Sprechen Sie schon LinkedIn?
Das soziale Businessnetzwerk LinkedIn ist weit verbreitet. In seinem Gastbeitrag spricht Roger L. Basler de Roca über Fehler, die auf LinkedIn gemacht werden, und was für ein Wandel auf dem Social Network stattfindet.
Bereits 2003, gestartet feiert das ehemalige Karrierenetzwerk LinkedIn seinen 18. Geburtstag und geniesst nationales und internationales Ansehen. Stetig steigt die Anzahl der Nutzer und der Trend ist auch in der Schweiz mit bald 3,2 Millionen Nutzerinnen und Nutzern klar: Networking, Digital Selling und Recruiting findet dank LinkedIn täglich online statt. Trotz der hohen Erfolgspotenziale des Social Media Networks gibt es immer noch eine Vielzahl an Fehlern vor allem im Verhalten, aber es gibt auch Chancen, die man nutzen kann.
Was ist LinkedIn überhaupt?
LinkedIn ist eine Social-Media-Plattform, gekauft 2016 von Microsoft, die speziell für den Geschäftsbereich bestimmt ist. Entgegen anderer Plattformen ist LinkedIn somit nicht gedacht um allzu persönliches zu teilen wie Abendessen oder Ferienbilder – auch wenn viele Menschen das analog wie auf Facebook unterdessen tun. Wohl eine natürliche Entwicklung, wenn die Likes und Kommentare auf Facebook und Instagram ausbleiben und man schnell viele Kontakte via LinkedIn gewinnen kann.
Viel besser wäre es jedoch, die Plattform als Netzwerkplattform mit Social-Media-Funktionalität zu betrachten und zu nutzen. So können Jobs über LinkedIn gefunden werden, man bleibt mit Kollegen und Partnern in Kontakt und kann sein Netzwerk online weiter ausbauen.
Damit nicht genug: mit LinkedIn Learning hat die Plattform auch Weiterbildungscharakter, und spezifische Lösungen wie Recruiter Light oder der Sales Navigator werden gerne im Personalwesen beziehungsweise im Verkauf eingesetzt. Somit ist LinkedIn ein Business-to-Business-Medium im Netz, auf dem sich alle von ihrer besten Seite zeigen – schliesslich geht es um das Geschäft.
Warum LinkedIn falsch genutzt wird
LinkedIn hat wie alle anderen Plattformen drei Elemente für die Präsentation des eigenen, professionellen Brands:
- Stories (nur auf Mobile)
- Profile (für die Person)
- und Seiten (für Firmen oder Schulen oder NGO)
Bei den Firmenseiten kann man ausserdem noch Fokusseiten anhängen, zum Beispiel für Unterbereiche, weitere Brands oder Abteilungen. Seit 2021 können bei LinkedIn Seiten zudem noch Produkte angehängt werden, und im Hintergrund arbeitet LinkedIn via Linkedin.com/services an einem Service-Marktplatz.
Natürlich ist zuerst das LinkedIn Profil wichtig, doch LinkedIn ist auch ein soziales Netzwerk, das gepflegt sein sollte. So entstehen die echte Beziehung und der Kontakt erst durch die Interaktion. Will heissen: Profil sauber anlegen, aber dann unbedingt Beiträge erstellen. Denn derzeit sind tatsächlich nur 4 Prozent aller Nutzerinnen und Nutzer auf LinkedIn – weltweit 756 Millionen, im Dachraum 16 Millionen – wirkliche Inhalt-Ersteller*innen.
Dabei weiss man heute: aus Interaktion entstehen Gespräche, aus Gesprächen entstehen Beziehungen, aus Beziehungen entstehen Chancen – zum Beispiel auf Verkauf oder eine Empfehlung.
Ein Profil oder eine Seite, die nach Erstellung nie wieder angerührt wird, wird also nicht zu Jobchancen, einer Erweiterung des Netzwerkes oder zum Verkaufserfolg führen. Als Grundsatz gilt: helfen und vernetzen. Noch viel zu oft sind Personen und Firmen im Selbstdarstellungsmodus. Dabei können Sie gerade auf LinkedIn zeigen, dass Sie präsent und engagiert sind. Sind es mehrere Personen innerhalb einer Firma, umso besser. Denn so wird das Firmenimage direkt verbessert, und gleichzeitig steigert es auch die eigene Sichtbarkeit der professionellen Marke: bei den Personen und der Firma allgemein.
Der Wert des Netzwerks liegt hinter dem Netzwerk
Im Geschäftskontext ist Networking Key. Daher ist es auch von hoher Relevanz, sich auf LinkedIn mit Businesspartnern, Bekannten und vielleicht sogar neuen, potenziellen Kunden und Partnern zu vernetzen. Aber sollte man dafür jede Person annehmen? Oder einfach mal wild drauf los anfragen?
Zweimal klar nein. Denn nur ein echtes, organisch gewachsenes Netzwerk führt auch zu echter Interaktion und Gesprächen. Zunächst ist hierfür eine Kontaktanfrage auf LinkedIn nötig, und bei dieser kann vieles schiefgehen. Der erste Fehler: keine Nachricht anhängen bei der Kontaktanfrage. Würde man sich ungefragt zu einer Person an einen Tisch setzen? Wohl nicht. Aber genau das passiert, wenn man «leere» Kontaktanfragen sendet. Dann der Inhalt: ist er persönlich oder klingt er nach Copy-Paste? Kann ich einen relevanten Bezug herstellen? Bloss nicht verkaufen heisst die Devise: es geht darum, Beziehungen aufzubauen. Und das braucht Zeit, und vor allem Anstand.
Wie sieht es denn mit den Kontakten bei Firmenseiten aus? Diese nennt man Follower und noch viel zu oft herrscht das Vordenken: viele Kontakte beziehungsweise Follower heisst auch viel Reichweite. Leider weit gefehlt. Zwar kann man bis zu 100 Personen pro Monat einladen, der eigenen Firmenseite zu folgen, aber ist der Inhalt denn wirklich spannend genug? Wenn wir wissen, dass nur 4 Prozent der Personen auf LinkedIn Inhalte erstellen, dann müssen wir auch ernüchternd feststellen, dass oft nur 2 bis 3 Prozent der Menschen auf LinkedIn interagieren. Noch immer viel zu wenig und damit eine grosse Chance.
Welcher Wandel findet auf LinkedIn statt?
LinkedIn nimmt immer mehr Züge von Instagram und Facebook an. Dass die Plattform für Businesszwecke gedacht ist, kann bei manchen Profilen auf dem Business Netzwerk kaum erahnt werden. Anstelle von professionellen Portraitfotos verwenden immer mehr Menschen Selfies, Gruppenbilder oder eigene Fotoshootings als Profilbild. Die Fotos mögen schön sein, sind aber in einem Businesskontext mehr als unangemessen. Man muss sich LinkedIn wie eine Bewerbungsmappe vorstellen. Ein Selfie gehört nicht in ein Bewerbungsschreiben, und genauso wenig auf LinkedIn.
Soziale Interaktionen sind auf LinkedIn essenziell. Wie bereits erwähnt, ist das Posten und Kommentieren auch von hoher Relevanz, um das eigene Netzwerk zu pushen. Übertreiben sollte man es jedoch nicht. Man sollte professionell bleiben und nur etwas posten, wenn man auch etwas zu verkünden hat. Hilft es jemanden? Zeigt es meine Kompetenz oder ein Engagement? Oder ist es nur Werbung? Immer mehr Menschen verschwenden LinkedIn als Marketinginstrument, oder posten jede einzelne Kleinigkeit. Dafür ist LinkedIn schlicht nicht gedacht. Es ist ein Netzwerk für den Austausch von fachlichen Fragen und Meinungen. Es ist aber keinesfalls ein Netzwerk zur Vermarktung des eigenen Business, geschweige denn der eigenen Person. Auf LinkedIn zählt letztlich nur die eigene Expertise und die ist auch ohne viele Worte erkennbar. Und wer doch viele Worte verwenden will: LinkedIn hat eine Blogfunktion, genannt Artikel, hier kann man seitenweise Texte schreiben, sowie auch Links und Videos setzen. Dazu kommen noch die Live-Funktion und bald auch eine Clubhouse-Variante – auch LinkedIn entwickelt sich also weiter.
Warum Digital Selling den klassischen Verkauf ideal ergänzt und teilweise ablöst
Fakt ist, dass klassische Verkaufsmassnahmen oft nicht mehr funktionieren wie bis anhin. Gerade in Zeiten von Homeoffice bietet LinkedIn spannende Möglichkeiten. Aber Vorsicht: auf Social Media mögen die Leute keine Kaltakquise. Die Chancen, dabei erfolgreich zu sein, sind ziemlich klein. Statistische Zahlen aus Deutschland und den USA, sowie eigene Recherchen im DACH-Raum zeigen, dass rund 90 Prozent aller Entscheidungsträger angeben, Kaltanrufe zu ignorieren, aber täglich auf LinkedIn unterwegs zu sein – und das bis zu vier Mal am Tag.
Eine bewährte Massnahme bei Digital Selling ist die Taktik via Social Selling. Hier geht es darum, während dem Verkaufsprozess mit Hilfe von Social Media die Kundenbindung aufzubauen, zu stärken und weitgehend vorzubereiten – gekauft wird trotz allem Digitalen immer noch beim Menschen. Aber Interessenten werden durch Social Media aufmerksam. Wir wissen heute, dass die Beziehung zum Kunden bis zum Verkaufsabschluss gepflegt werden kann via LinkedIn und ergänzende Kanäle wie Blog, YouTube oder auch TikTok.
Beispiele für Social-Selling-Techniken sind:
- der Austausch relevanter Inhalte
- die direkte Interaktion mit potenziellen Käufern und Kunden
- das persönliche Branding und das soziale Zuhören
Doch vor dem Start müssen die Personen, die involviert sind, geschult werden. Social Selling ist Einstellungssache und viel Routine. Dabei spielt es keine Rolle, welches Produkt oder welche Dienstleistung verkauft werden möchte, sondern ob es verstanden wird, in dieser neuen digitalen Realität und mit zeitgemässen Instrumenten wie dem LinkedIn Sales Navigator, Mehrwerte geschaffen und Menschen zusammengebracht werden.
Roger Basler, warum ist ein aktuelles Profil auf LinkedIn so wichtig?
Roger Basler: Es ist die Visitenkarte und der erste Touchpoint, wenn es darum geht, das Vertrauen aufzubauen und um die Beziehung zu starten.
Was soll der User auf dem LinkedIn-Profil persönlich preisgeben?
Persönlich heisst nie privat! Persönlich heisst für mich alles, was man auch an einem Apéro sagen würde. Dazu zählen freiwillige Engagements oder Themen, die mich beruflich weitergebracht haben, oder auch Ausbildungen. Themen zu Politik oder Religion sollten vermieden werden.
Wie komme ich zu Kunden, ohne mich auf LinkedIn anzubiedern?
Mit kommentieren. Man sollte die Macht der Kommentare nicht vergessen, denn damit entsteht die Anbahnung einer Beziehung. Erst die Interaktion bringt den Dialog, der Dialog die Beziehung und dann die Beziehung den Erfolg.
Warum propagieren Sie Empfehlungen auf LinkedIn so stark?
Weil ich daran glaube, man sollte mehr geben als nehmen. Gerade auf LinkedIn kann man Personen aktiv eine Empfehlung geben – bei mir sind es unterdessen über 100 Personen, die ich kenne und denen ich vertraue. Also habe ich diesen Personen eine Empfehlung geschrieben und das hilft ihnen und natürlich indirekt auch mir, denn mein Netzwerk hat einen Netzwert.
* Roger L. Basler de Roca ist Betriebsökonom FH und Digital-Unternehmer. Zu seinen Spezialgebieten gehört der Aufbau von Digitalen Geschäfts- und Wachstumsmodellen im Digital Marketing mit Analytics.