«Die gewählte Kooperation stärkt die Position jedes Mitgliedes»
Für Publicitas-Chef Ernst Grab generiert die Mittelland Zeitung attraktive Volumina
Für Publicitas-Chef Ernst Grab generiert die Mittelland Zeitung attraktive VoluminaAb Januar 2002 spannt die Aargauer Zeitung mit Solothurner Zeitung, Oltner Tagblatt und Zofinger Tagblatt zur drittgrössten Zeitung der Schweiz zusammen. Dadurch werden wirtschaftlich verknüpfte Gebiete unter einem Zeitungsdach vereint. Für die Publicitas und die AZ Media erwächst daraus auch eine neue Form der Zusammenarbeit.Was ist eigentlich der grosse Vorteil der Kooperation, wie sie jetzt zwischen Aargauer Zeitung und Neuer Mittelland Zeitung zu Stande gekommen ist? Oder anders gefragt: Weshalb macht sie mehr Sinn als eine Partnerschaft mit der Berner Zeitung (BZ) oder dem Bund respektive der NZZ, die ebenfalls mitverhandelten?
Ernst Grab: Ein ganz wichtiger Punkt: Mit dieser Kooperation wird der Wirtschaftsraum Mittelland zwischen den beiden mächtigen Polen Bern und Zürich gestärkt. Als gemeinsamer Block haben die vier beteiligten Titel mittel- und langfristig sehr gute Überlebenschancen. Entscheidend ist zudem, dass das Gebiet zwischen Baden und Solothurn unter ein einziges Zeitungsdach kommt, denn dieser Raum macht als gemeinsamer, homogener und starker Werbemarkt Sinn.
Wenn nun aber doch Bern oder Zürich zum Zuge gekommen wären, welches wären dann die Nachteile gewesen?
Grab: Sowohl in die eine oder andere Richtung wäre dies auf eine Trennung der drei Partner der Neuen Mittelland Zeitung hinausgelaufen. Aber sich auseinanderreissen zu lassen, hat keiner dieser drei langjährigen Partner gewollt. Und was man auch nicht vergessen darf: Der Raum Aarau–Olten–Zofingen ist in den vergangenen Jahrzehnten immer mehr zu einem Wirtschaftsraum zusammengewachsen. Die Mittelland Zeitung führt jetzt auch diese Region wieder zusammen.
Und das ganze Szenario mit der Berner Zeitung – weshalb wäre dies die schlechtere Lösung gewesen?
Grab: Der Kanton Solothurn wäre dabei wohl entzweigerissen worden – der eine Teil in Richtung Bern und der andere in Richtung Aargau. Das wäre aber nicht glücklich gewesen. Zwar sind die Wirtschaftsräume kantonsübergreifend, doch innerhalb solcher wirtschaftlich zusammengehörender Gebiete spielen die Kantone nach wie vor eine gewichtige Rolle. Durch eine Anbindung an die Region Bern wäre aber nicht nur ein Kanton, sondern sogar der gesamte Wirtschaftsraum Mittelland entzweigeteilt worden. Und das mit negativen Folgen sowohl für den Marktraum als auch für die beteiligten Zeitungstitel. In einer Kooperation mit der Berner Zeitung hätten Letztere zudem mehr Autonomie abgeben müssen, als das jetzt mit der Mittelland Zeitung der Fall ist. Denn wie das Beispiel im Berner Oberland zeigt, tendieren die Berner mit ihren Partnern zu deutlich stärker integrierten Zusammenarbeitsmodellen.
Wie funktioniert denn nun das Modell Mittelland Zeitung?
Ernst Grab: Für das Inserategeschäft spielt die Aargauer Zeitung in dieser Kooperation die Rolle der Lokomotive. Denn sie hat aus dem nationalen Werbemarkt mehr Seiten als die heutige Neue Mittelland Zeitung. Durch die Zusammenarbeit werden diese zusätzlichen Volumina auch in das Gesamtangebot eingebracht. Zu einem grösseren Teil zumindest wird das sicher gelingen. Als Folge werden daher die drei Titel Solothurner Zeitung, Oltner Tagblatt und Zofinger Tagblatt, die heute weniger nationale Werbung haben, grössere Volumina aus dem nationalen Markt erhalten.
Hat man berechnet, wie hoch die Zunahme sein wird?
Grab: Natürlich haben wir Berechnungen angestellt, aber dabei handelt es sich um komplexe Kalkulationen, die auch mit Unsicherheiten behaftet sind. Deshalb möchte ich im Moment nur so viel sagen: Es wird ein attraktives zusätzliches Volumen sein.
Die Publicitas wird für die Vermarktung der Mittelland Zeitung mit der AZ Media, der Verkaufsorganisation der Aargauer Zeitung, eng zusammenarbeiten. Lehnt sich dieses Modell an diejenigen Modelle an, die zum Beispiel die Neue Luzerner Zeitung oder die Südostschweiz bereits anwenden?
Grab: Nein, was wir bei der Mittelland Zeitung machen, ist anders gelagert. Wir haben heute mit den Verlegern der Neuen Mittelland Zeitung (Solothurner Zeitung, Oltner Tagblatt, Zofinger Tagblatt) einen Regievertrag und eine sehr enge Zusammenarbeit mit der Aargauer Zeitung. In Zukunft ist die Grundlage der Zusammenarbeit ein Vertrag zwischen den Verlegern der Mittelland Zeitung und Publicitas über die Promotion, den Verkauf und die Abwicklung der Anzeigen. In diesem Vertrag wird die ausschliessliche Bewirtschaftung des Anzeigenmarktes Publicitas übertragen, mit der Einschränkung, dass die Verkaufsorganisation der AZ Media als zweiter Verkaufskanal ebenfalls die Mittelland Zeitung vermarktet. Die Mittelland Zeitung wird also über zwei Verkaufskanäle verfügen.
Das tönt aber nach einer konfliktträchtigen Konstruktion. Wie wird die Koordination der beiden gehandhabt?
Grab: So wie wir das geplant haben, ist diese Organisation nicht konfliktanfällig. Ein Leitungsausschuss, in dem die Verlagsleiter der beteiligten Zeitungen und Publicitas vertreten sind, wird die Marktbearbeitungsstrategie festlegen und den Verkauf und die Abwicklung koordinieren.
Die Partner der Mittelland Zeitung haben nicht aufgehört zu betonen, die nun gewählte Kooperation sei überhaupt nicht zwingend nötig gewesen. Das ist doch aber nur die halbe Wahrheit?
Grab: Es ist weise, etwas zu tun, solange man nicht mit dem Rücken zur Wand steht. Im Moment boomt der Werbemarkt. Wir sind heute in der glücklichen Situation, in der es allen Regionalzeitungen gut geht. Aber man muss auch längerfristig planen: Wenn der Stellenmarkt und die Werbeausgaben wieder zurückgehen, könnte es für einzelne Regionalzeitungen schwierig werden. Die gewählte Kooperation stärkt die Position jedes einzelnen Mitgliedes. Sie führt zu Mehrerträgen, und das hilft wiederum, Reserven zu bilden für die härteren Zeiten. Das gilt ebenso für andere Zeitungssysteme, die sich frühzeitig neu strukturiert haben und die aus einer starken Position heraus eventuell in eine allfällige Krise hineingeraten könnten. Sollte sich je wieder eine ähnlich dramatische Situation einstellen wie Anfang der Neunzigerjahre, werden solche Zeitungssysteme überleben können, davon bin ich überzeugt.
Interview: Daniel Schifferle
Ernst Grab: Ein ganz wichtiger Punkt: Mit dieser Kooperation wird der Wirtschaftsraum Mittelland zwischen den beiden mächtigen Polen Bern und Zürich gestärkt. Als gemeinsamer Block haben die vier beteiligten Titel mittel- und langfristig sehr gute Überlebenschancen. Entscheidend ist zudem, dass das Gebiet zwischen Baden und Solothurn unter ein einziges Zeitungsdach kommt, denn dieser Raum macht als gemeinsamer, homogener und starker Werbemarkt Sinn.
Wenn nun aber doch Bern oder Zürich zum Zuge gekommen wären, welches wären dann die Nachteile gewesen?
Grab: Sowohl in die eine oder andere Richtung wäre dies auf eine Trennung der drei Partner der Neuen Mittelland Zeitung hinausgelaufen. Aber sich auseinanderreissen zu lassen, hat keiner dieser drei langjährigen Partner gewollt. Und was man auch nicht vergessen darf: Der Raum Aarau–Olten–Zofingen ist in den vergangenen Jahrzehnten immer mehr zu einem Wirtschaftsraum zusammengewachsen. Die Mittelland Zeitung führt jetzt auch diese Region wieder zusammen.
Und das ganze Szenario mit der Berner Zeitung – weshalb wäre dies die schlechtere Lösung gewesen?
Grab: Der Kanton Solothurn wäre dabei wohl entzweigerissen worden – der eine Teil in Richtung Bern und der andere in Richtung Aargau. Das wäre aber nicht glücklich gewesen. Zwar sind die Wirtschaftsräume kantonsübergreifend, doch innerhalb solcher wirtschaftlich zusammengehörender Gebiete spielen die Kantone nach wie vor eine gewichtige Rolle. Durch eine Anbindung an die Region Bern wäre aber nicht nur ein Kanton, sondern sogar der gesamte Wirtschaftsraum Mittelland entzweigeteilt worden. Und das mit negativen Folgen sowohl für den Marktraum als auch für die beteiligten Zeitungstitel. In einer Kooperation mit der Berner Zeitung hätten Letztere zudem mehr Autonomie abgeben müssen, als das jetzt mit der Mittelland Zeitung der Fall ist. Denn wie das Beispiel im Berner Oberland zeigt, tendieren die Berner mit ihren Partnern zu deutlich stärker integrierten Zusammenarbeitsmodellen.
Wie funktioniert denn nun das Modell Mittelland Zeitung?
Ernst Grab: Für das Inserategeschäft spielt die Aargauer Zeitung in dieser Kooperation die Rolle der Lokomotive. Denn sie hat aus dem nationalen Werbemarkt mehr Seiten als die heutige Neue Mittelland Zeitung. Durch die Zusammenarbeit werden diese zusätzlichen Volumina auch in das Gesamtangebot eingebracht. Zu einem grösseren Teil zumindest wird das sicher gelingen. Als Folge werden daher die drei Titel Solothurner Zeitung, Oltner Tagblatt und Zofinger Tagblatt, die heute weniger nationale Werbung haben, grössere Volumina aus dem nationalen Markt erhalten.
Hat man berechnet, wie hoch die Zunahme sein wird?
Grab: Natürlich haben wir Berechnungen angestellt, aber dabei handelt es sich um komplexe Kalkulationen, die auch mit Unsicherheiten behaftet sind. Deshalb möchte ich im Moment nur so viel sagen: Es wird ein attraktives zusätzliches Volumen sein.
Die Publicitas wird für die Vermarktung der Mittelland Zeitung mit der AZ Media, der Verkaufsorganisation der Aargauer Zeitung, eng zusammenarbeiten. Lehnt sich dieses Modell an diejenigen Modelle an, die zum Beispiel die Neue Luzerner Zeitung oder die Südostschweiz bereits anwenden?
Grab: Nein, was wir bei der Mittelland Zeitung machen, ist anders gelagert. Wir haben heute mit den Verlegern der Neuen Mittelland Zeitung (Solothurner Zeitung, Oltner Tagblatt, Zofinger Tagblatt) einen Regievertrag und eine sehr enge Zusammenarbeit mit der Aargauer Zeitung. In Zukunft ist die Grundlage der Zusammenarbeit ein Vertrag zwischen den Verlegern der Mittelland Zeitung und Publicitas über die Promotion, den Verkauf und die Abwicklung der Anzeigen. In diesem Vertrag wird die ausschliessliche Bewirtschaftung des Anzeigenmarktes Publicitas übertragen, mit der Einschränkung, dass die Verkaufsorganisation der AZ Media als zweiter Verkaufskanal ebenfalls die Mittelland Zeitung vermarktet. Die Mittelland Zeitung wird also über zwei Verkaufskanäle verfügen.
Das tönt aber nach einer konfliktträchtigen Konstruktion. Wie wird die Koordination der beiden gehandhabt?
Grab: So wie wir das geplant haben, ist diese Organisation nicht konfliktanfällig. Ein Leitungsausschuss, in dem die Verlagsleiter der beteiligten Zeitungen und Publicitas vertreten sind, wird die Marktbearbeitungsstrategie festlegen und den Verkauf und die Abwicklung koordinieren.
Die Partner der Mittelland Zeitung haben nicht aufgehört zu betonen, die nun gewählte Kooperation sei überhaupt nicht zwingend nötig gewesen. Das ist doch aber nur die halbe Wahrheit?
Grab: Es ist weise, etwas zu tun, solange man nicht mit dem Rücken zur Wand steht. Im Moment boomt der Werbemarkt. Wir sind heute in der glücklichen Situation, in der es allen Regionalzeitungen gut geht. Aber man muss auch längerfristig planen: Wenn der Stellenmarkt und die Werbeausgaben wieder zurückgehen, könnte es für einzelne Regionalzeitungen schwierig werden. Die gewählte Kooperation stärkt die Position jedes einzelnen Mitgliedes. Sie führt zu Mehrerträgen, und das hilft wiederum, Reserven zu bilden für die härteren Zeiten. Das gilt ebenso für andere Zeitungssysteme, die sich frühzeitig neu strukturiert haben und die aus einer starken Position heraus eventuell in eine allfällige Krise hineingeraten könnten. Sollte sich je wieder eine ähnlich dramatische Situation einstellen wie Anfang der Neunzigerjahre, werden solche Zeitungssysteme überleben können, davon bin ich überzeugt.
Interview: Daniel Schifferle