Noch nicht zuverlässiger
Cinecom & Media weist erstmals die Resultate der Kinokontrolle aus
Dass der Jahresbericht der Kinokontrolle bisher unveröffentlicht blieb und erst heuer, im vierten Kontrolljahr, publiziert wird, hat einen Grund: Es dauerte drei Jahre, bis die Kinobranche ein positives und damit präsentierbares Resultat zustande gebracht hat. Umso besser steht dieser kleine Werbeauftragnehmer (Bruttowerbeaufwand 2000: 38,6 Millionen Franken) nun da.
Doch auch die Kontrolljahre 1999 und 1998, in denen sich die Branche weniger gut präsentiert, werden im Bericht ausgewiesen. Zudem ist der Kinovermarkterin Cinecom & Media zugute zu halten, dass sie mit ihrem Auftrag, ein Controlling durchzuführen, einen Standard gesetzt hat.
Gemäss Jahresbericht 2000 hat das Institut Qualitest letztes Jahr monatlich rund 100 Kinos in sieben Städten der Deutschschweiz und der Suisse romande kontrolliert. Dies entsprach einer Kontrollquote von rund 24 Prozent der 418 Werbekinos oder 43 Prozent der 18,762 Millionen Kinobesucher. Insgesamt kontrollierte Qualitest 13328 Werbefilmeinschaltungen beziehungsweise Termine auf Einsatz und Ausführung.
Qualitest stellte nun fest, dass von den 13328 Einschaltungen 1196 oder 9 Prozent schlicht nicht oder zur falschen Zeit gezeigt wurden. 1999 lag die Fehlerquote bei 9,7 Prozent. Dass die Fehlerquote geringfügig kleiner wurde, weist darauf hin, dass sich die Disziplin und Zuverlässigkeit der Kinobesitzer beziehungsweise der Operateure kaum verbessert hat.
Verbessert hat sich hingegen ein zweiter Punkt: Wo Fehler festgestellt wurden, kam es letztes Jahr in der Regel zu Kompensationen. Mehr noch: Die 1196 Fehler wurden mit insgesamt 1281 Zusatzschaltungen überkompensiert. Der Überhang von 85 Zusatzschaltungen erscheint im Bericht als «Reklamationsquote» von + 0,6 Prozent. Dieser Saldo zwischen fehlenden und zusätzlichen Einschaltungen war allerdings letztes Jahr erstmals positiv. 1999 lag er noch bei minus 3,7 Prozent und 1998 gar bei minus 14 Prozent. Will heissen: Die Kinobesitzer sind heute eher bereit, Fehler einzugestehen und Hand zu bestmöglichem Ersatz zu bieten.
Von Wiedergutmachung kann allerdings nicht gesprochen werden. Wer einen Werbefilm zum bestimmten Zeitpunkt schaltet, tut dies in der Regel mit der Absicht, ein ganz bestimmtes Zielpublikum zum ganz bestimmten Zeitpunkt zu erreichen. Im Umfeld eines anderen Films oder zu einem anderen Termin ist der Erfolg nicht unbedingt gleich. Fazit: Disziplin wäre wichtiger als Ersatz.
Und ganz nebenbei bemerkt: Sollte die Zigarettenindustrie künftig tatsächlich auf Kinowerbung verzichten, wäre dies unter anderem auch eine Folge der Disziplinlosigkeit einiger Kinobesitzer (siehe S. 5).
Ab 100000 Franken gratis Kontrollbericht
Das Konzept für das Kino-Controlling hat die Media Audit AG im Auftrag der Cinecom & Media AG und nach Gesprächen mit Kunden, Werbe- und Media-agenturen sowie Verbänden erstellt. Das Konzept sieht vor, dass Media Audit als Scharnier zwischen Cinecom und Qualitest geschaltet ist – zwecks Gewährleistung der Unabhängigkeit. Cinecom hat also gar nie direkten Kontakt zu dem Institut, das die Kontrolle ausführt.
Qualitest liefert alle Daten an Media Audit, das diese auswertet und auch den Jahresbericht verfasst. Neben der monatlichen Untersuchung von 100 Kinos wird seit letztem Jahr auch eine Koinzidenzstudie durchgeführt – eine einmalige Kontrolle mit grösserer Stichprobe. Letztes Jahr bestätigte sie im Wesentlichen die Resultate der regelmässigen Kontrolle.
Die Kosten für die Untersuchungen – rund eine halbe Million Franken pro Jahr – trägt Cinecom. Sie liefert Kunden, die Kinokampagnen ab 100000 Franken schalten, jeweils einen individuellen Kontrollbericht gratis ab. Bei kleineren Kampagnen geschieht dies nur auf Verlangen und gegen Bezahlung.
Noch kein Branchenstandard
Ziel der Kinokontrolle ist es, «Kontrollrichtlinien für die Kino-Werbung als verbindlichen Branchenstandard» einzuführen, um das Vertrauen der Werbekunden in das Medium Kino zu fördern. So steht es zumindest im Jahresbericht.
Nun ist aber Cinecom nicht alleinige Kinovermarkterin in der Schweiz. Seit November 1999 drängt der französische Kinovermarkter Mediavision von Genf aus auf den Schweizer Markt. Dennoch haben bisher weder Cinecom noch Media Audit mit dem Neuling Gespräche über einen Branchenstandard aufgenommen. Das mag verständlich sein, kam doch Mediavision letztes Jahr erst (oder schon?) auf einen Marktanteil (MA) von fünf Prozent. Doch Cinecom will die Kinokontrolle auch nach Österreich und Deutschland exportieren – und dort sind die MA der Konkurrenten grösser als in der Schweiz. Damit ist dort ein Branchenstandard noch weniger greifbar. Lässt sich die Cinecom deshalb für Gespräche allzu viel Zeit, verpasst sie eine Chance und die Kinokontrolle könnte zu einem blossen Marketinginstrument degenerieren.
Aus Cinecom wird RMB Switzerland
Am 1. April wird der Medienvermarkter Cinecom & Media unter dem Namen RMB Switzerland nun auch offiziell zur Schweizer Vertretung der Régie Média Belge International (RMBI). Faktisch ist dies schon seit September 2000 der Fall, denn damals hatte RMBI die Cinecom/Wegra-Gruppe übernommen und sich so Zugang zum deutschsprachigen Raum (D, CH, A) verschafft. RMBI ist zu 75 Prozent an der Cinecom & Media Schweiz beteiligt.
Am 1. April wird nun die operative Integration der Area Central Europe abgeschlossen sein, womit RMBI zum ersten Medienvermarktungsunternehmen wird, das in ganz Europa tätig ist. Chef der RMBI-Area Central Europe wird der bisherige Cinecom-CEO Matthias Luchsinger, der damit auch Chairman von RMB Deutschland und RMB Österreich wird.