Chance für Neuanfang

Stärkles Abgang bei Radio Argovia nährt Hoffnungen auf nur einen Privatradioverband

Stärkles Abgang bei Radio Argovia nährt Hoffnungen auf nur einen PrivatradioverbandVon Markus KnöpfliWenn nicht alles trügt, werden sich die beiden Privatradioverbände noch dieses Jahr zusammenschliessen. Wie dieses Wunder möglich werden soll, ist zwar noch unklar. Fest steht aber: Die Tatsache, dass Christian Stärkle, Präsident des kleineren Verbandes, die Privatradiobühne verlässt, heizt die Diskussion um einen statt zwei Verbände an.
Genau fünf Jahre sind es her, seit sich der damalige Verband Schweizerischer Privatradios (VSP) gespalten hat. Damals, im März 1996, trat Radio Argovia aus Protest aus dem VSP aus. Ihm folgten vorerst die Radios 24 und Sunshine. Wenig später gründeten sie den Verband Privatradio Suisse (PRS), mit Argovia-Geschäftsführer Christian Stärkle als Präsident. Gemäss Stärkle wollten die austretenden Radios einen professionell geführten Verband mit vollamtlichem Geschäftsführer, was die VSP-Mehrheit damals nicht gewünscht habe.
Mittlerweile hat der PRS zwar einige wenige Mitglieder hinzugewonnen (siehe Kasten), doch der VSP mit Radio-Top-Chef Günter Heuberger als Präsident blieb mit 19 Mitgliedern klar der zahlenmässig grössere Verband. Zudem existiert in der Romandie mit dem RRR gar ein dritter Verband. Und sowohl beim PRS als auch beim VSP ist der Präsident gleichzeitig Verbandsgeschäftsführer.
Kein Wunder, dass ob solch nüchterner Bilanz wiederholt ein geeinter Verband gefordert wurde. Erst recht mit Blick auf die RTVG-Revision. Mehrmals wurde denn auch versucht, die beiden zerstrittenen Präsidenten an einen Tisch zu bringen. Das gelang zwar, aber ein konkretes Ergebnis blieb aus.
Radiotele würde PRS im VSP integrieren
Nun präsentiert sich die Situation insofern neu, als Stärkle per Ende Juni die AZ Medien verlassen wird. Damit kommt auch das Thema Fusion wieder aufs Tapet, denn ein PRS ohne Stärkle fällt wohl unweigerlich auseinander. Stärkle selbst bestätigt erst auf konkretes Nachfragen hin: «Eine Fusion der beiden Verbände wird derzeit diskutiert, aber ich bin an den Gesprächen nicht beteiligt.»
Auch Heuberger sieht die Chance für eine Einigung gekommen: «Wir gehen davon aus, dass mit dem Abschied von Christian Stärkle ein Grund, der zur Spaltung der Privatradios geführt hatte, wegfällt», sagt er. Seine Vorstellung ist einfach: Fusion nein, aber die PRS-Mitglieder lösen ihren Verband auf und können beim VSP die Mitgliedschaft beantragen.
Ganz andere Vorstellungen hat Bruno Oetterli, Geschäftsführer von Radiotele, PRS-Mitglied und von jeher Verfechter eines geeinten Privatradioauftritts. Ginge es nach ihm, sollte der PRS «im VSP integriert werden». Im besten Fall würde sich auch gleich der RRR hinzugesellen. Vor allem aber schlägt Oetterli als teilzeitlich angestellter Verbandsgeschäftsführer den Medienprofi Christian Stärkle vor, der auch politisch versiert sei. Wer Präsident würde, sei eigentlich egal.
Was Stärkle angeht, so ist diese Idee nicht aus der Luft gegriffen, denn dieser würde sich gerne als Medienconsulter selbstständig machen und schaut sich derzeit nach möglichen Beratungsmandaten um. Einige, so etwa die Geschäftsführung des Radio-Pools 2000, des Privat-TV-Verbandes Telesuisse sowie des TeleNewsCombis, hat er so gut wie im Sack. Ein weiteres Mandat als Geschäftsführer eines geeinten Privatradioverbandes käme ihm, wie er bestätigt, nicht ungelegen.
Macht ein Neutraler aus den Bergen das Rennen?
Doch Heuberger lehnt ein solches Ansinnen rundweg ab: «Stärkle als Geschäftsführer – das ist nicht mehrheitsfähig», sagt er bestimmt.
Beim PRS dagegen schätzt man dies offenbar anders ein. Doch weil man auch dort weiss, dass Heuberger und Stärkle derzeit kaum kompatibel sind, hat der PRS Martin Muerner, Sendeleiter von Radio BeO und VSP-Vorstandsmitglied, als künftigen gemeinsamen Präsidenten ins Gespräch gebracht.
Dies wiederum wertet Heuberger als Versuch, den VSP zu spalten. «Eine personelle Frage stellt sich nicht. Unsere Generalversammlung hat erst gerade gezeigt, dass der VSP geschlossen ist», hält er fest.
Und Muerner selbst? «Ich weiss, dass ich als Präsident gehandelt werde», sagte er. Auch den Grund kennt er: «Ich mag sowohl Heuberger als auch Stärkle gut und war in der Vergangenheit als Neutraler aus den Bergen so etwas wie die Brücke zwischen den beiden.» Deshalb will er, der sich ebenfalls einen geeinten Verband wünscht, Oetterlis personelle Vorstellungen nicht kommentieren. «Die künftige Verbandsstruktur muss dereinst personenunabhängig funktionieren», sagt er. Würde er sich aber als Präsident zur Verfügung stellen? «Diese Frage will ich nicht gegenüber der WerbeWoche beantworten», sagt Muerner. Und er ergänzt: «Ich will alle an einen Tisch bringen. Vordrängen will ich mich nicht.»
So verfahren die Situation auch aussehen mag, der Optimismus ist sowohl bei Stärkle als auch bei Heuberger, Oetterli und Muerner intakt. Denn alle halten einen geeinten Privatradioverband noch in diesem Jahr für möglich.
Privatradio Suisse (PRS) Mitglieder: Argovia, BE 1 (vormals Förderband), Edelweiss, ExtraBern, Sunshine, Z, 24, 105*.

Mitglieder ohne Stimmrecht: Radiotele, Spotpromotion, AIE Communication
Verband Schweizerischer Privatradios (VSP) Mitglieder: Aktuell, Basilisk, Canal 3, BeO, Central, Emme, ERF, Grischa, L, Lausanne FM, One FM, Pilatus, Ri, Rottu, Top, Zürisee, 3iii, 32, 105*Beim VSP ausgetreten: Munot
* Radio 105 ist Mitglied bei beiden Verbänden.
Kommentar

Fünf Jahre sind genug!Die Sache ist eigentlich zum Lachen: Da spalteten sich doch im Jahre 1996 einige Radios von den übrigen aus einem Interessenverband ab, mit dem Ziel «professionellere Verbandsarbeit» zu leisten. Bloss, gemerkt hat man davon wenig. Und nun löst sich mit Christian Stärkles Abgang eh
alles in Luft auf.
Fünf Jahre lang auf einen geeinten Auftritt zu verzichten, noch dazu in einer Branche, die nur um die drei Prozent des Bruttowerbekuchens ergattert – das ist fast schon ein Bravourstück. Mit Verlaub: Da nehmen sich einige Personen zu wichtig.
Wenn ich bedenke, dass die gleichen Radios über die Verbandsgrenzen hinweg seit Jahren in diversen Pools zusammenarbeiten; dass zudem oft dieselben Personen im TV-Bereich besser kooperieren – man denke nur an das heterogene TeleNewsCombi – dann greife ich mir an den Kopf angesichts der Radio-Problemchen.
Trotzdem, wie sind sie zu lösen? Soll man eher auf den ausgewiesenen Fachmann und integrativ wirkenden Stärkle als Geschäftsführer verzichten? Oder auf den nicht minder kompetenten und aktiven Präsidenten Günter Heuberger, einen der wenigen verlagsunabhängigen Radiopioniere? Andrerseits: Wird sich Stärkle nicht mit weiteren Beratungsmandaten verfilzen? Ist der Ex-Regierungsratskandidat mehr als ein blosser Taktierer und stiller Lobbyist? Kann umgekehrt ein bisweilen polternder Heuberger, der in der Ostschweiz polarisiert, den Verband einen?
Bleibt ein Entweder-oder – oder wäre vielleicht doch ein Powerpack mit Präsident Heuberger und Geschäftsführer Stärkle möglich? Natürlich brauchts da noch Martin Muerner oder Markus Ruoss als Vize und vor allem als Scharnier.
Und natürlich steckt der Teufel im Detail. Aber ehrlich: Diese Details sind und bleiben Peanuts. Darum: Fünf Jahre sind genug. Rauft euch endlich zusammen! Markus Knöpfli
Korrigendum

Blick verliert 4870 Exemplare
Bei unserer Berichterstattung über die Auflagezahlen in WW 14/01 hat sich ein Fehler eingeschlichen. Richtig ist zwar, dass der Blick 1,5 Prozent Auflage verloren hat. Dies ergibt aber nicht einen Verlust von 11700 Exemplaren, sondern lediglich einen solchen von 4870 Exemplaren.

Weitere Artikel zum Thema