Auch Werbung gehört ins Museum
In Paris zeigt das Musée de la publicité eine sehenswerte Ausstellung zur Geschichte der Werbung
In Paris zeigt das Musée de la publicité eine sehenswerte Ausstellung zur Geschichte der WerbungVon Andreas PanzeriWas in der Schweiz noch ein Traum in den Köpfen von einigen geschichtsbewussten Kreativen ist, hat in Paris bereits Gestalt angenommen: das Musée de la publicité. Jetzt lockt die reiche Sammlung mit der ansonsten schnell vergänglichen Alltagskunst zu einer Sonderschau «250 ans de pub». Paris ist für Werber eine Reise wert. Ganz sicher noch bis 14. Oktober.
Mona Lisa hat gut lächeln. Wenn jetzt die Touristenströme sich wieder endlos vor dem Louvre stauen, kann die Grande Dame der Kunst trotzdem gute Laune bewahren. Seit Mitte März weiss da Vincis Mona nämlich: Es gibt auch Alternativen zum stundenlangen Schlangestehen vor ihrem Konterfei. Gleich um die Ecke zur Glaspyramide des Louvre, an der Rue de Rivoli 107–111 nämlich, befindet sich die Union centrale des arts décoratifs. Und darin ist neben einem Musée de la mode et du textile im obersten Stock auch ein Musée de la publicité eingerichtet.
Zwar hat dieses junge Museum bis jetzt noch wenig Aufsehen
im grossartigen Stil des Louvre oder des Centre Pompidou erregt. Mit der im März eröffneten und noch bis 14. Oktober dauernden Ausstellung «250 ans de pub» könnte sich das aber ändern. Auch wenn nicht ein da Vinci, sondern nur ein gewisser Jean Nouvel die Innendekoration des Werbemuseums als Architekt gestaltet hat.
Eröffnet wurde das sieben Räume plus «Trend»-Bar und Médiathèque umfassende Kleinod im November 1999. Als Vorläufer existierte bereits seit 1978 in Paris ein Musée de l’affiche. Seine Bestände sind nun vom Museum der Werbung übernommen worden, ergänzt mit einer umfangreichen Sammlung von Spots, Verpackungen und anderen medialen Dokumenten.
Klimt, Toulouse-Lautrec,
Warhol – alle sind sie da
50000 historische Plakate von Henri de Toulouse-Lautrec bis Gustav Klimt und 50000 zeitgenössische Affichen für Perrier über Andy Warhol bis Benetton sind inventarisiert. Diese werden ergänzt von 10000 Werbespots aller Epochen, gedreht unter anderen von Federico Fellini bis Ridley Scott. Dazu kommen täglich neue Sammelstücke von Emailplaketten über Fotos und Anzeigen bis Radiospots, Werbegeschenke und andere Promotionsartikel zur Geschichte und Zukunft der Marken.
Mit seiner umfangreichen Sachbibliothek sowie den modernsten interaktiven Möglichkeiten auch für berufsspezifische Forschungsarbeiten im Archiv gilt das Pariser Musée de la publicité als bisher einmaliges Pionierprojekt in der internationalen Welt der Werbung. Geleitet wird das Museum von Réjane Bargiel. Als Sponsoren agieren die namhaftesten französischen Werbeagenturen. Dem französischen Art Directors Club dienen die Ausstellungsräume regelmässig als Treffpunkt für jede Sorte von Veranstaltungen.
Das Museum zeigt mehrere Wechselausstellungen pro Jahr. Unter dem Titel «250 ans de pub» ist nun die bisher umfangreichste Show gestaltet worden. Die chronologisch aufgebaute Dokumentation gliedert die Werbezeit in sechs Abschnitte mit immer kürzer werdenden Intervallen bis zum schliesslich aktuellsten Kapitel «1990–2000». Die Ausstellung beschränkt sich ausschliesslich auf die Geschichte der Werbung in Frankreich. Trotzdem wirkt sie sehr repräsentativ.
Der erste Raum, «1750–1880», erzählt in einer Tonbildschau die Anfänge der Werbung mit dem Herold, der erstmals 1180 königliche Befehle ausgerufen und ab 1415 auch Waren angekündigt hat. Seither ist das Verkaufen von Konsumgütern immer auffälliger mit einer kunstvollen und immer raffinierteren Anpreisung einhergegangen.
Eine eigentliche Geburtsstunde der Werbung war schliesslich 1722 die Gründung der Corporation des afficheurs, verbunden mit dem offiziellen Recht zum Drucken und Aufhängen von Plakaten.
Bereits 1857 gab es in Frankreich ein Marken-Gesetz, «loi sur la marque de fabrique». Interessant für heutige Vergleiche: Bereits 1865 füllten die Anzeigen ein Drittel des gesamten Raumes in Pariser Zeitungsspalten aus.
Mit solchen und anderen überraschenden Details bewegt sich die Ausstellung zu den Plakaten von Toulouse-Lautrec in der Epoche «1880–1920». Eine erste Fachzeitschrift La Publicité wurde 1903 gedruckt. Erste Fachbücher wie «La publicité suggestive et raisonnée» wurden in jener Pionierzeit gelesen. Bereits 1889 fand die erste Pariser Plakatausstellung statt.
«1920–1950» zeigt Bilder vom Eiffelturm, der 1925 von Citroën im Rahmen eines ersten «Event Marketing»-Anlasses farbig illuminiert worden ist. Ein Jahr später wurde die Agentur Publicis gegründet.
Geschichte wird in den
sozialen Kontext eingebettet
All diese Geschichten sind nicht nur mit zahlreichen Fotos und vielen originalen Plakaten und Dokumenten illustriert. Für jede Epoche ist jeweils auch ein Videofilm mit historischen Aufnahmen zur Zeit sowie nostalgischen Impressionen gestaltet worden. Besonders dankbar zeigt sich neben den wilden Dreissigerjahren natürlich das Aufkommen der Kinowerbung in der Epoche «1950–1970». Die Gestalter durften damals in einem alten Film für Mineralwasser von Vittel noch herrlich lang in schönen Bildern schwelgen.
Auch bei der ersten TV-Übertragung der Tour de France sind die Fahrer noch ziemlich gemütlich durch die Landschaft geradelt. Dann aber wird die Kadenz immer schneller.
Der Raum «1970–1990» macht auch mit seiner kaum mehr überblickbaren Informationsmenge deutlich, dass jetzt die Werbeausgaben seit dem Beginn der Fünfzigerjahre bis 1970 auf das Fünffache angestiegen sind. Inhaltlich spiegelt sich die immer stärker werdende Macht der Werbung in immer mehr Fusionen unter den Agenturen.
Im Internet lässt sich der
Museumsbesuch vorbereiten
Im Vergleich zu den Anfängen wird notgedrungen nur noch rudimentär die letzte Epoche von «1990–2000» erzählt. Nicht nur die Benetton-Plakate sind dem Publikum bereits vom Alltag her bestens bekannt. Wie diese aktuelle Zeit mit ihren täglich neuen Errungenschaften auch auf dem Gebiet der interaktiven Medien mit der Werbung in Verbindung gebracht werden kann, zeigt deshalb eindrücklicher die Médiathèque beim Eingang der Ausstellung neben dem «Trend»-Café. Hier können interessierte Besucherinnen und Besucher stundenlang in allen Eingeweiden der umfangreichen Sammlung des Museums surfen.
Ein Teil davon kann auch über Internet unter www.museedela pub.org abgerufen werden. Auf der Homepage des Museums befinden sich ebenfalls Details zu den täglichen Öffnungszeiten von Dienstag bis Sonntag.
Mona Lisa hat gut lächeln. Wenn jetzt die Touristenströme sich wieder endlos vor dem Louvre stauen, kann die Grande Dame der Kunst trotzdem gute Laune bewahren. Seit Mitte März weiss da Vincis Mona nämlich: Es gibt auch Alternativen zum stundenlangen Schlangestehen vor ihrem Konterfei. Gleich um die Ecke zur Glaspyramide des Louvre, an der Rue de Rivoli 107–111 nämlich, befindet sich die Union centrale des arts décoratifs. Und darin ist neben einem Musée de la mode et du textile im obersten Stock auch ein Musée de la publicité eingerichtet.
Zwar hat dieses junge Museum bis jetzt noch wenig Aufsehen
im grossartigen Stil des Louvre oder des Centre Pompidou erregt. Mit der im März eröffneten und noch bis 14. Oktober dauernden Ausstellung «250 ans de pub» könnte sich das aber ändern. Auch wenn nicht ein da Vinci, sondern nur ein gewisser Jean Nouvel die Innendekoration des Werbemuseums als Architekt gestaltet hat.
Eröffnet wurde das sieben Räume plus «Trend»-Bar und Médiathèque umfassende Kleinod im November 1999. Als Vorläufer existierte bereits seit 1978 in Paris ein Musée de l’affiche. Seine Bestände sind nun vom Museum der Werbung übernommen worden, ergänzt mit einer umfangreichen Sammlung von Spots, Verpackungen und anderen medialen Dokumenten.
Klimt, Toulouse-Lautrec,
Warhol – alle sind sie da
50000 historische Plakate von Henri de Toulouse-Lautrec bis Gustav Klimt und 50000 zeitgenössische Affichen für Perrier über Andy Warhol bis Benetton sind inventarisiert. Diese werden ergänzt von 10000 Werbespots aller Epochen, gedreht unter anderen von Federico Fellini bis Ridley Scott. Dazu kommen täglich neue Sammelstücke von Emailplaketten über Fotos und Anzeigen bis Radiospots, Werbegeschenke und andere Promotionsartikel zur Geschichte und Zukunft der Marken.
Mit seiner umfangreichen Sachbibliothek sowie den modernsten interaktiven Möglichkeiten auch für berufsspezifische Forschungsarbeiten im Archiv gilt das Pariser Musée de la publicité als bisher einmaliges Pionierprojekt in der internationalen Welt der Werbung. Geleitet wird das Museum von Réjane Bargiel. Als Sponsoren agieren die namhaftesten französischen Werbeagenturen. Dem französischen Art Directors Club dienen die Ausstellungsräume regelmässig als Treffpunkt für jede Sorte von Veranstaltungen.
Das Museum zeigt mehrere Wechselausstellungen pro Jahr. Unter dem Titel «250 ans de pub» ist nun die bisher umfangreichste Show gestaltet worden. Die chronologisch aufgebaute Dokumentation gliedert die Werbezeit in sechs Abschnitte mit immer kürzer werdenden Intervallen bis zum schliesslich aktuellsten Kapitel «1990–2000». Die Ausstellung beschränkt sich ausschliesslich auf die Geschichte der Werbung in Frankreich. Trotzdem wirkt sie sehr repräsentativ.
Der erste Raum, «1750–1880», erzählt in einer Tonbildschau die Anfänge der Werbung mit dem Herold, der erstmals 1180 königliche Befehle ausgerufen und ab 1415 auch Waren angekündigt hat. Seither ist das Verkaufen von Konsumgütern immer auffälliger mit einer kunstvollen und immer raffinierteren Anpreisung einhergegangen.
Eine eigentliche Geburtsstunde der Werbung war schliesslich 1722 die Gründung der Corporation des afficheurs, verbunden mit dem offiziellen Recht zum Drucken und Aufhängen von Plakaten.
Bereits 1857 gab es in Frankreich ein Marken-Gesetz, «loi sur la marque de fabrique». Interessant für heutige Vergleiche: Bereits 1865 füllten die Anzeigen ein Drittel des gesamten Raumes in Pariser Zeitungsspalten aus.
Mit solchen und anderen überraschenden Details bewegt sich die Ausstellung zu den Plakaten von Toulouse-Lautrec in der Epoche «1880–1920». Eine erste Fachzeitschrift La Publicité wurde 1903 gedruckt. Erste Fachbücher wie «La publicité suggestive et raisonnée» wurden in jener Pionierzeit gelesen. Bereits 1889 fand die erste Pariser Plakatausstellung statt.
«1920–1950» zeigt Bilder vom Eiffelturm, der 1925 von Citroën im Rahmen eines ersten «Event Marketing»-Anlasses farbig illuminiert worden ist. Ein Jahr später wurde die Agentur Publicis gegründet.
Geschichte wird in den
sozialen Kontext eingebettet
All diese Geschichten sind nicht nur mit zahlreichen Fotos und vielen originalen Plakaten und Dokumenten illustriert. Für jede Epoche ist jeweils auch ein Videofilm mit historischen Aufnahmen zur Zeit sowie nostalgischen Impressionen gestaltet worden. Besonders dankbar zeigt sich neben den wilden Dreissigerjahren natürlich das Aufkommen der Kinowerbung in der Epoche «1950–1970». Die Gestalter durften damals in einem alten Film für Mineralwasser von Vittel noch herrlich lang in schönen Bildern schwelgen.
Auch bei der ersten TV-Übertragung der Tour de France sind die Fahrer noch ziemlich gemütlich durch die Landschaft geradelt. Dann aber wird die Kadenz immer schneller.
Der Raum «1970–1990» macht auch mit seiner kaum mehr überblickbaren Informationsmenge deutlich, dass jetzt die Werbeausgaben seit dem Beginn der Fünfzigerjahre bis 1970 auf das Fünffache angestiegen sind. Inhaltlich spiegelt sich die immer stärker werdende Macht der Werbung in immer mehr Fusionen unter den Agenturen.
Im Internet lässt sich der
Museumsbesuch vorbereiten
Im Vergleich zu den Anfängen wird notgedrungen nur noch rudimentär die letzte Epoche von «1990–2000» erzählt. Nicht nur die Benetton-Plakate sind dem Publikum bereits vom Alltag her bestens bekannt. Wie diese aktuelle Zeit mit ihren täglich neuen Errungenschaften auch auf dem Gebiet der interaktiven Medien mit der Werbung in Verbindung gebracht werden kann, zeigt deshalb eindrücklicher die Médiathèque beim Eingang der Ausstellung neben dem «Trend»-Café. Hier können interessierte Besucherinnen und Besucher stundenlang in allen Eingeweiden der umfangreichen Sammlung des Museums surfen.
Ein Teil davon kann auch über Internet unter www.museedela pub.org abgerufen werden. Auf der Homepage des Museums befinden sich ebenfalls Details zu den täglichen Öffnungszeiten von Dienstag bis Sonntag.