Aufgefallen: Sie fasst sich an den rechten Busen und ich mich an den Kopf. Was, um Evas Willen, möchte uns jetzt Monsieur Yves Saint Laurent (Rive Gauche) mit dieser Inszenierung mitteilen?

AufgefallenSie fasst sich an den rechten Busen und ich mich an den Kopf. Was, um Evas Willen, möchte uns jetzt Monsieur Yves Saint Laurent (Rive Gauche) mit dieser Inszenierung mitteilen? Dass sein Model nicht total auf die Knochen abmagern musst

AufgefallenSie fasst sich an den rechten Busen und ich mich an den Kopf. Was, um Evas Willen, möchte uns jetzt Monsieur Yves Saint Laurent (Rive Gauche) mit dieser Inszenierung mitteilen? Dass sein Model nicht total auf die Knochen abmagern musste? Oder ist der taktile Kontakt zur Brust etwa das neue Erkennungszeichen für YSL-Rive-Gauche-Trägerinnen? Vielleicht führt das Model auch nur die Nützlichkeit der neuen Kreation vor: mir nichts, dir nichts kann zwischendurch selber Hand angelegt werden, ohne dass das ganze Kleid am Boden zu landen hat.
Eine Brust oder ein Brustpaar ist doch nach wie vor am attraktivsten, wenn es verborgen bleibt. Wenn auch nur leicht. Also dann, wenn es der Fantasie des Betrachters überlassen wird, wie dieser weibliche Körperteil wohl aussehen könnte. Ein ähnliches Schicksal teilen übrigens auch Pralinen. Am meisten Lust auf sie bekommt man unmittelbar vor dem Kontakt mit den Zähnen. Dann, wenn man noch nicht weiss, was sich hinter der Hülle verbirgt. Darum lieber eine Hülle zu viel als eine zu wenig. Und lieber Pralinen von der Rive droite statt magersüchtige Models.
Chandra Kurt
Kolumne

Weicher Stuhl
Von Markus Ruf
«Wenn es nicht hin und wieder Wettkämpfe gäbe, würde der Weltrekord im Sprint über 100 m heute bei 25 Sekunden liegen», begründete einst ein Kunde seinen Entscheid, eine Konkurrenzpräsentation durchzuführen. Er verstand sie als Mittel, den Agenturen Beine zu machen. Das Rennen machte dann eine brillante Kampagne, was sogar jene zugeben mussten, die auf der Strecke blieben (zum Beispiel ich). In letzter Zeit beschleichen mich allerdings immer öfter Zweifel, ob man nicht bessere Chancen hat, wenn man gemütlich im Mittelfeld läuft.
Da lädt ein Grossverteiler Agenturen ein, möglichst eigenständige, moderne und originelle Konzepte für die Einführung der neuen Eigenmarke zu präsentieren. Einige Monate später zwinkern mir überall Muttis, Teenager, Lausbuben, Babys und Känguruhs zu und behaupten aus unerklärlichen Gründen: «So macht’s Freude.»
Ein anderes Beispiel, noch aktueller: Ein Möbelhaus beauftragt mehrere Agenturen, ein frisches Konzept für sein trendiges Sortiment zu erarbeiten und dieses anhand von Stühlen, Gartenmöbeln zu demonstrieren. Drei Monate später hängt die Siegerkampagne. Sie lebt von in Paris fotografierten Köpfen und Wortspielen, die mich meine Jugendsünde «Fanta Morgana» (um 1984) plötzlich in einem viel milderen Licht sehen lassen. Kostprobe gefällig? Ein Plakat zeigt einen südländisch aussehenden jungen Mann, dazu die Schlagzeile: «Ich gehe ins (Name des Möbelhauses), weil mein Doktor sagt, mein Stuhl sei nicht in Ordnung.» «Scheiss drauf», grummelt Kollege R., der mitpräsentiert hat, und zeigt mir seine Kampagnen, die gespült wurden. Eine davon ist brillant!
Vielleicht sollte mal wieder jemand eine Ausstellung organisieren, in der die besten abgeschossenen Kampagnen gezeigt werden. So wie es das Kunstgewerbemuseum Zürich vor einigen Jahren mit Erfolg getan hat. Ich fürchte allerdings, heute müsste man aus Platzgründen das World Trade Center dafür mieten.
Markus Ruf ist Freelance-Konzepter und amtierender Werber des Jahres.
Sprachbeobachter

Der 1. April
Franz Ferdinand lebt – Weltkrieg vergebens!» So lautete die Titelschlagzeile einer britischen Tageszeitung am 1. April 1915.
Radio DRS strahlte am 1. April 1970 ein Interview aus, in dem ein Schwarzfernseher erzählte, wie er mit einer neuen Überwachungsmethode der damaligen PTT erwischt worden sei. In den folgenden Tagen nahmen die Konzessionsanmeldungen deutlich zu.
Und als das französische Fernsehen am 1. April 1974 melde-
te, das Bankgeheimnis in der Schweiz solle aufgehoben werden, sorgte dies für feuchte Hände und ungeahnte Nervosität unter den Pariser Geschäftsherren und Diplomaten.
Woher kommt das In-den-April-Schicken? Sind es Überreste eines kultischen Frühlingsbrauchs? Ist es auf den alten Jahreswechsel zurückzuführen? Noah soll die Taube nach der Sintflut an einem 1. April ausgesandt haben, damit sie Land suche. Judas soll am 1. April geboren worden sein. Oder ist der 1. April eine Anspielung auf die Passionsgeschichte, bei der Christus von Pontius zu Pilatus geschickt wird?
1540 wurde im bayrischen Augsburg auf den 1. April die Währungsunion angekündigt – die dann aber nicht stattfand, sondern auf unbestimmte Zeit verschoben wurde, was einige Financiers und Spekulanten auf dem falschen Fuss erwischte. 1564 soll der französische König auf die Idee gekommen sein, den Jahresbeginn vom 1. Januar auf den 1. April zu verlegen, was alle bereits gemachten Geschenke steuertechnisch zu Scherzgeschenken gemacht hätte. Die Story hört sich allerdings selber verdächtig nach einem 1.-April-Scherz an.
1702 holte sich Zar Peter I. einen gewissen Johann Kunst aus Danzig nach Moskau, damit er am Hof eine Komödiantentruppe aufbaue. Doch Johann Kunst wurde mit den russischen Schauspielern, die sich jeden Tag bis zur Bewusstlosigkeit betranken, nicht fertig. Als sich am 1. April 1705 der Vorhang zur «Ausserordentlichen Galavorstellung» hob, zu welcher der Zar und die vornehme Moskauer Gesellschaft erschienen waren, stand nichts auf der Bühne ausser eine Tafel mit der Aufschrift: «Heute ist der 1. April.» Johann Kunst wurde auf der Stelle entlassen.
Beat Gloor,
www.textcontrol.ch

Weitere Artikel zum Thema