Was bedeutet eigentlich… «It’s a wrap!»?

Benno Maggi befasst sich in seiner Kolumne «Was bedeutet eigentlich…?» mit Begriffen aus dem Marketing- und Kommunikationsbereich. Dieses Mal behandelt er den Begriff «It’s a wrap!».

Überall erklingt zur aktuellen Jahreszeit dieser Aufruf. Meist in freudigem Kontext und Tonfall. Woher kommt er eigentlich? Nein, es handelt sich nicht um die Freude über ein veganes Avocado-Wrap. Auch nicht um eine Chicken, Beef oder was auch immer für eine Rolle, die zum Verzehr gedacht ist. Heute wird «It’s a wrap!» beinahe bei jedem abgeschlossenen Task bemüht. Es bedeutet Zusammenpacken, fertig, Schluss! Ursprünglich wurde es bei Film- und Fernsehproduktionen am Ende eines Drehtages angewendet.

In einer Branche mit historisch starken Gewerkschaften, war der Zeitpunkt dieses Ausrufes bedeutend. Denn nur in wenigen Branchen sind die Arbeitszeiten so strikt geregelt, wie in der Entertainment-Branche. Wegen den Gewerkschaften wurden dadurch die sogenannten «golden hours» und «triple hours» zum Albtraum der Produktionsleitung. Der doppelte oder gar dreifache Betrag pro Stunde nämlich, der dann fällig ist, wenn die Dreharbeiten länger dauern als vereinbart. Und zwar inklusive des Wraps, des Zusammenpackens, das minutengenau festgehalten wird. Die Arbeit ist nämlich erst dann beendet, wenn das letzte Kabel aufgerollt und das letzte Leuchtmittel im dafür vorgesehenen Case verstaut ist. Dann erst stoppt die Uhr und wird abgerechnet. Und nicht, wenn die letzte Klappe fällt.

In den USA wurde bereits 1886 die erste Gewerkschaft der Film-Branche gegründet – und diese errang durch einen Streik für einen 1-Dollar-Tageslohn, bei 12 Stunden Arbeitstagen notabene, ihren ersten Erfolg. Törichte Produzenten in Häusern wie der Academy of Music versuchten dem entgegenzuwirken, indem sie Streikbrecher einstellten, um die Arbeit erfahrener Bühnenarbeiter zu übernehmen, die in den Streik traten. Ohne Erfolg.

Stattdessen war das der unaufhaltsame Siegeszug der Gewerkschaften. Auch aktuell streiken sie wieder, drüben in Amerika. Diesmal aber wegen AI – der Artificial Intelligence. Seit Anfang Mai streiken die mehr als 11’000 Drehbuchautor:innen der Writers Guild. Seit Mitte Juli auch die rund 16’000 Schauspielerinnen und Schauspieler der Schauspielgewerkschaft SAG-AFTRA. Sie alle fordern unter anderem Regeln für den Einsatz von Künstlicher Intelligenz. Und hier?

Schluss mit Überstunden

It’s a Wrap! Ende Jahr wird zwar jeweils auch in den hiesigen Marketingabteilungen, Agenturen und Produktionsfirmen aufgeräumt. Aber anders. Die über das Jahr aufgeschobenen Projekte noch husch husch vor dem Jahresende umgesetzt und reingepresst, damit die Budgets aufgebraucht werden, denn diese könnten ja sonst nächstes Jahr gekürzt werden.

Das wiederum führt zu Überstunden, die dann in den Agenturen sang- und klanglos gestrichen werden, da die Zeiten ja hart sind. Dabei sind Überstunden ja eigentlich vor allem Zeichen eines schlechten Projektmanagements und kein Leistungsausweis. Ein Ausruf, der also eigentlich positiv gedacht war, im Sinne von «wir haben es geschafft», «wir können zusammenpacken» wird plötzlich negativ konnotiert: «Wem das nicht passt, kann zusammenpacken».

Egal also, ob eine bestimmte Szene, ein Drehtag, ein Meilenstein in einem Projekt oder gar ein ganzes Jahr; Wenn die letzte Klappe fällt, alle Szenen im Kasten sind und wir uns ans Zusammenpacken machen können, dann sollten wir gut gelaunt sein. Denn es ist Schluss. Oder Pause. In diesem Sinne frohe Festtage.


Benno Maggi ist Mitgründer und CEO von Partner & Partner. Er lauscht seit über 30 Jahren in der Branche und entdeckt dabei für uns Worte und Begriffe, die entweder zum Smalltalken, Wichtigtun, Aufregen, Scrabble spielen oder einfach so verwendet werden können.

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