.

«Der Begriff Werbung hat manchmal etwas Anrüchiges; ich finde das ungerechtfertigt.»

Mit Regula Bührer Fecker und Oliver Fennel gründet er 2007 die Kommunikationsagentur Rod. Kaum im neuen Büro eingezogen, wird Rod die Agentur für Sanitas, die sie vier Jahre in allen Kommunikationsdisziplinen betreut. Ein gelungener Start, den David Schärer bis heute nicht bereut. «Wir sind jetzt seit mehr als einem Jahrzehnt nicht nur geschäftlich, sondern auch freundschaftlich verbunden.» Dies sei für ihn ein Hauptgrund, dass Rod sich so erfolgreich am Markt positionieren kann.

Der «Egon» geht dieses Jahr an David Schärer.

Der Spin-Doctor

Diese Bezeichnung passe zu ihm, sagt David. Denn leidenschaftlich gern entwickelt der Kommunikationsprofi Kampagnen, die ihm am Herzen liegen. Aber ohne Medienreichweite nützt auch die beste Kampagne nichts. Und so ist David Schärer ein Meister der Öffentlichkeitsarbeit. Er versteht, wie die Menschen ticken, ist empathisch, zugänglich und wenn es gefordert ist, auch kompromisslos ehrlich. Die Aufgabe, zusammen mit dem BAG die Corona-Kommunikation zu gestalten, ist und war herausfordernd. «Es ist wie ein Flug auf Sicht, wir antizipieren immer, was ist wichtig in den nächsten zwei Wochen.» Seine Arbeit bezeichnet er dabei keineswegs als kreative Kunst. «Was wir tun, ist zweckgerichtet, sollte also eine Antwort auf ein Kommunikationsproblem sein.»

Verdienter Sieg

Die Mitglieder der Jury, zusammengesetzt aus ehemaligen Werberinnen und Werbern des Jahres, Personen aus der Wissenschaft und den Nominierten der letzten Jahre sowie Vertretern aus der Westschweiz, nominierten im August dieses Jahres David Schärer von Rod, Andrea Bison von Thjnk und Maurizio Rugghia von SiR MaRY als Kandidaten zum/zur Werber:in des Jahres (Werbewoche.ch berichtete). Aus diesen drei Personen musste jedes Jurymitglied für einen Kandidaten voten, dies schriftlich an die Redaktion einreichen. Die Gewichtung der Jury liegt bei 50 Prozent. Die anderen 50 Prozent des Votings fanden online statt. Eine Woche haben die Leserinnen und Leser des Newsletters der Werbewoche für ihre Favoritin oder ihren Favoriten abgestimmt. Das Ergebnis fiel klar aus: David Schärer dominierte sowohl das Juryvoting als auch das Onlinevoting.

Wir gratulieren David Schärer zum Titel «Werber des Jahres 2021/22». Im nächsten Jahr werden wir die Wahl aussetzen. 2023 wird die nächste Wahl stattfinden. Dies traditionell wieder im März. Durch die Corona-Pandemie sind wir aus dem Rhythmus gekommen.


Laudatio von Adrian Kammer, Leiter Kampagnen beim Bundesamt für Gesundheit

David Schärer: Büezer und Stratege, Verstärker und Verführer


März 2020. Immer näher rückt die Corona-Bedrohung. Bilder der Leichenwagen von Bergamo wecken Ängste. Der Bundesrat mahnt die Bevölkerung eindringlich, daheim zu bleiben. Und draussen: lockt prächtigstes Frühlingswetter.

Erst kurz zuvor hat das Bundesamt für Gesundheit (BAG) die Agentur Rod beauftragt, gemeinsam die Pandemie-Kampagne zu führen. Sie war die einzige der Angefragten, die aus dem Stand die benötigten Kompetenzen und Ressourcen zu aktivieren vermochte. Ganz vorne dabei: David Schärer. Und was macht der in diesem Kippmoment? Rückt schweizweit allen Wetterstationen auf die Pelle, damit auch sie ihre Verantwortung wahrnehmen und alle wissen lassen: Diese Ostern finden im Inneren und auf Distanz statt.

Die Anekdote ist wenig spektakulär. Das ist Absicht. Weil David eben nicht bloss den Lautsprecher auf Volume 10 aufdreht, wenn er einen «Bigger Bang for the buck» verspricht, sondern mit Biss und Verve an der Frage tüftelt, wie die Message laufen lernt. Amplification heisst das Zauberwort.

Dass David diese Kunst virtuos beherrscht, weiss die Schweizer Werbewelt schon länger. Und obwohl du auch in eigener Sache ein begnadeter Kommunikator bist, habe ich bei der Spurensuche gestaunt, wie unprätentiös dein Auftritt gelingt. Du schaffst es, messerscharfe Analysen und pointierte Ansagen zu liefern, ohne abwertend oder verletzend zu sein. Es knallt, aber es tut nicht weh.

Schweizer Meister im Generieren von Aufmerksamkeit wurdest du genannt oder auch «der Strippenzieher». Spin-Doctor findest du selbst eine passende Beschreibung, Werber auch. Denn: «Das Werben um Aufmerksamkeit ist unser Kerngeschäft.»Werben ist mehr als Anpreisen oder Aufdrängen. Werben ist Verführen. Und deswegen eine Kunst, weil der Verführte sich nicht verführt, sondern gesehen und ernst genommen fühlen will.Aber du willst kein Künstler sein. Denn «was wir tun, ist zweckgerichtet». Ja, entgegen aller Klischees, verpflichtest du dich nicht dem schönen Schein, sondern der realen Wirkung deiner Arbeit.

Als Auftraggeber ist es auch unsere Pflicht, aus jedem investierten Steuer­franken die grösstmögliche Reichweite herauszuholen. Das machst du uns leicht. Aber nicht einfach. Immer wieder konfrontierst du, hakst nach, bohrst tiefer. Ja, lieber David, du verdienst dir den Titel «Werber des Jahres» auch dank deines Muts, zuweilen eine Zumutung zu sein.

Die Pandemie hat die Kampagnenarbeit verändert. Bei unseren nächtlichen – meist virtuellen – Kamin­feuer­gesprächen haben wir nicht nur Beobachtungen geteilt, Ideen skizziert und Strategien ausgeheckt, sondern auch bewusst reflektiert, was es heisst, wenn sich die Grenzen zwischen Auftraggeber und -nehmer zusehends verwischen. Das war in dieser völlig neuartigen Krise unsere einzige Chance. Wir mussten die Bevölkerung so gut informieren, dass sie sich so verhält, wie es für die Schweiz gut ist. Dass «One Campai­gning Team» real lebbar ist, habe ich so noch nie erlebt – und extrem geschätzt.

In Jugendjahren warst du Punk. Ich glaube, der Punk in dir lebt immer noch. Natürlich, er ist erwachsen geworden. Trinkt statt Bier aus der Flasche Bordeaux aus dem Kelch. Aber er ist immer noch ein Bewegter. Und ein Bewegender. Vielseitig engagiert. Mit starkem Drang, am Puls der Gesellschaft zu bleiben. Sie weiterzuentwickeln. Nicht rastlos. Aber auch nie ganz zufrieden mit dem, was ist. Weil noch viel mehr sein könnte.

14 Jahre nach der Gründung von Rod erhältst du heute deinen «Egon», die Auszeichnung zum Werber des Jahres. Ich gratuliere dir von Herzen – und weiss, dass sich deine Bescheidenheit selbst von dieser Auszeichnung nicht korrumpieren lassen wird.

«So machemers.»


Ebenfalls nominiert waren …

Andrea Bison, Mitgründerin Thjnk Zürich

Vor fünf Jahren gründete Andrea Bison zusammen mit Alexander Jaggy Thjnk. Zuvor arbeitete sie in Hamburg bei Jung von Matt, Springer & Jacoby, kempertrautmann und thjnk. Dies ist bereits ihre zweite Nomination zur Werber:in des Jahres. In den Onlinevotings lag sie an zweiter Stelle hinter David Schärer. Überhaupt zu den drei Nominierten zu gehören, ist ein untrügliches Zeichen dafür, von der Branche, den Werbeauftraggeberinnen und Werbeauftraggebern sowie von den Leserinnen und Lesern der Fachpresse als herausragend wahrgenommen zu werden. «Wir haben es geschafft, für einige sehr spannende Marken tolle Kampagnen zu kreieren, die wirklich etwas verändert haben. Das ist unser Ur-Antrieb, Marken auf ihrem Weg zu begleiten und durch Ideen Gestalt zu geben und am Ende Menschen damit zu berühren.» Und das tun sie.

Gerade hat Thjnk mit der Denner-Ad «Alles da. Immer nah» in der Kategorie «Commercials bis 90 Sekunden» Gold abgeräumt. Wer kennt den Spot nicht, in dem das Baby in Windeln zum Denner läuft, um den leeren Kühlschrank daheim zu füllen. Kinder sind es denn auch, die Andrea Bison inspirieren, weil sie «noch keine Scheren im Kopf haben». Kinder würden keine Grenzen sehen und einen freien Geist haben. Gefragt, ob sie sich eher als Dienstleisterin oder Verführerin sieht, bleibt sie pragmatisch. «Auch die tollste Verführerin möchte ja am Ende zu einem guten Ergebnis kommen.» Insofern könne man das nicht auseinandernehmen. Natürlich gehe es aber sehr viel um Magie.Die Wahlschweizerin ist Mutter von drei Kindern und lebt mit ihrer Familie in Zürich.

Maurizio Rugghia, Co-Founder Sir Mary

Seit 2016 führt Maurizio Rugghia als Co-Founder und Mitinhaber die Agentur Sir Mary. Zuvor war er während fünf Jahren als Managing Director und Partner der Digitalagentur Serranetga tätig. Dort lernte er seine jetzigen Geschäftspartner, Daniel Zuberbühler und Florian Beck, kennen. Nach fünf Jahren bei Serranetga war es Zeit für etwas Neues; den anderen ging es ebenso. Und da keiner alleine weitermachen wollte, entschieden sie sich, from «scratch» ein modernes Agenturmodell «zu bauen».

2016 wurde Sir Mary aus der Taufe gehoben. Die Gründung empfindet Rugghia als «Piece of Cake». Die Kunst sei, das Ding am Laufen zu halten. Es wachsen zu lassen. Den Prozess zu lieben. An jeder Herausforderung zu wachsen. Es sei «Management of Madness» – im positivsten Sinne! «Aber jeder Tag ist bei uns anders. Wir tun alles dafür, uns immer wieder neu zu erfinden. Nie still zu stehen und immer hungrig zu bleiben. Das muss man wirklich wollen», sagt er. Entspricht das seinem Lebensstil? Ja, kommt es, ohne zu zögern. Er liebe es, Neues zu erschaffen, zu sehen, wie sich Ideen manifestieren und zu leben beginnen.

Dazu komme eine Autoritäts-Aversion. Eine was? Er lacht. «Ich habe den Drang in mir, selbst über meinen Tag und Tätigkeiten zu bestimmen. Und letztlich faszinieren mich Menschen. Ich will mit Menschen zusammenarbeiten, die mich inspirieren und smarter sind als ich. Durch die Gründung kann ich das alles ausleben. Ich kann Unternehmer sein und ich darf es mit meiner Passion für spannende Kommunikation kombinieren. Und arbeite mit den spannendsten Persönlichkeiten zusammen, die ich kenne.»

Maurizio Rugghia ist verheiratet, Vater von zwei Kindern und lebt mit seiner Familie in Zürich.

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