Emek will den medialen Service public neu aufstellen
Die Eidgenössische Medienkommission Emek hält die Halbierungsinitiative der SVP und auch das Gegenkonzept des Bundesrats zur Senkung der Radio- und TV-Gebühren für «nicht sinnvoll». Sie plädiert dafür, die mediale Grundversorgung grundsätzlich neu zu denken.
Sowohl die SVP-Volksinitiative «200 Franken sind genug! (SRG-Initiative)» als auch der Vorschlag des Bundesrats, die Gebühren von 335 auf 300 Franken pro Haushalt zu senken, würden den medialen Service public schwächen, schrieb die Emek am Dienstag in einer Mitteilung. Insbesondere die Information in den Randgebieten sei dadurch gefährdet.
Auch wären mit der reduzierten Abgabe «teilweise drastische Kürzungen am Programm» verbunden. Dies geschähe «just in einer Phase grosser Herausforderungen für die Medien in der Schweiz».
«Unlösbarer Zielkonflikt»
Stattdessen erachtet es die Emek als notwendig, die mediale Grundversorgung grundlegend neu aufzustellen. «Heute befindet sich der mediale Service public in einem unlösbaren Zielkonflikt», sagte Emek-Präsidentin Anna Jobin in Bern vor den Medien.
So müssten die öffentlich-rechtlichen Sender einerseits Rücksicht nehmen auf private Anbieter, aber trotzdem möglichst vollständig berichten. Zudem liessen sich Effizienzrichtlinien nicht immer in Einklang bringen mit den Vorgaben, alle Regionen mit genügend Informationen zu versorgen.
Aus Sicht der Emek muss der mediale Service public insbesondere in einzelnen Sprach- und Randregionen mehr denn je journalistische Stabilität und Kontinuität garantieren. Dabei müsse er gegenüber kommerziellen Angeboten deutlich unterscheidbar sein hinsichtlich der Qualität, Professionalität, Machart und Relevanz der gebotenen Leistungen.
Engerer Fokus
In einer digitalen Gesellschaft muss ein Service public laut der Emek auch neue Aufgaben übernehmen, beispielsweise die Bereitstellung eines öffentlichen Debattenraums. Es brauche Diskussionsforen, die nicht in der Hand von amerikanischen oder chinesischen Unternehmen seien, sagte Jobin.
Die Emek empfiehlt daher, den medialen Service public künftig als eine moderne technologie- und genreneutrale Infrastruktur zu verankern, die der ganzen Bevölkerung in allen Landesteilen gleichwertig und hürdenfrei zugänglich ist. Inhaltlich soll der Fokus auf Politik und Wirtschaft sowie auf Kultur, Bildung und Wissenschaft gerichtet sein.
Beim Sport wäre laut der Emek zu differenzieren in Angebote, die kommerziell für Private nicht interessant sind, und solchen, die «massentauglich» sind – wie etwa die Lauberhornabfahrt oder eine Fussball-EM. Bei Letzteren wäre zu entscheiden, was für oder gegen eine Berücksichtigung im medialen Service public spricht.
Werbeeinnahmen verteilen
Auch bei der Finanzierung braucht es laut der Emek einen Systemwechsel. Die öffentlich-rechtlichen Medien sollten demnach künftig auf Werbeeinnahmen verzichten und stattdessen eine «stabile, verlässliche und ausreichende» öffentliche Finanzierung erhalten.
Denkbar wäre laut der Emek beispielsweise eine Indexierung der bestehenden Medienabgabe, die Ablösung durch eine zweckgebundene Mediensteuer, die analog etwa zur Kirchensteuer einkommensabhängig erhoben würde, oder eine Finanzierung über Mehrwertsteuer-Prozente.
Werbung wäre nach diesem Modell im linearen TV-Angebot zwar noch zulässig, um den Abfluss von Werbegeldern ins Ausland zu verhindern. Die Einnahmen aber würden zugunsten einer allgemeinen Medienförderung verteilt. Heute wird die Grundversorgung zirka zu einem Drittel durch Werbung finanziert.
Denkanstoss für die Politik
Die Emek bezeichnet ihren Bericht als «Denkanstoss für den öffentlichen Diskurs». Der Umbau der medialen Grundversorgung erfordere neue gesetzliche Grundlagen. Eine Umsetzung mit entsprechenden Übergangsfristen sei deshalb nur mittel- bis längerfristig realistisch.
Die Emek ist eine vom Bundesrat eingesetzte, unabhängige und ausserparlamentarische Kommission mit Expertinnen und Experten aus der Wissenschaft und der Medienbranche. Sie berät die Behörden seit gut zehn Jahren in Medienfragen. (SDA)