Überleben im Absturzmarkt
Netzwoche und Internet Standard profitieren trotz Baisse der New Economy von Messen und Ausstellungen
Netzwoche und Internet Standard profitieren trotz Baisse der New Economy von Messen und AusstellungenVon Daniel SchifferleDie beiden Schweizer Internettitel Netzwoche und Internet Standard sind mit ihrer Lancierung haargenau in den Absturz der New Economy hineingeraten. Doch mit dicken Spezialausgaben zu Messen und Ausstellungen können sie die ungenügende Belegung der normalen Ausgaben noch ausgleichen.
Ungemütlicher hätte das Umfeld für die Lancierung der beiden neuen Schweizer Internettitel Netzwoche und Internet Standard nicht sein können. Denn just, als das B2B-Blatt Netzwoche am 19. April an den Start ging, hatte der Absturz der New Economy in den USA eingesetzt. In der Folge gab es nur noch Prügel für die Internetwirtschaft, deren Akteure fast schon in die Nähe Krimineller gerückt wurden.
Und als der Publikumstitel Internet Standard am 18. August auf den Markt kam, war die Krise der New Economy vollends auf den alten Kontinent übergeschwappt. Die Aktienkurse selbst der besten Unternehmen schrumpften auf kleine Bruchteile ihres ursprünglichen Wertes zusammen. Viele junge Internetfirmen verschwanden ganz von der Bildfläche.
Potenzielle Inserenten der jungen Blätter starben damit weg, und die überlebenden Firmen müssen mit ihren Geldern sparsam umgehen. Eine traurige Realität für Printprodukte, die noch in der Hochblüte der Internetspekulationen geplant worden waren. Aber mit dieser Entwicklung ist nicht nur die Investitionskraft einer ganzen Branche zusammengeschrumpft. Auch beim Publikum haben die nicht mehr abreissenden schlechten Nachrichten das Interesse an Themen der New Economy gründlich vergrault.
Das hat markante Auswirkungen auf die Nachfrage der potenziellen Leser nach den neuen Blättern. Zwar geben sich beide noch zugeknöpft mit detaillierten Zahlen. Claude Settele, Verlagsleiter Internet Standard, bestätigt aber, dass sein Blatt am Kiosk pro Ausgabe weniger als 1000 Exemplare absetzt. Kein gutes Zeichen, denn bei diesem Verkaufskanal zeigt sich die Vitalität eines Titels wie sonst nirgends.
Aber auch bei den Abos ist der Internet Standard laut Settele erst bei 5500 Exemplaren angelangt – weit, weit von dem entfernt, was einst als Ziel ausgegeben worden war. Laut dem ursprünglichen Businessplan sollte bis Ende 2001 die Marke von 17000 verkauften Exemplaren erreicht werden. Jetzt steckt Settele zurück und hält bis zum Jahresende lediglich noch 10000 Exemplare für realistisch.
Optimistische Budgets werden jetzt zurückgestuft
Am Kiosk ergeht es der Netzwoche ganz ähnlich wie dem Internet Standard – ebenfalls «unter 1000 verkaufte Exemplare pro Ausgabe». Allerdings ist der Kiosk für ein B2B-Blatt auch viel weniger bedeutsam als für einen Publikumstitel. Die persönlich adressierte Auflage der Netzwoche schwankt laut Herausgeber Heinrich Meyer zwischen 4000 und 6000 Exemplaren pro Ausgabe, je nach Marketingmassnahmen. Darin sind neben den Jahresabos auch die Probe- und Schnupperabos mit drin.
«Das Budget wurde in einer ganz anderen Zeit gemacht», begründet Settele das Auseinanderklaffen von ursprünglichem Anspruch und aktueller Realität. Der inzwischen an einer schweren Krankheit verstorbene ehemalige Verlagsleiter des Internet Standard, Martin Meier, hatte für 2003 sogar eine Auflage von über 30000 Exemplaren angestrebt. «Auch das erachte ich nicht mehr als realistisch», sagt Settele, der nach Meiers Tod vom Chefredaktor- auf den Verlagsleiterposten gewechselt hatte.
Allzu kleines Marketingbudget rächt sich jetzt
Settele gesteht auch ein, der Internet Standard habe im ersten halben Jahr, seit er auf dem Markt ist, zu wenig ins Marketing investiert. Da werde man jetzt intensivieren. Erst im Dezember habe man in Daniel Allemann (vorher bei Cash) jemanden gefunden, der sich richtig ums Marketing kümmere. Besonders spürbar wurde der geringe Aufwand für das Marketing am Kiosk. Statt den Druck zu erhöhen, ging die Präsenz bei diesem für das Image und die Bekanntheit eines Titels so wichtigen Verkaufskanals immer mehr zurück. Mittlerweile ist das Aushängeplakat für den Internet Standard nur noch ausnahmsweise an einem Kiosk anzutreffen.
Aber nicht nur im Lesermarkt ist die Luft dünn geworden. Auch auf der Seite der Inserenten sieht die Wirklichkeit heute ganz anders aus als noch vor einem halben Jahr. «Den Dotcom-Firmen geht das Geld aus, deshalb müssen sie jetzt ihre Mittel sehr dosiert einsetzen», sagt Settele. Vorbei sind die Zeiten, als die Geldreserven von den Börsengängen noch prall waren und die jungen Start-ups Inserate schalten konnten, als wären sie bereits grosse, arrivierte Unternehmen.
Doch trotzdem ist eine ergiebige Quelle für Inserate nach wie vor intakt: Im Umfeld von Messen wie Internet-Expo, Orbit, Jobfair oder Karriere-Expo sprudeln die Anzeigen reichlich, denn bei diesen Drehscheiben der New Economy will jede Firma, die mit dem Internet zu tun hat, Präsenz markieren. Auf solche Ausstellungen hin können sowohl Netzwoche als auch Internet Standard ihre dicken Nummern realisieren. Mit der Folge, dass, wenn immer möglich, gleich zwei Ausgaben auf eine Messe hin realisiert werden.
Statt drei bis vier Inserateseiten, wie man sie zum Beispiel in den normalen Ausgaben der Netzwoche antrifft, gibt es in diesen Sonderausgaben zwölf bis fünfzehn Seiten. Dasselbe kann man beim Internet Standard beobachten: Statt, wie in den normalen Nummern durchschnittlich drei oder vier Inserateseiten, zählt man bei den Ausgaben auf Messen hin ebenfalls zehn bis vierzehn Inserateseiten.
Gründlich verrechnet haben sich beide Titel bei ihrer Rolle als Plattform für den Stellenmarkt. Sowohl Netzwoche als auch Internet Standard hatten bei ihrer Lancierung auf ihre Bedeutung für den Stellenmarkt der IT-Branche gesetzt. Weit gefehlt. Denn die Jobseiten in den normalen Nummern haben selten mehr als ein oder zwei Stellenangebote. «Wir hatten mehr erwartet», gesteht Netzwoche-Herausgeber Meyer. «Wir dachten, es brauche weniger Aufbauarbeit», argumentiert Settele. Einen Hauptgrund, den beide für die schwache Nachfrage verantwortlich machen: Gute Mitarbeiter im Webbereich würden persönlich oder via Headhunter kontaktiert.
«Geht es weiter nach unten, müssen wir über die Bücher»
Doch trotz des Katzenjammers in der New Economy geben sich Netzwoche und Internet Standard zuversichtlich, was ihre Zukunftsperspektiven betrifft. Settele gesteht allerdings ein: «Wenn es noch weiter nach unten geht, müssen wir über die Bücher.» Vorläufig sei die Situation aber nicht dramatisch. Er verweist dabei auch auf die Vorteile eines grossen und finanzkräftigen Unternehmens im Rücken: «IDG produziert weltweit rund 300 Printtitel, und darunter brauchten etliche einen langen Schnauf, bis sie erfolgreich waren.»
Ebenfalls keine Alarmglocken hört man im Moment beim B2B-Blatt Netzwoche läuten. Man habe die Kosten im Griff und werde bereits in diesem Jahr Break-even erreichen, sagt Heinrich Meyer. Er ist überzeugt, dass die Nachfrage nach Inserateraum trotz des Niedergangs der New Economy nicht noch weiter sinken wird. «Denn die so genannte Old Economy investiert jetzt konsequent und richtet ihre Organisationen und Abläufe auf das Internet und E-Business aus – Hype hin oder her.»
Ungemütlicher hätte das Umfeld für die Lancierung der beiden neuen Schweizer Internettitel Netzwoche und Internet Standard nicht sein können. Denn just, als das B2B-Blatt Netzwoche am 19. April an den Start ging, hatte der Absturz der New Economy in den USA eingesetzt. In der Folge gab es nur noch Prügel für die Internetwirtschaft, deren Akteure fast schon in die Nähe Krimineller gerückt wurden.
Und als der Publikumstitel Internet Standard am 18. August auf den Markt kam, war die Krise der New Economy vollends auf den alten Kontinent übergeschwappt. Die Aktienkurse selbst der besten Unternehmen schrumpften auf kleine Bruchteile ihres ursprünglichen Wertes zusammen. Viele junge Internetfirmen verschwanden ganz von der Bildfläche.
Potenzielle Inserenten der jungen Blätter starben damit weg, und die überlebenden Firmen müssen mit ihren Geldern sparsam umgehen. Eine traurige Realität für Printprodukte, die noch in der Hochblüte der Internetspekulationen geplant worden waren. Aber mit dieser Entwicklung ist nicht nur die Investitionskraft einer ganzen Branche zusammengeschrumpft. Auch beim Publikum haben die nicht mehr abreissenden schlechten Nachrichten das Interesse an Themen der New Economy gründlich vergrault.
Das hat markante Auswirkungen auf die Nachfrage der potenziellen Leser nach den neuen Blättern. Zwar geben sich beide noch zugeknöpft mit detaillierten Zahlen. Claude Settele, Verlagsleiter Internet Standard, bestätigt aber, dass sein Blatt am Kiosk pro Ausgabe weniger als 1000 Exemplare absetzt. Kein gutes Zeichen, denn bei diesem Verkaufskanal zeigt sich die Vitalität eines Titels wie sonst nirgends.
Aber auch bei den Abos ist der Internet Standard laut Settele erst bei 5500 Exemplaren angelangt – weit, weit von dem entfernt, was einst als Ziel ausgegeben worden war. Laut dem ursprünglichen Businessplan sollte bis Ende 2001 die Marke von 17000 verkauften Exemplaren erreicht werden. Jetzt steckt Settele zurück und hält bis zum Jahresende lediglich noch 10000 Exemplare für realistisch.
Optimistische Budgets werden jetzt zurückgestuft
Am Kiosk ergeht es der Netzwoche ganz ähnlich wie dem Internet Standard – ebenfalls «unter 1000 verkaufte Exemplare pro Ausgabe». Allerdings ist der Kiosk für ein B2B-Blatt auch viel weniger bedeutsam als für einen Publikumstitel. Die persönlich adressierte Auflage der Netzwoche schwankt laut Herausgeber Heinrich Meyer zwischen 4000 und 6000 Exemplaren pro Ausgabe, je nach Marketingmassnahmen. Darin sind neben den Jahresabos auch die Probe- und Schnupperabos mit drin.
«Das Budget wurde in einer ganz anderen Zeit gemacht», begründet Settele das Auseinanderklaffen von ursprünglichem Anspruch und aktueller Realität. Der inzwischen an einer schweren Krankheit verstorbene ehemalige Verlagsleiter des Internet Standard, Martin Meier, hatte für 2003 sogar eine Auflage von über 30000 Exemplaren angestrebt. «Auch das erachte ich nicht mehr als realistisch», sagt Settele, der nach Meiers Tod vom Chefredaktor- auf den Verlagsleiterposten gewechselt hatte.
Allzu kleines Marketingbudget rächt sich jetzt
Settele gesteht auch ein, der Internet Standard habe im ersten halben Jahr, seit er auf dem Markt ist, zu wenig ins Marketing investiert. Da werde man jetzt intensivieren. Erst im Dezember habe man in Daniel Allemann (vorher bei Cash) jemanden gefunden, der sich richtig ums Marketing kümmere. Besonders spürbar wurde der geringe Aufwand für das Marketing am Kiosk. Statt den Druck zu erhöhen, ging die Präsenz bei diesem für das Image und die Bekanntheit eines Titels so wichtigen Verkaufskanals immer mehr zurück. Mittlerweile ist das Aushängeplakat für den Internet Standard nur noch ausnahmsweise an einem Kiosk anzutreffen.
Aber nicht nur im Lesermarkt ist die Luft dünn geworden. Auch auf der Seite der Inserenten sieht die Wirklichkeit heute ganz anders aus als noch vor einem halben Jahr. «Den Dotcom-Firmen geht das Geld aus, deshalb müssen sie jetzt ihre Mittel sehr dosiert einsetzen», sagt Settele. Vorbei sind die Zeiten, als die Geldreserven von den Börsengängen noch prall waren und die jungen Start-ups Inserate schalten konnten, als wären sie bereits grosse, arrivierte Unternehmen.
Doch trotzdem ist eine ergiebige Quelle für Inserate nach wie vor intakt: Im Umfeld von Messen wie Internet-Expo, Orbit, Jobfair oder Karriere-Expo sprudeln die Anzeigen reichlich, denn bei diesen Drehscheiben der New Economy will jede Firma, die mit dem Internet zu tun hat, Präsenz markieren. Auf solche Ausstellungen hin können sowohl Netzwoche als auch Internet Standard ihre dicken Nummern realisieren. Mit der Folge, dass, wenn immer möglich, gleich zwei Ausgaben auf eine Messe hin realisiert werden.
Statt drei bis vier Inserateseiten, wie man sie zum Beispiel in den normalen Ausgaben der Netzwoche antrifft, gibt es in diesen Sonderausgaben zwölf bis fünfzehn Seiten. Dasselbe kann man beim Internet Standard beobachten: Statt, wie in den normalen Nummern durchschnittlich drei oder vier Inserateseiten, zählt man bei den Ausgaben auf Messen hin ebenfalls zehn bis vierzehn Inserateseiten.
Gründlich verrechnet haben sich beide Titel bei ihrer Rolle als Plattform für den Stellenmarkt. Sowohl Netzwoche als auch Internet Standard hatten bei ihrer Lancierung auf ihre Bedeutung für den Stellenmarkt der IT-Branche gesetzt. Weit gefehlt. Denn die Jobseiten in den normalen Nummern haben selten mehr als ein oder zwei Stellenangebote. «Wir hatten mehr erwartet», gesteht Netzwoche-Herausgeber Meyer. «Wir dachten, es brauche weniger Aufbauarbeit», argumentiert Settele. Einen Hauptgrund, den beide für die schwache Nachfrage verantwortlich machen: Gute Mitarbeiter im Webbereich würden persönlich oder via Headhunter kontaktiert.
«Geht es weiter nach unten, müssen wir über die Bücher»
Doch trotz des Katzenjammers in der New Economy geben sich Netzwoche und Internet Standard zuversichtlich, was ihre Zukunftsperspektiven betrifft. Settele gesteht allerdings ein: «Wenn es noch weiter nach unten geht, müssen wir über die Bücher.» Vorläufig sei die Situation aber nicht dramatisch. Er verweist dabei auch auf die Vorteile eines grossen und finanzkräftigen Unternehmens im Rücken: «IDG produziert weltweit rund 300 Printtitel, und darunter brauchten etliche einen langen Schnauf, bis sie erfolgreich waren.»
Ebenfalls keine Alarmglocken hört man im Moment beim B2B-Blatt Netzwoche läuten. Man habe die Kosten im Griff und werde bereits in diesem Jahr Break-even erreichen, sagt Heinrich Meyer. Er ist überzeugt, dass die Nachfrage nach Inserateraum trotz des Niedergangs der New Economy nicht noch weiter sinken wird. «Denn die so genannte Old Economy investiert jetzt konsequent und richtet ihre Organisationen und Abläufe auf das Internet und E-Business aus – Hype hin oder her.»